Die Libertines sind wieder da

Pete Doherty und und Carl Barât haben mit den Libertines ein neues Album aufgenommen. Und sofort machen sich "Tagesspiegel" und die "Zeit" auf die Suche nach dem, was die britischen Indie-Rocker einst ausmachte: verzweifelte Melancholie. Doch sie finden: unexistenzielle Langeweile.
Der Theaterkritiker der Wochenzeitung DIE ZEIT Peter Kümmelist unglücklich mit dem Theater, vor allem mit den Schauspielern wie er in seinen "Anmerkungen zum Saisonauftakt" betont:
"Der typische Darsteller klassischer Rollen glaubt nicht mehr an die Welt, die er herstellt, schlimmer noch, er glaubt nicht an die Figur, die er darstellt."
Verdrossenheit im Allgemeinen
Auffallend an dieser Schauspielerschelte von Kümmel ist, dass er keine Schauspielernamen nennt. Nicht einen einzigen, an dem klar werden könnte, warum die alle nichts mehr können. Statt dessen Verdrossenheit im Allgemeinen:
"Der Bühnenkünstler von heute – im neuen Bühnendeutsch: der Performer – will seine Zuschauer dazu bringen, sich in ihn hineinzuversetzen. Früher war der Schauspieler die Symbolgestalt eines gemeinsamen Glaubens an so etwas wie die Lesbarkeit des Menschen. Heute scheint er zu sein: die Symbolgestalt der Unlesbarkeit aller."
Danach nimmt sich Kümmel in ähnlichem Ton die Regisseure vor, doch wir werfen hier lieber einen Blick auf die Bühne. Im Wiener Akademietheater wurde der Roman „Engel des Vergessens“ dramatisiert. Von der Autorin und Bachmannpreisträgerin Maja Haderlap selbst. Wolfgang Kalicek von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG stellt nüchtern fest:
"Jetzt werden sogar schon Romane auf die Bühne gebracht, die eigentlich gar keine sind. „Engel des Vergessens“ von Maja Haderlap ist zwar als Roman ausgewiesen, es handelt sich aber eher um eine Art literarisches Fotoalbum."
Die 1961 geborene Hadelap erzählt im Buch vom Leben der slowenischen Minderheit in Kärnten während des Nationalsozialismus und danach. Dabei, so Kalicek in der SZ, wird die Erzählperspektive des Romans dem Stück zum Verhängnis.
"Die naive Kinderperspektive, aus der das Buch über weite Strecken erzählt ist, wirkt bei der Lektüre meistens schlüssig. Auf der Bühne hingegen hat sie auch einen verharmlosenden Effekt, der so bestimmt nicht beabsichtigt war. Immer noch Sturm? An diesem zu nett geratenen Abend fühlt es sich eher wie ein Lüfterl an."
Nach Zerwürfnis wiedervereint
Sehnsüchtig erwartet wird von den Fans das neue Album von "The Libertines", jener urbritischen Band um die Herren Pete Doherty und Carl Barât, die nach Drogenrausch und Zerwürfnis nun wiedervereint sind. Gerrit Bartels findet im Berliner TAGESSPIEGEL fast schon versöhnliche Worte für das am Freitag erscheinende Rockeralbum:
"'Anthems For Doomed Youth' mag in seiner Gesamtheit etwas reifer, konzentrierter, konziser und weniger verwackelt klingen – doch es ist die alte, charmante, schön verzweifelt anmutende Melancholie, die die meisten der Songs wieder verströmen."
Lars Weisbrod von der ZEIT zeigt sich da schon gnadenloser:
"Selbst bei einem veritablen Hit wie Gunga Din, zu dem man die Arme in die Luft werfen will, wenn Barât kurz vor dem Refrain 'Oh fuck it, oh here I go again' singt, erlischt das Feuer gleich wieder, wenn die Band in ein 'Lalalalala' einstimmt, das überhaupt nicht mehr nach existenziell gelangweilten Jugendlichen klingt, sondern nach der sehr unexistenziellen Langeweile im Oldie-Formatradio."
Eine Software als Chef
Früher waren also mal zumindest die Libertines besser. In der Zukunft hingegen könnten alle Chefs viel besser werden, wie dieses Beispiel aus Japan beweist. Der Elektronikkonzern Hitachi hat in mehreren Niederlassungen eine Software zum Chef gemacht, die den menschlichen Untergebenen die Anweisungen gibt. Und Julia Bähr stellt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ernüchtert fest:
"Die Produktivität in den von künstlicher Intelligenz geführten Hitachi-Niederlassungen ist gegenüber jenen, die auf menschliches Hirn setzen, um acht Prozent gestiegen."
Das klingt natürlich fürchterlich, vor allem in den Chefetagen, aber für Julia Bähr hat diese Nachricht auch eine gute Seite:
"Womöglich sind einige Mitarbeiter ganz froh, im Chefbüro überhaupt mal auf Intelligenz zu treffen – ob künstlich oder nicht, wer wird da schon so kleinlich sein."