Sachbuchbestenliste April

    Die vielen Formen von Macht und Herrschaft

    02:18 Minuten
    Die Cover der Top drei der Sachbuchbestenliste von links nach rechts: Christine M. Korsgaards "Tiere wie wir", Bénédicte Savoys "Afrikas Kampf um seine Kunst" und Jia Tolentinos "Trick Mirror: Über das inszenierte Ich"
    Christine M. Korsgaard steigt mit „Tiere wie wir“ auf Rang eins in die Sachbuchbestenliste ein. Auch auf den Plätzen folgen Neueinsteiger. © Deutschlandradio / C.H. Beck, C.H. Beck, S.Fischer
    30.03.2021
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    Tiere dürfen weder genutzt noch gegessen werden, argumentiert Harvard-Philosophin Christine M. Korsgaard und erobert auf Anhieb die Spitze der Bestenliste. Auch das Buch über "Die Kunst des guten Führens" eines Ex-Ministers ist Teil der Auswahl.
    Deutschlandfunk Kultur, ZDF und "Die Zeit" präsentieren gemeinsam die stärksten Sachbücher des Monats. Gekürt werden die Titel von einer Jury aus 30 Kritikerinnen und Kritikern.

    1 (-) Christine M. Korsgaard: "Tiere wie wir: Warum wir moralische Pflichten gegenüber Tieren haben"
    Aus dem Englischen von Stefan Lorenzer
    C. H. Beck, München 2021
    346 Seiten, 29,95 Euro

    Das Cover von Christine M. Korsgaards Buch "Tiere wie wir: Warum wir moralische Pflichten gegenüber Tieren haben" auf orange-weißem Hintergrund.
    Christine M. Korsgaard,:"Tiere wie wir: Warum wir moralische Pflichten gegenüber Tieren haben"© Deutschlandradio / C. H. Beck
    Hat das Leben eines Tieres denselben Wert wie das eines Menschen? Ja, sagt Christine M. Korsgaard. Die Kant-Expertin aus Harvard argumentiert mit dessen Moralphilosophie, warum Tiere weder benutzt noch gegessen werden dürfen. Als bewusste Wesen seien sie "Zweck an sich selbst". Eine der radikalsten Streitschriften seit Peter Singers "Animal Liberation". 71 Punkte

    2 (-) Bénédicte Savoy: "Afrikas Kampf um seine Kunst: Geschichte einer postkolonialen Niederlage"
    C. H. Beck, München 2021
    256 Seiten, 24 Euro

    Das Cover von Bénédicte Savoys Buch "Afrikas Kampf um seine Kunst: Geschichte einer postkolonialen Niederlage" auf orange-weißem Hintergrund.
    Bénédicte Savoy: "Afrikas Kampf um seine Kunst: Geschichte einer postkolonialen Niederlage"© Deutschlandradio / C. H. Beck
    Gebt koloniale Raubkunst zurück! Diese Forderung vernahm man zuletzt häufiger von Bénédicte Savoy. In ihrem neuen Buch zeigt die in Berlin lebende Kunsthistorikerin nun, dass ihr Kampf ein alter ist. Schon in den 1960er-Jahren drängten die neugegründeten Staaten Afrikas auf eine Rückführung – erfolglos. Die Argumente der Gegner von damals ähneln dabei denen von heute auf frappierende Weise. 67 Punkte

    3 (-) Jia Tolentino: "Trick Mirror: Über das inszenierte Ich"
    Aus dem Englischen von Margarita Ruppel
    S. Fischer, Frankfurt am Main 2021
    368 Seiten, 22 Euro

    Cover von Jia Tolentinos Buch "Trick Mirror: Über das inszenierte Ich" auf orange-weißem Grund
    Jia Tolentino: "Trick Mirror: Über das inszenierte Ich"© Deutschlandradio / S. Fischer
    Sie sei die "Susan Sontag der Millennials", schrieb die "Washington Post": Als "Trick Mirror" 2019 erstmals erschien, wurde Jia Tolentino in den USA zur Stimme ihrer Generation erklärt. Jetzt gibt es das Buch der heute 32-Jährigen erstmals auch auf Deutsch. In neun pointierten und wortgewandten Essays geht es vor allem um die beiden großen Themen dieser Zeit: Internet und Feminismus. 47 Punkte

    4 (1) Caroline Fourest: "Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei"
    Aus dem Französischen von Alexander Carstiuc, Mark Feldon, Christoph Hesse
    Edition Tiamat, Berlin 2020
    144 Seiten, 18 Euro

