Simone Buchholz: "Unsterblich sind nur die anderen"

Auf hoher See zu neuen Ufern

09:43 Minuten
Simone Buchholz schaut in die Kamera. Sie trägt einen Trenchcoat und darunter ein Oberteil in dunkler Farbe mit weißen Punkten. Ihre langen Haare hat sie hochgesteckt.
Schriftstellerin Simone Buchholz © Suhrkamp / Gerald von Foris
Simone Buchholz im Gespräch mit Andrea Gerk · 27.09.2022
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Simone Buchholz lässt in ihrem neuen Roman Staatsanwältin Chastity Riley, das Festland und das Krimigenre hinter sich. „Unsterblich sind nur die anderen“ spielt auf hoher See und in einer Parallelwelt. Es gibt aber auch Konstanten.
In den Bestseller-Krimis von Simone Bucholz ist die trinkfeste Staatsanwältin Chastity Riley die Hauptfigur, die Bücher spielen meist in Hamburg, zuletzt auch in Glasgow. Ihr neuer Roman „Unsterblich sind nur die andern“ lässt den, wie wir gelernt haben, auch nicht immer sicheren Hamburger Hafen zurück und spielt auf hoher See und mit neuem Personal: Zwei Frauen suchen auf einem Schiff mit Kurs auf Island nach drei Männern, die auf eben diesem Schiff wenige Wochen zuvor verschwunden sind.
Auf den Handlungsort sei sie gekommen, als sie auf einer Schiffsreise zu einem Krimifestival auf der Nordatltantik-Insel unterwegs war. Unter dem Einfluss von Pillen gegen die Seekrankheit sei es ihr sehr gut gegangen, erinnert sie sich: "Ich hab mich immer verbundener gefühlt mit diesem Schiff und kam emotional kaum runter." Dann sei das Gefühl gekommen: "Okay, der nächste Roman, den ich schreibe, muss mit diesem Schiff zu tun haben."

Weiterentwicklung statt Neustart

"Unsterblich sind nur die andern“ unterscheidet sich mit seinen fantastischen Elementen – unsterblichen Wesen zum Beispiel – auch stilistisch von den meisten Buchholz-Krimis, wenngleich der bisher letzte von ihr schon ein Vorbote dieser neuen Entwicklung war. „Ich glaube, als ich den letzten Riley-Band 'River Clyde' geschrieben habe, war mir schon klar, wo ich ungefähr hinwill", sagt die Wahl-Hamburgerin. "Ich habe, mit ganz angezogenen Zügeln, noch irgendwie versucht, dem Genre zu entsprechen, wusste aber schon, was ich danach machen will und dann auch machen darf.“
Buchholz spricht denn auch von einer Weiterentwicklung statt von einen Neustart. In der Tat gab es schon in "River Clyde" sprechende Tiere oder Tote, die kurzfristig wieder auftauchen: „Für mich ist es auch gar nicht so ungewöhnlich, weil Literatur nie nur zeigt, was ist, sondern auch zeigt, was sein könnte, was möglich wäre", erklärt sie. "Dazu gehört für mich immer ein bisschen das Zerschießen von Realitäten, um mal zu gucken, was eigentlich hinter den Fassaden steckt, die wir uns immer so grandios aufbauen; von denen wir denken, dass sie so sicher und zuverlässig sind. Das sind sie nämlich nicht.“
Das Buch sei keine Absage an das realistische Erzählen, sie sei nur gerade "nicht so drauf", betont Buchholz. Zudem sei ihre Welt immer schon animiert gewesen: „Vielleicht bin ich da jetzt einfach nur ehrlich und gebe das mal zu, dass ich ein bisschen spinne, wenn ich so auf die Dinge schaue, die alle eine Seele haben.“

Alkohol und Musik

Zum Personal gehören auch in diesem Buchholz-Roman trinkfeste Frauen: Statt Chastity Riley sind es diesmal Barfrauen, die maßlos trinken. Für Simone Buchholz ersetzen sie den eigenen Alkoholkonsum. All ihre Figuren hätten ja sehr viel mit ihr zu tun, sagt die Schriftstellerin. „Und je mehr die trinken, desto weniger muss ich trinken.“ Es sei ein Akt der persönlichen Gesundheitspolitik, wenn in ihren Romanen viel getrunken werde.

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Zudem orientiere sie sich an dem Hamburg-Film aus den 90er-Jahren „Absolute Giganten“, wo es heiße, es müsste immer Musik da sein. Bei einer zweiten Fahrt mit dem Schiff nach dem Fertigstellen des Romans zum Abgleich des Manuskripts mit den Gegebenheiten vor Ort habe sie auch in der Realität bestätigt gefunden, dass auf dem Schiff immer und überall Musik lief. Vor allem Country, sagt sie.
Am Ende des Romans werden alle Figuren auf ihre Art erlöst, sagt Buchholz, bis auf eine: Sie habe dann lange überlegt, warum diese Figur keine Erlösung erfährt. "Und der Grund ist, dass es jemand ist, der sich nie entschieden hat jemand, der immer das Beste aus allen Welten wollte. Das ist vielleicht etwas Parabelhaft“
(mfu)

Simone Buchholz: "Unsterblich sind nur die anderen"
Suhrkamp, Berlin 2022
265 Seiten, 18 Euro

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