Patrick Findeis: "Paradies und Römer“
Verlag Liebeskind, München 2022 (erscheint am 14. Februar)
208 Seiten, 20 Euro
Patrick Findeis über "Paradies und Römer"
Der neue Roman von Patrick Findeis heißt nach einer Straßenkreuzung "Paradies und Römer". © Deutschlandradio / Liebeskind Verlag
"Auch die Abgehängten haben Hoffnungen und Träume"
09:57 Minuten
Patrick Findeis hat acht Jahre an seinem neuen Roman gearbeitet. „Paradies und Römer“ erzählt am Beispiel von vier Freunden von einer Jugend in einer westdeutschen Sozialsiedlung. Fürs Erzählen hat der Autor zu einem Kniff gegriffen.
Patrick Findeis hat mit „Paradies und Römer“ seinen dritten Roman veröffentlicht. Darin springt er zurück in seine schwäbische Heimat. „Paradies und Römer“ spielt in Stuttgart und Heidenheim. Der Titel bezieht sich auf eine Kreuzung in der Sozialsiedlung, die sich der 1975 geborene Schriftsteller ausgedacht hat.
„Das ist eine klassische westdeutsche Sozialsiedlung mit mehreren Wohnblocks", sagt der gebürtige Heidenheimer, der inzwischen in Berlin lebt. "So gut wie jeder kennt solche Orte.“
Ziemlich beste Freunde
Im Mittelpunkt des Romans stehen vier in ihren Jugendjahren beste Freunde in dieser Siedlung: Frankie, Ferry, Danilo und Ellen – vier Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Temperamenten.
Danilo ist ein harter Junge und treibt inzwischen für die serbokroatische Wettmafia Geld ein. Ellen, mit der er drei Kinder hat, ist vor seiner Gewalttätigkeit geflohen.
Brutalo Danilo denkt nun, dass er wegen eines Tumors bald sterben wird, bunkert deshalb 350.000 Euro, um Ellen und die Töchter zu versorgen. Das Problem: Dazu muss er Ellen treffen.
Er kidnappt also den gemeinsamen Jugendfreund Frankie: Der soll mitkommen, damit Ellen das Geld annimmt. In der Folge geht es hart zur Sache.
Der erzählende Geist der Siedlung
Ferry ist zum Zeitpunkt dieser Haupthandlung schon tot, Findeis lässt diese Figur erzählen. „Er ist der Geist der Siedlung“, sagt der Autor zu dem Kniff. Er habe den Text zuerst in der ersten Person geschrieben und dann erneut verändert.
Jemand sollte die Fäden in der Hand haben, sagt Findeis. „Ferry legitimiert, dass wir alles sehen.“ Diese Erzählperspektive habe einen persönlichen Touch, anders als eine "auktoriale Perspektive von mir".
In den acht Jahren des Schreibens an dem Roman habe sich manches verändert: „Eine Sozialstudie sollte es immer werden“, sagt der Romancier, eine Figurenstudie der „Abgehängten“, wobei er das Wort nicht möge.
Es sei eine Studie der „von diesem System in eine bestimmte Schublade gedrückten Menschen, die auch Hoffnungen, Träume und Sehnsüchte haben und die versuchen, diese mit den Mitteln, die sie gelernt haben, umzusetzen". Bei Danilo seien das dann teilweise die Mittel der Gewalt.
Graben in der Herkunft
Die Figur des Frankie ist Zahntechniker, der Beruf, den Findeis auch erlernt hat. Der Autor sagt dazu, er möge es, wenn Figuren im Buch beim Arbeiten betrachtet werden:
„Ich wollte dieses Wissen, das ich über die Zahntechnik habe, den Beruf, den ich schon lange nicht mehr ausübe, auch mal literarisch an den Mann bringen.“
Schreiben sei für ihn „immer auch ein bisschen Graben in der Herkunft“, fügt er an. "Frankie, Danilo, Ferry und Ellen sind auch Figuren, die ich kenne oder wo ich mir etwas abgeschaut habe." Teilweise seien es Typen, die er nur mal aus der Entfernung gesehen habe.
(mfu)