Sprengel Museum Hannover

Neue Kunst für neue Räume

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Der "Singende Mann" des deutschen Künstlers Ernst Barlach wird im Sprengel Museum in Hannover zusammen mit expressionistischen Gemälden präsentiert. Die bronzene Skulptur gehört zu den rund 800 Werken der Ausstellung "130 % Sprengel". © picture alliance / dpa / Holger Hollemann
Von Agnes Bührig  · 03.06.2016
Das Sprengel Museum in Hannover ist bekannt für seine Sammlung von Werken der Klassischen Moderne. Ab heute werden sie in einem neuen Licht präsentiert: in den Naturlichträumen des jüngst eröffneten Erweiterungsbaus.
Eine energische Choreographin bei der Probe: schwarzes, enges Oberteil, roter Lippenstift, die Haare streng aus dem Gesicht drapiert. Doch statt Ansagen für die korrekten Tanzpositionen zu geben, schreit sie sich mit russischem Akzent Texte von der Seele, die den Manifesten von Fluxus und Dadaismus entstammen. "Manifesto" hat Julian Rosefeldt seine Videoarbeit genannt. Ein Werk, das unterschiedliche Kunstrichtungen in dreizehn Filmen zum Leben wieder erweckt, immer mit Cate Blanchett in der Hauptrolle.
"Die eigentliche Grundidee war, die Manifeste vom Staub der Kunstgeschichte zu befreien oder vom Ballast der Kunstgeschichte. Man kennt ja die Künstler immer über das Werk und hier entdeckt man die Künstler über das Wort, was für mich auch eine ganz große Entdeckung war, diese Künstler auch als Poeten und Literaten zu entdecken und als großartige Visionäre und Seismographen ihrer Zeit."
Museumsdirektor Reinhard Spieler im Erweiterungsbau vom Sprengel Museum Hannover 
Museumsdirektor Reinhard Spieler im Erweiterungsbau vom Sprengel Museum Hannover.© picture alliance / dpa / Foto: Julian Stratenschulte
Cate Blanchett ist in zwölf Rollen zu sehen, von der Trauerrednerin, über die Börsenmaklerin bis hin zu einem Obdachlosen. Wie selbstverständlich trägt sie dabei Sätze der Konzeptkunst, von Surrealisten oder der Popart vor – und bietet dem Zuschauer so einen ganz neuen, ungewöhnlichen Zugang zur Kunstgeschichte. Für Reinhard Spieler die perfekte Neuerwerbung für sein Haus, sagt der Direktor des Sprengel Museums.
"Einmal im Bereich der Neuen Medien, eine Filminstallation, um einfach auch ein Nach-vorne-Schauen in den Medien noch einmal zu betonen, aber andererseits auch, weil es um die Manifeste geht, wo wir so stark bestückt sind in den klassischen Avantgarden, die diese Texte geschrieben haben, schien mir das einfach eine klassische Arbeit zu sein."
"Manifesto" wird zusammen mit Wolfgang Tillmans "Book of Arcitects" gezeigt - auch diese Neuerwerbung hochkarätig. Nach der Architektur-Biennale in Venedig und dem Metropolitan Museum in New York sind die 450 eigentümlichen Architekturbilder aus fünf Kontinenten zum ersten Mal in Deutschland zu sehen. Fotografiert hat sie Tillmans über zehn Jahre lang auf allen Kontinenten. Jetzt laufen sie als Endlosschleife über zwei Leinwände, eine architektonische Reflexion aus Zufälligkeit und Schönheit von Architektur.
"Für mich ist Tillmans eine der ganz zentralen Positionen in der Fotografie. Einmal von der Art der Präsentation von Fotografie, wo er uns das ganze Spektrum zeigt, was Foto heute sein kann, das kann ein Buch geprintet sein, auf einem Zeitungspapier, das kann gerahmt super hochwertig kommen. In dem Fall zeigt er die Fotografie als Videoinstallation, aber das auf eine weiße Fläche, die, wenn die Bilder projiziert werden, dann wie ein aufgeschlagenes Buch wiederum aussieht."

1400 Quadratmeter Ausstellungsfläche dazugewonnen

Neue Kunst für den neuen Anbau. 1400 Quadratmeter Ausstellungsfläche hat das Museum durch den Erweitungsbau dazugewonnen. Dort hängt die klassische Moderne an farbigen Wänden, die Kunst nach 1945 verteilt sich auf den Altbau. Der Merzbau von Kurt Schwitters ist hier zu sehen und Niki de Saint Phalle, deren bauchige Nanas in der Einblickshalle am alten Haupteingang präsentiert werden.
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Eine Besucherin betrachtet im Rahmen der Ausstellung "Niki de Saint Phalle - The Big Shots" im Sprengel Museum in Hannover verschiedene Kunstwerke.© picture alliance / dpa / Hauke-Christian Dittrich
Vor allem aber profitiert die fotografische Abteilung von den neuen Räumlichkeiten: Mehr Raum fürs Archiv, für die Pflege der Fotos und für die zwei neuen Mitarbeiter, die kuratieren und restaurieren, sagt die Leiterin der Abteilung, Inka Schube, und führt in die Ausstellungsräume im Untergeschoss.
"Das ist der neue Bereich für die Fotografie, für dauerhafte Präsenz für Fotografie im Sprengelmuseum Hannover. Das sind 400 Quadratmeter, die wir jetzt haben. Und wir weihen die ein mit Serien aus der Sparkassenstiftung und dem Sprengelmuseum Hannover. Interessant ist, dass diese Sammlung sich ja sehr stark konzentriert hat auf die amerikanische Fotografie der 60er-, 70er-, 80er-Jahre, die einen ganz wesentlichen Beitrag zur Emanzipation der Fotografie im Kontext des Dokumentarischen geleistet hat."
Das runderneuerte Sprengelmuseum überzeugt mit seinem neuen Gesamtkonzept. Nicht nur durch die aktuelle Videokunst von Rosefeldt und Tillmans. Auch durch die luftige Präsentation von Klassikern der Moderne wie Beckmann, Nolde und Klee bis hin zu regional umstrittenen Werken: Der Haarmann-Fries etwa, der jetzt wieder aus dem Depot darf, um Alfred Hridlickas Version des hannoverschen Mörders mit dem Hackebeilchen aus den 1920er-Jahren zu zeigen. Ein Besuch wird dringend empfohlen.
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