Helmut Schmidt

"Hamburger von Geburt und von Weltanschauung"

Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) spricht am 26.05.2015 in seinem Büro in Hamburg
Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) am 26.05.2015 in seinem Büro in Hamburg © dpa / picture alliance / Christian Charisius
Von Verena Herb · 11.11.2015
In Hamburg-Barmbek geboren, blieb er seiner Heimatstadt immer eng verbunden. Für viele Bürger verkörperte Helmut Schmidt den Vorzeige-Hanseaten – verlässlich, direkt, manchmal etwas kantig, immer engagiert-kritisch, bis zuletzt sich zu Wort meldend.
"Ich bin nie neugierig auf komische Speisen gewesen. Nein, nein. Ich bin für Erbsensuppe und sowas."
"Ich habe mich zeit meines Lebens meiner Vaterstadt innerlich sehr verbunden gefühlt. Im Spaß habe ich immer gesagt, ich sei Hamburger von Geburt und von Weltanschauung."
Helmut Schmidt verkörpert den Vorbild-Hanseaten. Er stammt nicht aus einer ehrbaren Hamburger Patrizierfamilie, aber er steht für ihre Tugenden:
"Dazu gehört einerseits die bürgerliche Solidität. Dazu gehört – am anderen Ende der Skala der Eigenschaften – der Blick nach draußen in die Welt. Und dazwischen liegt eine Vielfalt von Eigenschaften."
… die des Hanseaten eben: Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Bürgersinn. "Ich bin Hanseat und werde es bleiben", sagte Helmut Schmidt immer.
"Wenn Sie als Zwölfjähriger in Eimsbüttel oder in Barmbek auf'n Fußballplatz gegangen sind und haben zugeguckt, wenn die Leute aus der 3. oder 4. Klasse Fußball gespielt haben, und dann sind Sie mit dem HSV groß geworden (…) Der bleibt'n HSVer. Und ich bleib'n Sozi."
Helmut Schmidt wird 1918 geboren. Einen Tag vor Heilig Abend. Der Erste Weltkrieg ist zu Ende, das deutsche Kaiserreich Geschichte. Der Vater – Studienrat und Handelslehrer – erzieht seinen Sohn streng. Im Hause Schmidt macht man Hausmusik, und Helmut wird zum Klavierunterricht geschickt:
"Ich war erstens zu faul zum Üben. Und außerdem war der Weg zur Klavierstunde, der Fußweg zu lang. Ich habe zwar nicht gelitten, aber ich war gar nicht begeistert von dem Klavierunterricht."
Helmut Schmidt besucht die Hamburger Lichtwarkschule, macht dort 1937 Abitur. Er war nach eigenem Bekunden "innerlich auf den Beruf des Städtebauers, auch des Architekten vorbereitet." Doch der Zweite Weltkrieg machte diese Pläne zunichte. Schmidt muss zum Reichsarbeitsdienst, als Wehrpflichtiger zur Flakartillerie. 1941/41 kämpft er an der Ostfront in einer Panzerdivision:
"Hamburg hat mich im entscheidenden Maße erzogen und geprägt. Als ich im Juni 1943 eher zufällig einen Tag nach der Vollendung der Zerstörung als Soldat in die Stadt kam, um nach unseren Eltern und Schwiegereltern und Geschwistern zu suchen, da hatten alle in den beiden Familien das Glück gehabt, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Aber ansonsten war alles verbrannt. Unsere Bücher, Noten, Fotos ... all unsere Habe. Einige unserer Wohnungen schwelten noch. Und es roch nach verbranntem Fleisch. Ich werde den überwältigenden Eindruck nicht vergessen. Aber ebenso wenig werde ich die vielfältige Bereitschaft zu gegenseitiger Hilfe vergessen. Der Katastrophe zum Trotz waren die Hamburger miteinander solidarisch."
Doch der Krieg ist noch nicht vorbei. Helmut Schmidt wird an der Westfront eingesetzt, ist zuletzt Oberleutnant der Reserve und Batteriechef.
"In einem langen Leben hat man vielerlei erlebt, vielerlei Scheiße auch erlebt. Schreckliche Dinge ... die ganze Nazizeit. Ich habe während der Nazizeit und während des Krieges nicht wirklich damit gerechnet, dass Deutschland wieder normal werden würde."
Loki und Helmut Schmidt 1974 im Garten des Bonner Kanzleramtes
Loki und Helmut Schmidt 1974 im Garten des Bonner Kanzleramtes© dpa / picture alliance / Heinz Wieseler
Sie gehen zusammen zur Schule: Helmut Schmidt und Hannelore Glaser, genannt Loki.
