Klimaproteste

Woher rührt der Ruf nach härteren Strafen?

09:52 Minuten
Klimaaktivisten kleben ihre Hände auf einen Zebrastreifen, so dass ein LKW von ihnen blockiert wird und sich weitere Lastwagen hinter ihm stauen.
Nötigen zum Nachdenken: Klimaaktivisten der Gruppe "Die letzte Generation" stören den Frachtbetrieb am Münchner Flughafen. © picture alliance / dpa / Matthias Balk
Michael Koß im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 07.11.2022
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Union-Politiker fordern härtere Strafen gegen Klimaaktivisten. Die Heftigkeit der Debatte zeige, dass viele nach Ausflüchten suchten, sagt der Politologe Michael Koß. Denn richtiges Handeln in der Klimakrise bringe wohl ökonomischen Abstieg.
Blockaden von Straßen und Flughäfen, Attacken auf Kunstwerke, und das ist längst nicht alles: Die Protestbewegung "Die letzte Generation" hat angekündigt, ihre Aktionen auszuweiten, um der Forderung nach einer konsequenteren Klimaschutzpolitik noch mehr Nachdruck zu verleihen. Aus den Reihen der Unionsparteien werden unterdessen Rufe nach härteren Strafen für Aktivistinnen und Aktivisten laut.

Verzicht trifft manche härter als andere

Dass die Debatte so heftig geführt wird, macht aus der Sicht des Politikwissenschaftlers Michael Koß ein zentrales Dilemma deutlich: Kaum jemand würde wohl bestreiten, dass die Forderung der Protestierenden nach entschlossenen Klimaschutz-Maßnahmen richtig sei, so Koß. Das Problem liege im entscheidenden Schritt vom Wissen zum Handeln.

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"Wenn wir von Dingen überzeugt sind, handeln wir ja entsprechend. Aber hier beinhaltet dieses Handeln natürlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen ökonomischen Abstieg."
Für die einen sei es vielleicht der dritte Carport, auf den man verzichten müsse, für andere aber sehr viel mehr, da Ressourcen in unserer Gesellschaft ohnehin sehr ungleich verteilt seien, betont Koß.

Aufrütteln im Alltag

Dass die Klimabewegung mit ihren Aktionen gerade sehr viele Menschen gegen sich aufbringt, sei aus der Sicht der Protestierenden wahrscheinlich kaum zu vermeiden. Es gehe ihnen ja gerade darum, die breite Öffentlichkeit aufzurütteln, so Koß.
Manche Forschungen über soziale Bewegungen in den USA legen nah, dass etwa die schwarze Bürgerrechtsbewegung durchaus Erfolge erzielte, indem Aktivistinnen und Aktivisten ihre Anliegen in den Alltag hineintrugen:
"In der Lebenswelt der ganz normalen Leute müssen ständig Störungen auftreten, damit die wirklich gezwungen werden, darüber aktiv nachzudenken."

Aufgeheizte Debatte

Wenn derzeit Rufe nach härteren Strafen laut würden, komme darin auch ein gegenseitiges Aufschaukeln in einer aufgeheizten Debatte zum Ausdruck, meint Koß:

"Manchmal kann ich diesen Protesten auch eine gewisse narzisstische Note nicht absprechen. Bei allem Respekt davor, hier möchte man sich aber auch vermärtyrern. Und natürlich, zum Tangotanzen gehören zwei, und da findet sich auch immer irgendwo noch ein CSU-Politiker, der dann eben genau auf diese Einladung anspringt."

Michael Koß, Politikwissenschaftler

Wie die gegenwärtigen Proteste von kommenden Generationen einmal beurteilt werden, könne heute niemand sagen, sagt Michael Koß: "Es kann durchaus sein, dass man in der Rückschau sagen wird: Warum waren das nur so wenige – und warum wurden die auch noch kriminalisiert?" Das sei aber völlig ungewiss, deshalb empfehle er allen Beteiligten eine gewisse Besonnenheit.
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