Mathijs Deen: "Der Holländer"

Das Rätsel der Sandbank

04:47 Minuten
Cover von Matthijs Deens "Der Holländer".
© mareverlag

Mathijs Deen

Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke

Der Holländermare Verlag, Hamburg 2022

263 Seiten

20,00 Euro

Von Thomas Wörtche · 25.03.2022
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Mathijs Deen erzählt in "Der Holländer" von einem Mord im Wattenmeer. Die Natur fängt er dabei wunderbar ein, allein der Mord-Plot überzeugt nicht ganz. Eher ein Heimatroman mit Mord als ein waschechter Kriminalroman.
Zwei Wattwanderer, Peter und Klaus, brechen zu einer fast unmöglichen Tour auf – sie wollen zu Fuß vom ostfriesischen Festland auf die Insel Borkum gehen. Der eine, Klaus, überlebt die Tour nicht, seine Leiche wird auf einer niederländischen Sandbank gefunden. Der andere, Peter, trägt deutliche seelische Schäden davon.

Ein vermeintlich unzertrennliches Trio

Die Strömungen in der Nordsee erlauben es eigentlich nicht, dass die Leiche da angeschwemmt wird, wo sie letztendlich landet. Zumal eigentlich noch Aaron als dritter Mann hätte dabei sein sollen. Peter, Klaus und Aaron gelten als unzertrennliches Trio, sie sind große Autoritäten und Medienstars in der Wattwanderszene. Doch Aaron ist gerade in England, wo er sich rührend um seine kranke Frau kümmert. Und ein Herz und eine Seele waren die drei Männer auch nicht wirklich. Was ist passiert?
Auftritt Liewe Cupido – genannt „der Holländer“, ein deutscher Polizist, im Moment außer Dienst. Cupido ist in Holland großgeworden und deshalb prädestiniert, als „inoffizieller“ Ermittler zwischen den niederländischen und deutschen Behörden zu vermitteln. Es gibt kleinlichen Zank zwischen den Ländern um Zuständigkeiten: Lag die Leiche von Klaus auf deutschem oder holländischem Boden? Sandbänke sind ja nicht festbetoniert.

Ein Unfall war es nicht

Der eigenbrötlerische Cupido, sensibel, empathisch und wortkarg, wühlt sich buchstäblich durch den Schlick. Nicht nur durch den des Watts, sondern auch durch die zwischenmenschlichen Beziehungen der drei Watt-Cracks und ihres sozialen Umfelds. Denn klar ist bei allen Unklarheiten: Ein Unfall war das nicht.
„Der Holländer“ ist ein Kriminalroman in Zeitlupe, dessen Qualitäten nicht unbedingt in der Raffinesse des Plots liegen. Viel mehr geht es um männliche und weibliche Egos, um die Küstenlandschaft, um ihre Bio- und Soziotope, um den Raum „Watt“ mit allen Dimensionen, Gefahren und Schönheiten. Deen lässt sich Zeit, schaut genau auf Menschen und Natur, hat einen netten Sinn für Komik, vor allem, wenn er die verschiedenen Behörden nicht nur metaphorisch aufeinander krachen lässt.

Unaufgeregter Fatalismus

Die detailfreudige Genre-Malerei seiner Wattbilder kollidiert aber mit einem reichlich artifiziellen Mord-Plot, ohne dass man dabei von einem Roman über eine toxische Provinz reden könnte. Die gleichgültige Natur überspült bei der nächsten Flut die kleinen menschlichen Tragödien, weswegen ein unaufgeregter Fatalismus den Roman durchzieht.
Eher ein Heimatroman mit Mord als ein waschechter Kriminalroman. Das kann man schon mal machen, wenn man es so gut kann wie Mathijs Deen.
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