Loki: "Freundschaft ist ziemlich zu Anfang schon entstanden. Obwohl ich die Längste in der Klasse war, und mein Mann war einer der Kleinsten. Aber wir haben immer gesagt: Wir können uns so schön zanken. Das Wort 'diskutieren' benutzte man früher nicht. Wir haben uns also über Gott und die Welt unterhalten. Und das ist ja wohl 'ne Grundlage für 'ne Freundschaft."
Aus der Liebe wird...
Loki: "Den ersten Kuss habe ich, glaube ich, gekriegt, als mein Mann 15 war."
Es ist eine Liebe, die fast 80 Jahre hält – mit vielen Höhen und Tiefen. Als die Schmidts 1942 heiraten, wünschen sie sich eine große Familie. Das erste Kind, ein Sohn, wird 1944 geboren. Er stirbt nach einem halben Jahr.
(Loki) "Nach fünf Fehlgeburten und einem als Säugling gestorbenen ..." (Helmut Schmidt) Ja, der Junge ist auch nur ein halbes Jahr alt geworden … (Loki) … sind wir froh, dass wir eine Tochter haben."
Susanne, die 1949 zur Welt kommt.
Schmidt: "Wenn eine Ehe so lange hält, ist das in den meisten Fällen wohl mehr das Verdienst der Ehefrau als des Ehemannes."
Hamm-Brücher: "Der Helmut Schmidt wäre ohne Loki natürlich nicht der Helmut Schmidt."
Hildegard Hamm-Brücher, FDP. 1976 bis 1982 Staatsministerin im Auswärtigen Amt.
Schmidt: "Loki und ich, wir kennen uns seit 70 Jahren. Und seit 56 Jahren sind wir verheiratet. Da können sich Lafontaine und Schröder 'ne Stange von abschneiden ..."
… sagt Helmut Schmidt 2003 auf der Bühne des Thalia Theaters anlässlich seines 85. Geburtstags. Jeder weiß: Die Ehe zwischen Loki und Helmut Schmidt ist etwas Besonderes. Zumal:
Schmidt: "Ich bin vom Typus her ein Norddeutscher, der seine Emotionen einigermaßen für die Außenwelt unter Kontrolle hält."
Loki: "Wir kennen uns inzwischen so genau, dass wir eigentlich schon vorher wissen, was der andere denkt. Wir gehören zusammen, und da gibt's gar nichts."
Loki Schmidt stirbt am 21. Oktober 2010 im Alter von 91 Jahren. Die beiden waren 68 Jahre verheiratet.
Schmidt: "Sie war eine Person aus eigenem Recht. Und nicht etwa, weil sie die Ehefrau des ehemaligen Politikers ..."
1949 beginnt Helmut Schmidt zunächst als Referent, später als Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung in der Behörde für Wirtschaft und Verkehr in Hamburg. 1953 wird er erstmals für die SPD in den deutschen Bundestag gewählt.
Ab 1957 ist Helmut Schmidt Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD und gilt nicht nur wegen seiner rhetorischen Begabung bald als einer der profiliertesten Vertreter der jüngeren Generation im Deutschen Bundestag. Klaus Bölling:
"Er konnte manchmal als Jüngerer auch sehr schneidig sein, weshalb er auch diesen Spitznamen bekommen hat: Schmidt-Schnauze."
v. Weizsäcker: "Er ist in die Politik gegangen nicht in erster Linie mit dem Ziel, eine Karriere vor Augen zu haben und immer weiter zu steigern, sondern in diesem moralisch und materiell zerstörten Vaterland einen Stein nach dem anderen wieder aufzustellen, daran sich zu beteiligen."
... so der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker.
Die Bundeswehr an die Elbe beordert
Februar 1962. In der Nacht vom 16. auf den 17. meldet Hamburg Land unter.
Um Mitternacht heulen in Hamburg die Sirenen, alle Kirchenglocken läuten. Die Flutwelle hat den Hafen längst erreicht, fünf Minuten später brechen die Deiche. Eine halbe Stunde später sind die Dämme an mehr als 50 Stellen gebrochen. Hamburgs Süden versinkt in den Fluten. Wassermassen überraschen die Anwohner im Schlaf.
Anwohner 1: "Die Flut ist so plötzlich aufgetreten, dass wir nur noch rennen konnten zum Schluss." Anwohner 2: "Da konnten wir nur noch in aller Eile die nötigsten Sachen zusammenraffen und sind dann einen Stock höher gegangen. Und da drüben sind dann zwei Kinder in letzter Minute gerettet worden. Da wurde die Tür eingeschlagen, also die haben noch geschlafen. Also da war das Wasser schon im Bett, und da haben sie die im Nachthemd hochgetragen."
80.000 Menschen werden von den Fluten eingeschlossen, die meisten im südlichen Wilhelmsburg und Waltershof. Auch die Behörden sind von dem Ausmaß der Katastrophe überrascht.
