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#72 Literaturverfilmungen und Berlinale: "Das Buch fand ich besser"

42:42 Minuten
Illustration eines Buches, um das eine bunte Filmrolle gebunden ist.
Ein Problem bei der Verfilmung literarischer Stoffe ist die sogenannte Werktreue, erläutert Filmredakteur Patrick Wellinski. © imago images / Hoffmann
Von Julius Stucke und Katrin Rönicke · 27.02.2020
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Romanverfilmungen sind heikel: Oft bringen sie die Fangemeinde der literarischen Vorlage gegen sich auf. Worin liegt dennoch ihr Reiz und wie können sie gelingen? Das besprechen wir mit Jasmin Schreiber, Stefan Stuckmann und Patrick Wellinski.
Die Berlinale ist nicht nur ein Fest für Filme, sondern auch für alles, was einmal Film werden will: Auf der Veranstaltung "Books at Berlinale" etwa preisen Schriftsteller ihre Bücher als Stoff für eine Literaturverfilmung an. So hat auch die Autorin Jasmin Schreiber, die ihren Roman "Marianengraben" für eine eventuelle Verfilmung pitchen lassen. Wie sieht sie eine mögliche Verfilmung ihres literarischen Werks – hat sie keine Angst, dass es schief gehen könnte? "Wär' natürlich gut, wenn es ein anspruchsvoller Film wird", findet sie, insgesamt bleibt sie aber recht entspannt, weil Film und Buch am Ende für sie zwei verschiedene Werke sind.

Eine eigene Welt

Deutschlandfunk Kultur-Filmexperte Patrick Wellinski bringt einen breiten Überblick über die bisherigen Versuche mit, aus Büchern Filme zu machen. Grundsätzlich findet er daran auch nichts Schlimmes. Er sieht aber ein Problem in der sogenannten Werktreue – also dem Ideal, dass ein Film besonders nah am Buch bleiben müsse. Für ihn sind die besten Literaturverfilmungen der Filmgeschichte genau die Produktionen, in denen der Roman als inspirierendes Material gesehen wird, das etwas im Regisseur auslöst. "Regisseure erschaffen dann eine eigene Welt." Im Idealfall sei der Film eine Fortschreibung, ein Paratext, der sich über den eigentlichen Text legt.
Stefan Stuckmann ist Drehbuchautor und nicht nur das: Er hat auch den berühmten Roman in der Schublade, der nicht fertig geworden ist. Für ihn ist die Aussicht, ein Werk in andere Hände zu geben nicht gruselig, sondern als Drehbuchautor völlig normal: "Film oder Fernsehen sind immer Teamwork." Die schwierige Aufgabe ist in seinen Augen nicht, möglichst nah an der Literaturvorlage zu bleiben, sondern deren Essenz zu erkennen und zu wissen, wie man diese am besten filmisch ausdrücken könnte. Mit uns spielt er in Gedanken durch, was man mit dem Stoff aus "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams hätte besser machen können.

Stärken und Grenzen

Entlang bekannter und auch nicht so bekannter Beispiele wie "Harry Potter", "Herr der Ringe", "Little Women" oder "Tschick" sprechen wir über gelungene und nicht so gelungene Verfilmungen, über die Lust am Lesen, die Vorteile des Films, die Macht der Inspiration und Bilder, die nicht nur im eigenen Kopf, sondern oft gerade auf der Leinwand zünden können. Aber auch über die Grenzen des Films, der es bis heute nicht wirklich schafft, so etwas wie Geruch rüberzubringen, wie man am Beispiel der Süskind-Verfilmung "Das Parfum" sieht.
Außerdem erzählt Patrick von der Literaturverfilmung "Berlin Alexanderplatz", die auch auf der Berlinale läuft. Regisseur Burhan Qurbani zeigt darin den Aufstieg eines Geflüchteten in Deutschland zum Drogenboss – eine sehr eigene Interpretation des Döblin-Romans. Was manche beeindruckt, andere eher abstößt.
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