Sportzahnmedizin

Warum die DDR ein Vorreiter war

05:25 Minuten
Das Eislauf-Team der DDR im Januar 1989 für die  Europameisterschaft in Birmingham.
Besonders im Hochleistungssport war die DDR bei der Zahnpflege und Prophylaxe der Bundesrepublik voraus. © picture alliance / ZB / Thomas Uhlemann
Von Peter Kaiser · 21.04.2024
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Leistungssportler des sozialistischen Staates wurden zahnmedizinisch intensiver betreut als im Westen, weil Erfolge auch für ein höheres Ansehen sorgen sollten. Noch heute hinken Vereine und Verbände in den alten Bundesländern deshalb hinterher.
In einem Werbefilm zur Zahngesundheit aus dem Jahr 1974 fordert die DDR die Bevölkerung auf, sich regelmäßig um die Pflege ihrer Zähne zu kümmern:
„Fast jeder von uns hat Kummer mit den Zähnen. Kranke Zähne führen oft zu Herz- und Kreislauferkrankungen, Rheumatismus und zu Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes.“

Zahnpflege als wichtiges Thema in der DDR

Allgemein war Zahnpflege in der DDR ein wichtiges Thema, wollte man doch Mehrkosten für weiterführende Behandlungen, etwa bei Wurzelkanalproblemen oder Entzündungen, verhindern.
Besonders im Bereich des Hochleistungssports war man in puncto Zahnpflege und Prophylaxe der Bundesrepublik Deutschland voraus, erklärt Ivette Szabadi, Sportzahnärztin in Potsdam.   

Zu DDR-Zeiten war das deutlich etablierter. Es gab an allen Leistungsstützpunkten auch einen Sportzahnarzt, der sein Knowhow mit eingebracht hat.

Ivette Szabadi, Sportzahnärztin

Die Sportmedizin - so das „Deutsche Ärzteblatt“ aus dem Jahr 2006 - bescheinigte der DDR einen hohen wissenschaftlichen Leistungsstand in Prävention, Rehabilitation und Leistungsmedizin.

Sportliche Erfolge als Symbol der Überlegenheit

„Stomatologen“, wie die Zahnärzte in der DDR genannt wurden, waren für den dortigen Leistungssport wichtig, denn sportliche Erfolge interpretierte der sozialistische Staat als Symbol der Überlegenheit gegenüber dem kapitalistischen Westen.
Das Bonner Bundesinstitut für Sportwissenschaft beschrieb die Aufgabe des sportmedizinischen Dienstes (SMD) 1979 als …

„… Einflussnahme auf die Erhöhung der Belastbarkeit mittels geeigneter sportmedizinischer und trainingsmethodischer Maßnahmen.“     
Diese Einflussnahme bezog sich nicht nur auf die sportzahnärztliche Betreuung der Sportlerinnen und Sportler. Bereits bei Kindern und Jugendlichen war der SMD aktiv.

Doping mit der Zahncreme

Martin Meinhardt, früher Schüler der Kinder- und Jugendsportschule Halle an der Saale.   

"Wir haben Zahncreme bekommen, die mussten wir nehmen. Wir haben sie jeden Tag genommen, sie wurde direkt von der Schule verteilt. Wir haben sie gerne genommen, sie hat sehr gut geschmeckt."

Dann kam die Wende. Und:  

"Dann wurde ja auch offen darüber geredet, dass es auch ein staatlich verordnetes Doping war. Also war schon ziemlich krass."  

Es gibt kein Material über die Athleten

Heute gibt es in so gut wie in keiner wichtigen sportmedizinischen Institution von Berlin über Dresden und Leipzig Material über die Betreuung der Athletinnen und Athleten.
Guido Pawlik, ehemaliger Läufer und heute Zahnarzt in Berlin, erinnert sich:

Als ehemaliger Hochleistungssportler in der DDR bin ich in ein System eingegliedert worden, das sehr streng war. Ich habe es aber auch als sehr verantwortungsvoll empfunden. Die Möglichkeiten im vereinten Deutschland sind viel offener. Jetzt kommt es auf die persönliche Motivation der Patienten an, der Sportler, diese Möglichkeiten auch auszuschöpfen. Das ist nur gut für die moderne Sportzahnmedizin.

Guido Pawlik, ehemaliger Läufer und heute Zahnarzt

Knapp 34 Jahre nach der Wiedervereinigung wächst der Stellenwert und die Bedeutung der Sportzahnmedizin hierzulande.

Forderung nach Sportzahnarzt für jeden Verein

Johanna Herzog, Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für Sportzahnmedizin (DGSZM):

"Das ist eines der großen Ziele, die sich die Deutsche Gesellschaft für Sportzahnmedizin gesetzt hat, dass wir jeden Verein und jede große Sportveranstaltung mit einem Sportzahnarzt, der von der DGSZM ausgebildet wurde, versehen können und den dann bereitstellen können."

Bis dahin ist der Weg allerdings noch lang. Barbara Plaster, Vizepräsidentin der Zahnärztekammer Berlin, gibt zu bedenken.

"Es ist bei uns so, dass es wenig Ausbildung gibt, speziell für den Bereich Sport. Wir sind in allen Bereichen gut aufgestellt und vernetzt, aber gerade in Richtung Trauma oder Prophylaxe fehlt es noch."

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