Tade Thompson: "Fern vom Licht des Himmels"

Wölfe im Weltall

03:44 Minuten
Das Cover des Krimis von Tade Thompson, "Fern vom Licht des Himmels". Es zeigt die Zeichnung eines heulenden Himmels vor einem nachtdunklen Himmel neben dem Namen des Autors und des Titels
© Golkonda

Tade Thompson

Übersetzt von Jakob Schmidt

Fern vom Licht des HimmelsGolkonda, München 2022

384 Seiten

20,00 Euro

Von Tobias Gohlis · 06.01.2023
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Massenmord in einem Raumschiff: Der nigerianisch-britische Autor Tade Thompson begibt sich mit „Fern vom Licht des Himmels“ in das Grenzland zwischen Krimi und Science-Fiction.
Als Michelle „Shell“ Campion nach ihrer Pilotenausbildung den Auftrag erhält, im Traumzustand das Raumschiff „Ragtime“ mit 1000 Passagieren über zehn Jahre und etliche Raumsprünge zum Planeten Bloodroot zu begleiten, wird ihr versichert, sie müsse nichts tun, die Künstliche Intelligenz des Schiffes werde alles schon steuern.

Zerstückelte Passagiere im Müllschlucker

Voller Ungeduld, Erfahrungen zu sammeln, klettert sie an Bord. Zehn Jahr später erwacht sie aus dem Tiefschlaf. Das erste, was sie „Fern vom Licht des Himmels“ – so der Titel von Tade Thompsons Raumfahrt-Krimi - 420 Kilometer oberhalb von Bloodroot schwebend, vor ihrer Schlafkapsel erblickt, ist ein Wolf. Ein nächster Blick auf den Passagierbestand zeigt, dass 31 verschwunden sind. Ihre Leichen liegen zerstückelt im Müllschlucker.
Sie sendet einen Notruf ab, von Bloodroot kommen der Detektiv Fin Rasheed und sein künstlicher Mitarbeiter geflogen, um den Massenmord aufzuklären.

Inspiriert von Edgar Allan Poe

Soweit die Ausgangssituation des Space-Krimis aus der Feder des nigerianisch-britischen Autors Tade Thompson. Zu „Fern vom Licht des Himmels“ hat ihn Edgar Allan Poes Erzählung „Die Morde in der Rue Morgue“ inspiriert. Das war 1841 einer der ersten Krimis überhaupt, gleich mit dem Lieblingsrätsel vieler Kriminalschriftsteller seitdem: dem Mord in einem von innen verschlossenen Raum, dem „Locked-Room-Mystery“.

Wie wäre es mit einem Mord hinter verschlossenen Türen, aber im Weltraum, wo die Abschottung absolut ist?

Aus dem Nachwort des Autors

Auf Ragtime geschehen merkwürdige Dinge: Nicht nur der Wolf treibt schwerelos durch die Raumschiffkonstruktion, Moose aus dem Experimentallabor überwuchern die Innenräume. Die KI attackiert Pilotin und Detektive.
Das Raumschiff, der Weltraum, die Kolonisation, werden in einer wunderbar ironischen, satten Sprache zu Metaphern einer unerhörten Suche nach Freiheit.

Yoruba-Weisheiten und Astronautensprüche

Raus aus dem geschlossenen Raum! Dass dazu nicht nur wie in Poes Geschichte Intelligenz und Kombinationsgabe gehören, sondern auch der Befreiungskampf der Ausgebeuteten, ist für Thompson klar. Er zitiert Yoruba-Weisheiten und Astronautensprüche: „Der Weltraum ist die Klippe am Abgrund des Todes“ – aber auch des Lebens und des Lesevergnügens, muss man hinzufügen.
Ich jedenfalls habe „Fern vom Licht des Himmels“ verschlungen.
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