Leipziger Buchmesse

15 preisverdächtige Buchtitel für den 15. März

Besucher der Leipziger Buchmesse gehen an einer Fotowand vorbei, auf der überdimensionale Bücher abgebildet sind.
Leipzig liest vom 15. bis 18. März 2018: Am ersten Messetag wird der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen. © dpa / picture alliance / Jens Kalaene
Jörg Plath und Christian Rabhansl im Gespräch mit Joachim Scholl · 08.02.2018
Der Countdown beginnt: Die Jury hat die Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse 2018 bekannt gegeben. Am ersten Messetag wird in wenigen Wochen die Auszeichnung in den Kategorien Belletristik, Sachbuch und Übersetzung vergeben. Jeweils fünf Bücher sind im Rennen.
In knapp einem Monat beginnt die Buchmesse in Leipzig. Traditionell wird der Preis der Leipziger Buchmesse in drei Kategorien vergeben: Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung – soeben wurde die Liste der nominierten Kandidaten veröffentlicht (siehe unten).
Was meinen die Literaturredakteure Jörg Plath und Christian Rabhansl zu der Auswahl?

Mischung aus Newcomern und den üblichen Verdächtigen

Bei der Belletristik sei es eine Mischung aus einigen Debütantinnen und Debütanten, gemischt mit "den üblichen Verdächtigen" bei den herausgebenden Verlagen, meint Plath. Auf jeden Fall sei es eher "eine literarische Liste – eine Liste, die auf den ersten Blick ein bisschen sperrig wirkt. Es geht hier nicht um Verkäuflichkeit – das finde ich sehr gut -, es geht hier um literarische Qualität, um Sprach- und Gestaltungsmacht." Jedenfalls würden keine Trendthemen bedient. Und: Es fehlten die großen Namen wie etwa Arno Geiger.
Alle Nominierten seien sprachlich interessant, so Plath. Allen nominierten Büchern sei gemeinsam, dass sie Geschichten von Ausbruch und Sichfinden erzählten. Seine Favoritin sei Anja Kampmann, die in ihrem Roman "Wie hoch die Wasser steigen" die Geschichte eines polnischen Bohrinselarbeiters erzählt, den der Tod eines Freundes auf eine Odyssee durch Europa schickt.

Über die Belletristik-Kandidaten für den Preis der Leipziger Buchmesse 2018 sprach in "Fazit" Britta Bürger mit der Literaturkritikerin Sigrid Löffler.
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Über Reckwitz lässt sich großartig streiten

Beethoven, Renaissance, Gesellschaftsanalyse und zweimal Sowjetunion und Kommunismus – um diese Themen kreist die Shortlist für die Kategorie Sachbuch. Eine interessante Mischung, findet Christian Rabhansl, der seinen persönlichen Favoriten schnell ausgemacht hat: Andreas Reckwitz mit seinem Buch "Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne".
Die Begründung: "Gar nicht so sehr, weil mich jeder Gedanke in diesem Buch so sehr überzeugt. Sondern, weil sich großartig darüber streiten lässt und weil das Relevanz hat für unsere Demokratie uns unser Zusammenleben."
Was Rabhansl eher negativ an der Sachbuch-Shortlist aufgefallen ist: Es seien durchweg ältere männliche Autoren, die zusammen vermutlich auf ein Durchschnittsalter von 70 kämen.
"Dass alle wichtigen, preiswürdigen Sachbücher des vergangenen Jahrgangs von Männern in diesem Alter geschrieben worden sind und keine einzige Frau ein preiswürdiges Buch geschrieben hat, fällt mir schwer zu glauben."

Hinreißend komische Übersetzung

Jörg Plath sagt: Es sei zudem auffällig, dass unter den Sachbüchern kein einziges naturwissenschaftliches Werk sei, sondern nur historische. Und Rabhansl ergänzt: "Es ist ein bisschen das Feiern des Etablierten, ja, fast eines Kanons des Wichtigen."
Was die dritte Kategorie anbelangt – Übersetzung - so freut sich Jörg Plath, als bekennender Fan osteuropäischer Literatur, dass gleich drei Übersetzer auf der Shortlist vertreten sind, die aus einer osteuropäischen Sprache übersetzen. Plath bewundert beispielsweise Olga Radetzkaja, die "Sentimentale Reise" von Viktor Schklowskij aus dem Russischen übersetzte. Wie sie es schaffe "wirklich wunderbar", das Zerbrechen der Sprache angesichts der schrecklichen Ereignisse in Revolution und Bürgerkrieg zu übersetzen. Auch die Übersetzerin Sabine Stöhr (übersetzt aus dem Ukrainischen) hätte, für sein Empfinden, schon viel früher auf die Shortlist gehört und einen Preis verdient. Ihre Übersetzungen seien hinreißend komisch.

Die Nominierten

Die folgenden 15 Romane, Sachbücher und Übersetzungen sind für den Preis der Leipziger Buchmesse 2018 aus den 403 Einreichungen ausgewählt worden.

Nominierte in der Kategorie Belletristik

Isabel Fargo Cole: "Die grüne Grenze" (Edition Nautilus)
Anja Kampmann: "Wie hoch die Wasser steigen" (Carl Hanser Verlag)
Esther Kinsky: "Hain: Geländeroman" (Suhrkamp)
Georg Klein: "Miakro" (Rowohlt)
Matthias Senkel: "Dunkle Zahlen" (Matthes & Seitz)

Nominierte in der Kategorie Sachbuch/Essayistik

Martin Geck: "Beethoven. Der Schöpfer und sein Universum" (Siedler Verlag)
Gerd Koenen: "Die Farbe Rot. Ursprünge und Geschichte des Kommunismus" (C. H. Beck)
Andreas Reckwitz: "Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne" (Suhrkamp)
Bernd Roeck: "Der Morgen der Welt. Geschichte der Renaissance" (Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung, C. H. Beck)
Karl Schlögel: "Das sowjetische Jahrhundert. Archäologie einer untergegangenen Welt" (Edition der Carl Friedrich von Siemens Stiftung, C. H. Beck)

Nominierte in der Kategorie Übersetzung

Robin Detje übersetzte aus dem amerikanischen Englisch "Buch der Zahlen" von Joshua Cohen (Schöffling)
Olga Radetzkaja übersetzte aus dem Russischen "Sentimentale Reise" von Viktor Schklowskij (Die Andere Bibliothek)
Sabine Stöhr und Juri Durkot übersetzten aus dem Ukrainischen "Internat" von Serhij Zhadan (Suhrkamp)
Michael Walter übersetzte aus dem Englischen die "Werksausgabe" in drei Bänden von Laurence Sterne (Galiani)
Ernest Wichner übersetzte aus dem Rumänischen "Oxenberg und Bernstein" von Catalin Mihuleac (Paul Zsolnay Verlag)
Die siebenköpfige Jury setzt sich aus deutschen Journalisten und Literaturkritikern zusammen. Der Preis der Leipziger Buchmesse wird seit 2005 in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung vergeben. Er ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert.
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