Kultur in der Ukraine

Ein Museum im Krieg

Eine singende Frau steht mit ausgebreiteten Armen in einem Lichtkegel.
Zwei Wochen vor den jüngsten Angriffen Russlands: Aufführung einer Oper im Khanenko Museum. © imago-images / Ukrinform / Hennadii Minchenko
Yuliya Vaganova im Gespräch mit Vladimir Balzer · 18.10.2022
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Die jüngsten Angriffe Russlands auf Kiew haben auch eines der wichtigsten Museen des Landes beschädigt. Doch das Team lässt sich nicht unterkriegen. Direktorin Yuliya Vaganova erzählt, wie sich die Rolle des Museums im Krieg verändert hat.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine geht nun schon in den achten Monat. Die Museen im Land versuchen, sich auf die immer neuen Situationen einzustellen, geöffnet zu bleiben und den Menschen den Zugang zur Kunst zu bieten und damit auch die Möglichkeit zum Austausch.
Das Khanenko Museum (Museum der westlichen und orientalischen Kunst) in Kiew ist eines der wichtigsten Museen des Landes. Vor dem Krieg wurde dort Kunst aus mehreren Jahrhunderten gezeigt.

Eine Rakete schlug direkt neben dem Museum ein

Die jüngsten Angriffe Russlands auf die Hauptstadt hätten auch ihr Museum getroffen, erzählt Direktorin Yuliya Vaganova. Eine Rakete sei direkt neben dem Gebäude eingeschlagen und hätte die Fenster zerstört sowie das Glasdach.
Es sei deshalb viel Arbeit nötig, um das Museum winterfest zu machen und die Arbeit wieder aufnehmen zu können. Auch die Risse in den Wänden müssten noch genauer begutachtet werden.

Konzerte, Vorträge und eine kleine Bibliothek

Der Museumsbetrieb hat sich in den vergangenen Monaten grundlegend verändert: Die Kunstwerke im Museum seien bereits im Februar sicher verwahrt worden und könnten im Moment nicht besichtigt werden. „Wir haben unseren Besuchern Konzerte, Vorträge und eine kleine Bibliothek angeboten. Es sollte ein Ort sein, an dem man sich treffen und austauschen kann“, sagt Vaganova.
Besucherinnen und Besucher könnten auch durch das leere Museum laufen, um einen Umgang mit der tragischen Situation zu finden. In den leeren Räumen hätten in den vergangenen Monaten auch zeitgenössische Kunstprojekte und Performances stattgefunden. Zum Beispiel ein Projekt namens „Die Invasion der Soldaten“, eine Installation mit Zinnsoldaten, die die Frage aufwerfe, inwieweit Soldaten die Menschen verteidigen könnten.

„Es gibt keinen sicheren Ort in der Ukraine“

Sicherheit könne das Museum den Besucherinnen und Besuchern jedoch leider nicht versprechen, sagt Vaganova: „Leider gibt es keinen sicheren Ort in der Ukraine.“ Aber ihr Team lasse sich nicht unterkriegen. Bis die Fenster und das Dach repariert sind, werden sie auf die Menschen zugehen und auf der Straße über das Museum sprechen. „Die Kultur spielt eine große Rolle in diesem Krieg“, sagt Vaganova.
Die Museen und die Geschichten, die sie erzählten, seien ein Gegengewicht gegen russische Propaganda. In den vorübergehend besetzten Gebieten seien die Mitarbeiter der Museen und die Kulturarbeitenden deshalb in großer Gefahr.

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Auf die Frage, wie man die Kulturlandschaft der Ukraine unterstützen könne, sagt Vaganova: „Geben Sie uns eine Bühne und die Möglichkeit, über unsere Kultur zu sprechen.“ Eine Bühne unabhängig von Russland und Belarus, die Rede von den „Brudervölkern“ sei ein russisches Narrativ, die Ukraine ein völlig anderes, eigenständiges Land, sagt Vaganova.
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