Klimaproteste der Letzten Generation
Festkleben auf der Straße: Die Aktionen der Letzten Generation seien nicht unbedingt legal, aber doch legitim, findet Autorin Elke Schmitter. Jede Protestbewegung müsse aus der "Normalität" heraus. © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Was wirksamer sein könnte als Verkehrsblockaden
08:38 Minuten
Der Protest der Letzten Generation muss sich weiter radikalisieren, vermutet die Autorin Elke Schmitter: Die Klimakatastrophe sei ein „permanenter Notfall“, dem es an Aufmerksamkeit mangele. Es gebe aber wirksamere Aktionen als Straßenblockaden.
Ob sie sich auf Straßen, am Flughafen BER, am Dirigentenpult in der Elbphilharmonie oder an Gemälden festkleben: Klimaaktivisten der Letzten Generation sorgen mit ihren Aktionen für viel Kritik. In einer Umfrage meinten 86 Prozent der Befragten, die Proteste würden dem Anliegen, für mehr Klimaschutz zu sorgen, eher schaden.
Die Journalistin und Buchautorin Elke Schmitter glaubt, dass sich der Protest der Letzten Generation wohl weiter radikalisieren muss: „Es muss ja nur nach Aufmerksamkeit gesucht werden, weil die Aufmerksamkeit nicht so auf diesem Thema liegt, wie es das Thema verdient, wenn man an das Leben und Überleben der nächsten Generationen denkt.“ Insofern herrsche ein „permanenter Notfall, der immer wieder aus der Aufmerksamkeit herausrutscht“.
Eskalationslogik von Protesten
Doch führen weitere Proteste nicht in eine „Eskalationslogik“, wie der Politologe Wolfgang Kraushaar prognostiziert? „Ich finde nicht, dass die Protestierer dafür verantwortlich sind, wie wir anschließend darüber diskutieren“, betont Schmitter. Noch 1995 hätte es gereicht, nur ein Prozent der globalen Emissionen zu reduzieren – „und wir wären nicht an dem Punkt, an dem wir heute sind“. Mittlerweile müssten es sieben Prozent sein, um „die Katastrophe“ abzuwenden.
Der letzte Klimagipfel in Ägypten habe allerdings wieder gezeigt, dass die getroffenen Vereinbarungen nicht reichten, und die Taten schon gar nicht: „Die eigentliche Eskalation liegt in der Wirklichkeit der Verhältnisse und nicht im Protest“, so Schmitter.
Bürgerrechtlerin Rosa Parks als Vorbild
Dabei müsse die Spannung zwischen legal und legitim in jeder Gesellschaft immer wieder „neu ausgelotet“ werden, gibt die Autorin zu bedenken. Die schwarze Bürgerrechtlerin Rosa Parks beispielsweise habe sich 1955 in den USA in einem Bus auf einen Platz gesetzt, der für Weiße reserviert war:
„Das war nicht legal, aber es war legitim. In diesem Geiste ist jede Protestbewegung immer eine, die sagt, wir müssen aus der Normalität heraus.“ Im Nachhinein würden Menschen wie Rosa Parks als „Helden“ angebetet.
Flächen für Solarenergie blockieren statt Straßen
Nichtsdestotrotz gäbe es auch für die Letzte Generation nach Schmitters Ansicht „sinnfälligere Aktionen“, als etwa den öffentlichen Nahverkehr zu stören:
„Wenn man zum Beispiel sagen würde, wir blockieren alle Flächen, die genutzt werden könnten für Solarenergie, alle Dächer, alle Neubauten, alle öffentlichen Einrichtungen, und machen darauf aufmerksam, wie wenig der Staat tut, obwohl er es tun könnte, und zwar legal und wirtschaftlich, dann glaube ich, wäre das einleuchtender für viele Leute, als wenn sie morgens im Verkehr stehen.“
(bth)
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