Peter Handke in der Republika Srpska

"Er versteht das alles nicht mehr so richtig"

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Peter Handke steht links, rechts von ihm die Präsidentin der Republika Srpska
Željka Cvijanović, Präsidentin der Republika Srpska, empfängt Peter Handke am 7. Mai 2021. © picture alliance / PIXSELL / Dejan Rakita
Moderation: Frank Meyer · 10.05.2021
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Die Autorin Alida Bremer kritisiert die zahlreichen Ehrungen von serbischer Seite, die Peter Handke zum Teil an symbolisch aufgeladenen Orten zuteilwurden. Sie vermutet, dass Handke instrumentalisiert wird.
Die Autorin und Übersetzerin Alida Bremer hat scharfe Kritik an dem Schriftsteller Peter Handke geübt. Der Literaturnobelpreisträger war am Wochenende in Serbien und in der bosnischen Serbenrepublik unterwegs, wo er mit mehreren hohen Orden ausgezeichnet wurde. Er weihte auch ein überlebensgroßes gusseisernes Denkmal seiner Person unmittelbar neben dem Präsidentenpalast in der Republika Srpska ein.
Zum Hintergrund: In Bosnien-Herzegowina, wo überwiegend Bosniaken und Kroaten leben, entstand nach dem Jugoslawienkrieg zusätzlich die Republika Srpska mit einer überwiegend serbischen Bevölkerung. Im bosnischen Višegrad, wo Handke den Andrić-Preis entgegennahm, gab es zur Zeit des Jugoslawienkrieges ein Sammellager, von dem aus Bosnier deportiert wurden.
Handke ist umstritten, weil er sich während des Jugoslawienkriegs und danach sehr mit der serbischen Seite solidarisiert hat. Er hat nach Ansicht seiner Kritiker die von Serben begangenen Kriegsverbrechen geleugnet oder bagatellisiert. In der bosnischen Hauptstadt Sarajevo hat man denn jetzt auch mit starker Ablehnung oder Bestürzung auf die Auszeichnungen von Handke reagiert.
Die kroatisch-deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin Alida Bremer fragt, warum all das, die Ehrungen und die Reise, jetzt geschehe? Sie glaubt, dass es sich um ein politisches Signal handle. Bosnisch-kroatische Journalisten und Beobachter, aber auch der bekannte serbischstämmige Journalist Dragan Bursać sähen darin negative Signale in Richtung der bosnischen Bevölkerung. Auch Bursać erkenne eine politische Absicht: Es gebe ein Signal in Richtung einer Diskussion über neue Veränderungen der Grenzen auf dem Balkan, die von rechten Politikern auf dem Balkan verfolgt werde, so Bremer.
Dass die Denkmaleinweihung am Jahrestag der Zerstörung der Ferhadija-Moschee stattfand, ist für Alida Bremer ein weiterer Affront. Die Zerstörung dieser Moschee am 7. Mai 1993 sei nämlich symbolisch bedeutsam, einerseits wegen der Zerstörungen und der "ethnischen Säuberungen" in Banja Luka, andererseits wegen der Entstehung der serbischen Republika Srpska.

Instrumentalisierung eines Nobelpreisträgers?

Sie befürchte, sagt Bremer, dass Handke von serbischer Seite instrumentalisiert werde. Vielleicht begreife er auch einfach nicht, was vorgehe. "Er reagiert überhaupt nicht auf die Gegenstimmen, auch nicht auf serbische Gegenstimmen, die es natürlich auch gibt."
Manche Menschen machten sich auch lustig über Handke, erzählt Bremer. Es sei schließlich ungewöhnlich, eine übergroße Statue, die einen selbst darstelle, einzuweihen. Einen Orden, der ihm verliehen wurde, hätten schon Radovan Karadžić und an Ratko Mladić bekommen, die vom Internationalen Strafgerichtshof als Kriegsverbrecher eingestuft wurden: "Dann nimmt man so einen Orden nicht entgegen", findet Bremer.
Alida Bremer kann über Handkes Motive nur mutmaßen: "Entweder er bleibt in seinem Starrsinn – 'jetzt ändere ich meine Meinung nicht' – oder er wähnt sich in einer Opposition, aber man fragt sich, zu wem".
(mfu/svo)
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