Whitney

Sie nennen es Un-Rock 'n' Roll

Kopfplatten von verschiedenen Bassgitarren mit dem Schriftzug "Marleaux" stehen nebeneinander.
Kopfplatten von verschiedenen Bassgitarren mit dem Schriftzug "Marleaux" stehen nebeneinander. © picture-alliance / dpa / Sven Pförtner
Von Ina Plodroch · 26.10.2016
Whitney ist eine junge Band aus Chicago, die beiden Frontmänner Julien Ehrlich und Max Kakacek sind Mitte 20. Ihr Debütalbum "Light Upon The Lake" hat die Musikpresse verzückt. Kurz darauf sind sie auf Europatour gegangen.
Sanfte Rhodes-Keyboards, elegante Trompeten und wehmütiger Gesang - die Band Whitney aus Chicago gibt sich in ihrer ersten Single "No Woman" hoffnungslos romantisch. Ein Song über die große Liebe und das Verlassen-Werden - klingt wie ein verlorener Klassiker aus der Soul- und Country-Musikszene der 70er-Jahre.
Tatsächlich liegt das Durchschnittsalter der sieben Bandmitglieder allerdings bei 23. Alte Soul-Größen wie Curtis Mayfield und Al Green musste die Gruppe erst noch für sich entdecken. Julien Ehrlich und Max Kakacek - die beiden Frontmänner von Whitney - kennen sich noch aus der gemeinsamen Zeit bei der Indie-Pop-Gruppe Smith Westerns, die sich durch schrammelige E-Gitarren und den Einsatz von Synthesizern auszeichnete. Dass Whitney jetzt den Weg zum eher sanften Country und Soul einschlagen, ist der beiläufigen Auseinandersetzung mit diesen Genres zuzuschreiben.
Dabei war der natürliche Weg zum eigenen, zeitlosen Klang kein leichter. Sich spontan an ein Keyboard zu setzen und ziellos vor sich hin zu spielen bedeutet nicht gleich, dass dabei auch eine Linie entsteht. Erst im Laufe der Arbeiten an dem Debütalbum "Light Upon The Lake" entdeckten Whitney den nostalgischen Sunshine-Pop für sich und auch der Falsett-Gesang von Sänger Julien Ehrlich entwickelte sich in diesem Prozess.

Warum überhaupt Whitney?

Um sich den Übergang von ihrer alten Band - den Smith Westerns - zum neuen Projekt zu erleichtern, erfanden die beiden Singer/Songwriter kurzerhand einen fiktiven Charakter, der die Rolle des Mentors übernahm: Whitney. Warum gerade eine weibliche Figur in ihrer Musik den Ton angab, scheint laut Julien Ehrlich irrelevant:
"Wir hatten dieses Konzept einer Person in unserem Kopf - ob nun männlich oder weiblich - die für uns Songs schrieb. Eine Person, in der sozusagen unsere beiden Köpfe, unsere Ideen zu einer Einheit verschmolzen. Dieses Konzept nutzten wir als Ausgangspunkt für unsere ersten Songs. Als dann aber mit der Zeit klar wurde, dass das Album sehr persönlich wird, trennten wir uns von der Idee dieses Charakters."

Sehnsucht nach Sicherheit und Wärme

Vermutlich war es dann auch der Charakter "Whitney" - eine trotz allem weibliche Figur - der ausschlaggebend war für den Sound der Band. Der die Mutterrolle übernahm und empfänglich war für die verletzlichen Seiten der jungen Männer. Hohe Stimme, softer Country-Pop und herzerweichende Songtexte spiegeln folglich die Sehnsucht nach Sicherheit und Wärme wider - das Gefühl, nicht erwachsen werden zu wollen, doch zu müssen.
Traurige, aber hoffnungsvolle Musik, deren sehnsüchtiger Pop-Appeal beheimatet ist in der sorglosen Jugend und dem wehmütigen Erwachsenwerden. Ehrlich und Kakacek führte der Weg zum ersten Album über die Entdeckung des eigenen Sounds auch ein stückweit zu sich selbst. Sie verarbeiten persönliche Verluste, lernen, dass auch die erste Liebe nicht immer ewig währt, der Kummer daran aber schließlich vorübergeht. Tiefere Erkenntnisse von Seiten der Hörerschaft fordern sie mit ihrer Musik nicht ein.
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