Wir sind die, die versuchen, Forschungsergebnisse der breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen. Aber das ist nur eine Rolle. Die andere Rolle ist natürlich, wie bei jedem anderen Journalisten, jeder anderen Journalistin auch, investigativ tätig zu sein und über Dinge zu berichten, die von gesellschaftlichem Belang sind, aber eventuell eben noch nicht öffentlich.
Medien in der Kritik
Screenshot des Artikels von Christina Berndt. © Deutschlandradio / Screenshot
Wie steht es um den Wissenschaftsjournalismus?
11:26 Minuten
Ist Journalismus über Wissenschaftsthemen kritisch und objektiv genug? Seit der Pandemie ist die Frage Bestandteil einer hitzigen Debatte. Die Journalistin Christina Berndt verteidigt ihre Zunft und stellt sich auch der Kritik an einem ihrer Artikel.
Das Bundesgesundheitsministerium hat einen Sachverständigenrat einberufen, der die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen beurteilen soll. Vorab ist ein Papier weitergegeben worden, das die Ausstattung und damit Arbeit des Rats gar nicht gut aussehen lässt.
„Das ist gar nicht ungewöhnlich“
Genau darüber hat die Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt dann in der „Süddeutschen Zeitung“ einen Artikel geschrieben. Dieser wurde vom Virologen Hendrick Streeck und dessen Kollegen Jonas Schmidt-Chanasit stark kritisiert.
Dieser Fundamentalkritik widerspricht Berndt: „Das ist gar nicht ungewöhnlich, das ist natürlich auch ein Teil des Wissenschaftsjournalismus.“
In ihrem Artikel habe sie sehr fachlich und detailliert über die Arbeit des Sachverständigenausschusses berichtet. Gleichzeitig sei das Ganze politisch aufgeladen. Aber aus Mediensicht „war das ganz klar wissenschaftsjournalistisches Handwerk“, sagt sie.
Man dürfe ihr Vorgehen auch nicht mit den Regeln bei der Berichterstattung über medizinische Studien in Fachzeitschriften verwechseln. Die Vereinbarung, über vorab herausgegebene Ergebnisse dann eben nicht vorab zu schreiben, sei „eine ganz andere Geschichte“ und eben nicht mit investigativer Recherche zu vergleichen.
„Haben einen anderen Zugang zu Wissenschaft“
Auch eine generelle Kritik am Wissenschaftsjournalismus, wonach es an nötiger Distanz oder einem kritischen Blick fehle, lässt Christina Berndt nicht gelten. Wissenschaftsjournalisten hätten einen anderen Zugang zu Wissenschaft und seien deshalb grundsätzlich der Meinung, dass Corona-Maßnahmen wichtig und relevant gewesen seien, um einfach sehr große Todeszahlen und schlimme Folgen zu verhindern. "Von daher mag das bei manchen so ankommen."
Aus ihrer Sicht hat ihre Zunft in dieser Pandemie gerade bei der Einordnung, beim Erklären und durchaus auch in der investigativen Arbeit einen großartigen Job gemacht über "quasi alle Medien hinweg". Das Hinterfragen sei keineswegs zu kurz gekommen: Warum hat man eigentlich in Deutschland erst so spät über Masken nachgedacht? Wie valide ist das System der Schnelltests? Diese und viele weitere kritische Fragen seien gestellt und recherchiert worden.
Dass ihr Arbeitsfeld sich inzwischen in einer aufgeheizten öffentlichen Lagerdebatte behaupten muss, hält Christina Berndt für „eine sehr, sehr traurige Entwicklung“.
Wissenschaftsredaktionen weiterhin verstärken
Wir haben die Menschen nicht alle erreicht, sondern einen Gutteil leider auch nicht. Aber andererseits muss man doch auch sehen, wie viele Millionen Menschen sich gut informieren und über die Qualitätsmedien gehen.
Dass gleichzeitig die Qualitätsmedien einen starken Publikumszuwachs haben, liege daran, dass dann doch sehr viele Menschen wüssten, wo sie hochwertige Informationen erhalten. Berndt plädiert dafür, die Wissenschaftsredaktionen weiterhin gut auszustatten: einerseits für die Pandemie und den kommenden Herbst und Winter, andererseits für andere große Themen, wie den Klimawandel.
„Die Wissenschaft ist so wichtig für unser Leben, für unsere Zukunft“, betont die Journalistin abschließend.