Hoffnung

Wo das Wissen aufhört

07:30 Minuten
Ein Regenbogen spannt sich über ein grünes Feld, im Hintergrund sind Bäume zu sehen. Am blauen Himmel stehen weiße Wolken.
Hoffnung ist ein positives Bild der Zukunft, auch wenn man nie genau wissen kann, was am Ende des Regenbogens wartet. © Getty Images / R A Kearton
Moderation: Ute Welty · 27.12.2021
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In Krisenzeiten suchen Menschen nach Zeichen der Hoffnung. Doch was ist Hoffnung genau und welche Rolle spielt sie für die Identität der Menschen? Regt sie an, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen - oder verleitet sie zu trügerischem Optimismus?
Die Menschheit lebt zurzeit im ständigen Krisenmodus. Ängste vor der Zukunft finden Nahrung überall: in der Pandemie, der fortschreitenden Klimakrise, der Unversöhnlichkeit zwischen gesellschaftlichen Gruppen, der wachsenden sozialen Ungerechtigkeit. Manchen Menschen gelingt es dennoch, die Hoffnung auf ein besseres Morgen aufrechtzuerhalten.
Dazu gebe es auch keine Alternative, sagt die Philosophin Claudia Blöser, die an der Goethe-Universität Frankfurt am Main zu den Themen Hoffnung, Rationalität, Willensfreiheit und zu Immanuel Kant forscht: "Denn wenn wir resignieren oder gar verzweifeln, dann können wir nichts mehr dafür tun, die Situation für uns erträglicher zu gestalten."

Hoffnung auf Heilung

Auch für Frank Elstner ist Hoffnung Begleiterin und Triebfeder in seinem Leben. Der TV-Entertainer und Moderator hat die berühmte und erfolgreiche Fernsehshow "Wetten, dass..?" erfunden und sie jahrelang moderiert, bevor er sich zurückzog. Im Jahr 2019 machte er seine Parkinson-Erkrankung öffentlich.

Man muss seiner eigenen Krankheit einen Sinn geben und dann positiv nach vorne preschen.

Frank Elstner über seine Parkinson-Erkrankung

"Wenn man von vornherein sagt, es hat ja doch alles keinen Sinn mehr, dann ist man auf der Verliererstraße", so Elstner. Deswegen ist er seit Jahren in der Parkinson Stiftung aktiv. Eines Tages könnte die Krankheit vielleicht heilbar sein, wenn man genügend in die Forschung investiere, hofft er.

Hoffnung auf Harmonie zwischen Mensch und Natur

Der Meeresbiologin Antje Boetius, Leiterin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, gibt es Hoffnung, wenn Menschen aufeinander aufpassen, sich gegenseitig schützen und das auch zum Prinzip für den Umgang mit Natur und Umwelt machen.

Am Klimawandel verzweifeln? Hoffnung kann Orientierung geben!

29.12.2021
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Podcast: Studio 9
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"In der Natur gibt es viele Beispiele für essenzielle Kooperationen zwischen Lebewesen, Netzwerke des Lebens. Wir sollten begreifen, dass wir Teil dieser Netzwerke sind und uns an ihnen beteiligen müssen. Und wahrnehmen, dass die Natur vor allen Dingen eine Lösung für uns sein kann", sagt Boetius.

Hoffnung und Angst sind verbunden

"Hoffnung fängt da an, wo unser Wissen aufhört", sagt Philosophin Blöser. "Weil sie sich immer auf etwas bezieht, worüber wir unsicher sind, ist sie auch so eng mit der Angst verbunden." So können Hoffnung und Angst zwei Seiten einer Medaille sein.

Das Beste ist, Hoffnung und Angst als Ratgeber nicht gegeneinander auszuspielen, sondern sich von beiden beraten zu lassen.

Claudia Blöser, Philosophin und Physikerin

Das sieht Meeresbiologin Boetius auch so. Sie betrachtet Angst und Hoffnung als notwendige Leitelemente. "Nur aus Angst heraus kann man nicht gut und klug entscheiden. Hoffnung zu haben bedeutet ja, dass man ein Bild einer Zukunft hat. Aber wir brauchen beide. Sie sind uralt und ganz wichtig, um Orientierung zu geben."
Bunte Fische an einem Korallenriff im Meer.
Die Anpassungsfähigkeit des Lebens in den Ozeanen gibt der Meeresbiologin Antje Boetius Grund zur Hoffnung.© imago-images / Ocean Photo
Anlass für Hoffnung gibt es für Boetius immer, wenn sie sich als Forscherin mit dem Leben selbst beschäftigt. Sie sei immer wieder über die Artenvielfalt erstaunt, die sie in den Meeren entdeckt.

