Zukunft der Kritik
Wer kritisiert wen von wo aus? Das ist eine der Kernfragen auf dem Kongress "Die Zukunft der Kritik". © imago / Ikon Images / Roy Scott
"Respekt, Lernfähigkeit und Wissen"
05:36 Minuten

Alle dürfen alles kritisieren und sich als Experten fühlen. Doch welche Kriterien sollten gelten? Lösungen sucht die Berliner Akademie der Künste auf einem Kongress. Mitkuratorin Angela Lammert erklärt, was gute Kritik ausmacht.
"Jeder Mensch ist heute ein Kritiker": Mit dieser These lädt die Berliner Akademie der Künste zusammen mit der Bonner Kunsthalle zu einem Kongress über die "Zukunft der Kritik". Angela Lammert, die das Programm mitkonzipiert hat, macht darauf aufmerksam, dass insbesondere die Digitalisierung der Medien eine ganz andere Form der Kritik möglich mache. "Jeder und jede" könnten sich zu Produzenten und Kritikerinnen erheben.
"Man muss fragen: Ist das schon eine Demokratisierung der Kunst und was unterscheidet sie vom Populismus? Oder welcher Platz bleibt dem gelehrten Urteil Einzelner? Gehört Populismus zur Demokratie oder zu ihrem Gegenteil?" Es gehe vor allem um die Frage, "wer kritisiert wen von wo aus", sagt Lammert.
Kritik bedeutet Lernfähigkeit und Dialog
Angesichts verhärteter Fronten im gesellschaftlichen Diskurs, etwa mit Blick auf die Klimaproteste der "Letzten Generation", sagt die Kunsthistorikerin: "Man hat nicht nur das Gefühl bei der Kritik, sondern insgesamt in der Gesellschaft, dass Polarisierungen zunehmen. Umso wichtiger ist es, sich über Kritik Gedanken zu machen und wie man Brücken baut."
Kritik bedeute auch immer Lernfähigkeit und Dialog. Auf dem Kongress sollen deshalb bewusst nicht nur unterschiedliche Künste eine Plattform erhalten, sondern auch unterschiedliche Generationen und Zugänge von Kritik zu Wort kommen. Die Konferenz solle eben kein neues "Lamento" anstimmen, sondern nach Chancen und Möglichkeiten fragen, die sich auch durch die digitalen Medien ergeben.
Dabei sieht Lammert durchaus Gefahren darin, wenn alle alles kritisieren können. Denn Kritik komme auch von Wissen. Man müsse nach Expertenwissen und nach der "Einordnung ins Ganze" fragen. Es gebe für das Publikum auf der Konferenz zum Beispiel Workshops zu Filmkritik oder Gespräche mit einem Künstler über dessen Arbeit.
Für gute Kritik sieht Lammert schlicht drei Voraussetzungen als unabdingbar an: "Respekt, Lernfähigkeit und Wissen."
Der Kongress "Die Zukunft der Kritik" läuft noch bis 26. November 2022 in der Akademie der Künste in Berlin. Vorträge, Workshops und Performances bilden das Programm.
(bth)