    Das Cover von Carolinie Fourests Buch: "Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei"
    Caroline Fourest: "Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei"© Deutschlandradio / Edition Tiamat
    Sie wollen Dostojewski aus der Lektüreliste verbannen und kein Sushi essen, das von Weißen zubereitet wurde: Über den identitätspolitischen Aktivismus an US-Universitäten ist schon viel geschrieben worden. Die Autorin Caroline Fourest erklärt, wie es so weit kommen konnte. Und plädiert aus linker Perspektive für die freie Rede: Das Seminar solle zum "Safe Space" der kontroversen Debatte werden. 46 Punkte

    5 (-) Meike Stoverock: "Female Choice. Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation"
    Tropen-Sachbuch, Stuttgart 2021
    352 Seiten, 22 Euro

    Das Cover von Meike Stoverocks Buch " Female Choice. Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation" auf orange-weißem Grund.
    Meike Stoverock: "Female Choice. Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation"© Deutschlandradio / Tropen Sachbuch
    Wie lässt sich die Ungleichheit der Geschlechter überwinden? Indem wir zurück zu unseren biologischen Wurzen finden, glaubt die Bloggerin Meike Stoverock. Im Tierreich ist es statistischer Normalfall, dass sich Männchen für den Geschlechtsakt bewerben müssen. Auch bei den Menschen hatte die Frau einst die Hoheit über den Sex – bis die Männer ihre eigene Zivilisation schufen. Die könnte nun enden. 40 Punkte

    6 (-) Gabriele von Arnim: "Das Leben ist ein vorübergehender Zustand"
    Rowohlt, Hamburg 2021
    240 Seiten, 22 Euro

    Daas Cover von Gabriele von Arnims Buch "Das Leben ist ein vorübergehender Zustand" auf orange-weißem Hintergrund.
    Gabriele von Arnim: "Das Leben ist ein vorübergehender Zustand"© Deutschlandradio / Rowohlt
    "Wie geplatzte Knallerbsen" seien seine Worte herumgelegen – und keiner konnte sie aufsammeln. Die Journalistin Gabriele von Arnim erzählt vom Leben mit ihrem Ehemann, der binnen weniger Tage zwei Schlaganfälle erlitten hatte. Er konnte nicht lesen, nicht schreiben – und sich vor allem nicht mehr richtig artikulieren. Über Liebe jenseits von Worten. 36 Punkte

    7 (-) Anne Applebaum: "Die Verlockung des Autoritären: Warum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist"
    Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer
    Siedler, München 2021
    208 Seiten, 22 Euro

    Buchcover zu "Anne Applebaum:Die Verlockung des AutoritärenWarum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist"
    Anne Applebaum: "Die Verlockung des Autoritären. Warum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist"© Deutschlandradio/Siedler
    Polen 1999: Anne Applebaum und ihr Ehemann, der liberale Politiker Radosław Sikorski feiern Silvester, es kommen Vertreter aller Lager. Heute würden viele der Gäste keinen Fuß mehr über ihre Schwelle setzen, mutmaßt Applebaum. Wie viele in Europa sind sie aus Sicht der Historikerin der Verlockung des Autoritarismus erlegen. Was macht dessen Reiz aus? Ein Streifzug durch einen gespaltenen Kontinent. 31 Punkte

    8 (-) Mai Thi Nguyen-Kim: "Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit: Wahr, falsch, plausibel - die größten Streitfragen"
    Droemer, München 2021
    368 Seiten, 20 Euro

    Das Cover von Mai Thi Nguyen-Kims Buch "Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit: Wahr, falsch, plausibel - die größten Streitfragen" auf orange-weißem Grund.
    Mai Thi Nguyen-Kim: "Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit: Wahr, falsch, plausibel - die größten Streitfragen"© Deutschlandradio / Droemer
    Spätestens seit ihrem millionenfach geklickten Youtube-Video über das Coronavirus gilt Mai Thi Nguyen-Kim als die junge Stimme der Wissenschaft. In ihrem neuen Buch geht es um alles, worüber wir uns gerne streiten: Klimawandel, Gender Pay Gap und Drogenlegalisierung. Doch was ist bloße Meinung – und was unbestreitbarer Fakt? Leichtfüßig bringt Mai Thi Licht ins Dunkel des postfaktischen Diskurses. 28 Punkte

    9 (-) Benno Gammerl: "anders fühlen: Schwules und lesbisches Leben in der Bundesrepublik. Eine Emotionsgeschichte"
    Hanser, München 2021
    474 Seiten, 25 Euro