Wenn man sich vergegenwärtigt, was Lebewesen alles an Verwandlung und Veränderungen mitgemacht haben, wie anpassungsfähig sie sind, was es für Tricks in der Natur gibt, dann habe ich immer das Gefühl: Es gibt Hoffnung für die Erde. Wir Menschen allerdings müssen uns warm anziehen.

Meeresbiologin Antje Boetius

Mit Hoffnung der Ungewissheit trotzen

Hoffnung gehört zu den drei christlichen Tugenden, von denen gerade in der Weihnachtszeit oft die Rede ist: Glaube, Liebe, Hoffnung. Doch wenn sie nicht erfüllt wird, können Verzweiflung und Resignation um sich greifen.
Obwohl Hoffnung nicht per se mit Passivität oder Aktivität verknüpft ist, kann sie sogar gefährlich sein: "Wenn sie dazu verleitet, sich zurückzulehnen, in der Hoffnung, dass schon irgendwie alles gut wird, auch wenn man nichts dafür tut", meint Blöser.
Vom Nichtstun und abwarten ist Christian Stückl, Künstlerischer Leiter der Oberammergauer Passionsspiele weit entfernt. Die letzten Passionsspiele sollten von Mai bis Oktober 2020 laufen und wurden wegen der Coronapandemie und logistischen Gründen gleich auf 2022 verschoben worden. Ob die nun stattfinden können?

Hoffen auf die Passionsspiele

31.12.2021
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Podcast: Studio 9
Podcast: Studio 9
"Die Sorgen sind groß, aber man kann nichts machen. Man muss jetzt trotzdem loslegen. Man muss es anfangen. Wir proben jetzt ins Leere hinein", sagt Stückl. Normalerweise kommen an über 100 Spieltagen mehr als eine halbe Million Menschen aus aller Welt zu den Aufführungen. Bei der derzeitigen 25-Prozent-Regelung in Bayern befürchtet Stückl "eine Katastrophe", weil sich die Passionsspiele fast ausschließlich über die Ticketverkäufe finanzieren.

Ich habe das Gefühl, jeder sehnt sich danach, dass die Passionsspiele endlich wieder stattfinden und die Leute, die mitmachen, denen tut es sehr gut, dass es wieder ein Ziel gibt.

Christian Stückl, Leiter der Oberammergauer Passionsspiele

Die Rolle von Politik und Medien

Sich passiv zurückzulehnen und nur zu hoffen, ist auch für die Grünen-Politikerin Emilia Fester keine Option, auch wenn sie die Ampel als "Hoffnungskoalition" sieht. Mit 23 Jahren ist sie die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag und Mitglied im Familienausschuss. Sie hofft dort und auch darüber hinaus die Perspektive der Politik verstärkt auf Kinder und Jugendliche lenken zu können. Deren Belange seien gerade während der Pandemie zu kurz gekommen.
Junge Menschen unter 18 Jahren machen 16 Prozent der Bevölkerung aus. "Deswegen sollten sie auch in allen Themenfeldern eine Rolle spielen", sagt Fester. Um das zu unterstützen, will sie sich für das Wahlrecht ab 16 Jahren stark machen. "Das ist ein großes Projekt für nächstes Jahr."

Hoffnung: jung, politisch, grün

30.12.2021
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Podcast: Studio 9
Podcast: Studio 9
Politik und Medien spielten bei der Stärkung von Hoffnung immer eine wichtige Rolle, sagt die Philosophin Claudia Blöser: "Indem sie nicht nur die Angst und die negativen Aspekte der Situationen aufzeigen, sondern klar die Wege hervorheben, die gut sind und die Hoffnung machen."
Einen solchen Weg beschreitet Frank Elstner, denn er gibt nicht auf. Er hofft darauf, dass die Wissenschaft bei Parkinson ebenso schnell vorankommen wird wie im Fall von Corona. "Ich gebe offen zu, ich gehe jetzt betteln für die Wissenschaft." Elstner möchte reiche Menschen dazu bewegen, Geld für die Parkinson-Forschung zu spenden.

Beiträge zu weiteren Aspekten des Themas Hoffnung gibt es in der Woche vom 27.12. bis 31.12.2021 in unserer Sendung "Studio 9" und auf unserer Homepage nachzuhören und nachzulesen.

(rja)
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