    Das Cover von Benno Gammerls Buch "anders fühlen: Schwules und lesbisches Leben in der Bundesrepublik. Eine Emotionsgeschichte" auf orange-weißem Hintergrund.
    Benno Gammerl: "anders fühlen: Schwules und lesbisches Leben in der Bundesrepublik. Eine Emotionsgeschichte" © Deutschlandradio / Hanser
    Bis 1969 stand sie unter Strafe, dann führte die Aids-Pandemie in den 1980er-Jahren zu einer erneuten Stigmatisierung: Gleichgeschlechtliche Liebe hat es in der deutschen Geschichte auch nach 1945 nicht leicht gehabt. Der Historiker Benno Gammerl lässt Betroffene aller Generationen erzählen. Das erste vollständige Überblickswerk homosexuellen Lebens in der Bundesrepublik. 26 Punkte

    10 (-) Julia Friedrichs: "Working Class. Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können"
    Berlin Verlag, Berlin/München 2021
    320 Seiten, 22 Euro

    Das Cover von Juli Friedrichs' Buch "Working Class - Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können" auf orange-weißem Hintergrund.
    Julia Friedrichs' "Working Class - Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können"© Deutschlandradio / Berlin Verlag
    "Die Kinder werden es einmal besser haben als wir." Das Versprechen eines fortwährenden Wohlstandzuwachses scheint erstmals seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gültig. Die Hälfte der unter 45-Jährigen fürchten, im Alter arm zu sein. Die Journalistin Julia Friedrichs begibt sich auf eine Spurensuche, warum vor allem Dienstleistungsjobs immer prekärer werden. 25 Punkte

    10 (-) Karl-Ludwig Kley, Thomas de Maizière: "Die Kunst des guten Führens"
    Herder, Freiburg 2021
    288 Seiten, 25 Euro

    Das Cover des Buchs von Karl-Ludwig Kley und Thomas de Maizière "Die Kunst des guten Führens" auf orange-weißem Hintergrund.
    Karl-Ludwig Kley, Thomas de Maizière: "Die Kunst des guten Führens"© Deutschlandradio / Herder
    Ex-Innenminister Thomas de Maizière und der Aufsichtsratsvorsitzende von Lufthansa und Eon, Karl-Ludwig Kley, sind gute Freunde. Das liegt vielleicht auch daran, dass sie eine gemeinsame Erfahrung teilen: Sie müssten beruflich Führung übernehmen. In ihrem Buch zeigen sie, wo die Gemeinsamkeiten politischen und wirtschaftlichen Führens liegen – und wo die Unterschiede. 25 Punkte

    10 (-) Sören Urbansky: "An den Ufern des Amur: Die vergessene Welt zwischen China und Russland"
    C. H. Beck, München 2021
    375 Seiten, 26 Euro

    Das Cover von Sören Urbanskys Buch "An den Ufern des Amur. Die vergessene Welt zwischen China und Russland" auf orange-weißem Hintergrund.
    Sören Urbansky: "An den Ufern des Amur. Die vergessene Welt zwischen China und Russland" © Deutschlandradio / C. H. Beck
    Entlang des "Schwarzen Drachens" stehen über 2000 Kilometer zwei Imperien Rücken an Rücken: Der Fluss Amur trennt China und Russland voneinander. Mit Bus und Bahn folgt der Historiker Sören Urbansky seinem Lauf. Dabei reist er durch entvölkerte russische Landstriche und boomende chinesische Metropolen. Ein Einblick in die tektonischen Verschiebungen zwischen zwei Großmächten. 25 Punkte

    So funktioniert die Abstimmung:

    Jedes Jurymitglied vergibt an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.

    Die Jury der Sachbuch-Bestenliste:

    René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur)
    Peter Arens (ZDF)
    Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur)
    Ralph Bollmann (FAS)
    Stefan Brauburger (ZDF)
    Alexander Cammann (DIE ZEIT)
    Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel)
    Heike Faller (DIE ZEIT)
    Daniel Fiedler (ZDF)
    Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch)
    Manuel J. Hartung (DIE ZEIT)
    Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur)
    Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur)
    Inge Kutter (DIE ZEIT)
    Hannah Lühmann (DIE WELT)
    Ijoma Mangold (DIE ZEIT)
    Susanne Mayer (DIE ZEIT)
    Tania Martini (taz)
    Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur)
    Jutta Person (freie Literaturkritikerin)
    Bettina von Pfeil (ZDF)
    Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung)
    Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur)
    Anne Reidt (ZDF)
    Anna Riek (ZDF)
    Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte)
    Hilal Sezgin (freie Autorin)
    Catrin Stövesand (Deutschlandfunk)
    Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)
    Julia Voss (Leuphana-Uni Lüneburg)

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