Helmut Schmidt ist zu jener Zeit Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Bei der Flutkatastrophe im Februar '62 trifft er eine Entscheidung, die ihn in Hamburg zum Helden werden lässt. Ohne eine gesetzliche Grundlage beordert er die Bundeswehr an die Elbe.
Schmidt: "Ich habe mich um die Gesetze nicht gekümmert. Ich hab auch nicht erst 'nen Juristen gefragt, ob ich das darf. Oder ob ich das nicht darf. Ich habe das Grundgesetz nicht angeguckt in jenen Tagen."
Statt dessen bittet er auch die Oberbefehlshaber der ehemaligen Besatzungsmächte um Hilfe:
"Da kam mir sehr zustatten, dass ich alle die höheren militärischen Führer der NATO in Europa persönlich kannte. Ich habe die alle persönlich angerufen und habe gesagt: Ihr müsst sofort helfen. Die haben gedacht, ich bin verrückt. Und ich habe dann insistiert. Und die haben dann auch alle tatsächlich geholfen. Wissen Sie, dies war ein übergesetzlicher Notstand. Jedenfalls mein engster Mitarbeiter und ich, wir haben es so angesehen, und haben uns in vielen Fällen über bestehende Gesetze hinweggesetzt. Was man ja in einem solchen Naturkatastrophenfall auch leicht kann. Und deswegen hat's keine Unterstellungsprobleme gegeben."
Es ist der erste zivile Inlandseinsatz deutscher Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg.
Weizsäcker: "Dort einzugreifen und alle Kräfte im Senat zusammen zu bündeln, ohne Rücksicht darauf, für welche Teile des Senats er eigentlich selber wirklich zuständig war, das zeigt seine Fähigkeit, die Verantwortung zu erkennen und ihr gemäß zu handeln."
Peter-Heinz Müller-Link ist Bausenator und zuständig für die Justiz im SPD-FDP-Senat in Hamburg Anfang der 60er-Jahre. Ein Senatskollege des damaligen Innensenators Helmut Schmidt. Der Freie Demokrat schätzte Schmidt sehr als politischen Kollegen:
"Also Helmut Schmidt gehört zu den Leuten, bei denen ich eigentlich immer sicher gewesen bin, dass – wenn man etwas vereinbart – man sich auch darauf verlassen kann, dass er dazu steht und nicht hinterher Ausflüchte sucht oder sagt: Das habe ich nie gesagt."
Erst Verteidigung, dann Wirtschaft
Helmut Schmidt macht sich als Krisenmanager bei der Hochwasserkatastrophe 1962 einen Namen. Seine politische Karriere gewinnt an Fahrt. Er wird SPD-Bundesfraktionsvorsitzender, im März 1968 dann stellvertretender Vorsitzender der SPD. Sein Fokus richtet sich verstärkt auf die Bundespolitik in Bonn. Unter dem ersten sozialdemokratischen Kanzler Willy Brandt wird er 1969 zunächst Verteidigungsminister, 1972 Bundeswirtschaftsminister. Die Affäre um den DDR-Agenten Günter Guillaume im Bundeskanzleramt führt am 7. Mai 1974 zum Rücktritt Brandts. Schmidt wird sein Nachfolger:
"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mit Gott helfe."
v. Weizsäcker: "Das lief mit einer gewissen Notwendigkeit auf Helmut Schmidt zu."
Bölling: "Er war die stärkste Figur im Kabinett von Willy Brandt gewesen."
Apel: "Es war ja eine ökonomisch extrem schwierige Zeit. Und es war ein Wechsel, der genau passte. Es kam von dem großen Visionär ökonomisch wenig über. Und dann kam ein Ökonom, der unser Land fest in die Hand nahm und damit auch die SPD und die Bundespolitik."
Es ist die Krönung der politischen Laufbahn von Helmut Schmidt. Hans Apel, der Hamburger Weggefährte und spätere Finanz- und Verteidigungsminister, weiß noch gut um die Autorität, die Helmut Schmidt ausstrahlte:
"Es war immer so: Boss und Geselle. Ich habe als Finanzminister dann zwar eigene Konturen entwickelt, aber es war immer noch Boss und Minister."
Hildegard Hamm-Brücher, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, erinnert sich lebhaft an die Kabinettssitzungen mit dem Bundeskanzler:
"Die erste halbe Stunde war er immer grantig und noch müde, fing nämlich immer um 9 Uhr an, aber dann kam er in Fahrt und war ein ausgezeichneter Moderator."
Frankreichs Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (links) und Bundeskanzler Helmut Schmidt am 16.6.1977 im Bundeskanzleramt in Bonn
Frankreichs Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (links) und Bundeskanzler Helmut Schmidt am 16.6.1977 im Bundeskanzleramt in Bonn© dpa / picture alliance / Alfred Hennig
Führende Politiker im westlichen Ausland schätzen Schmidts Sachkunde und Tatkraft insbesondere in wirtschaftlichen Fragen. Seine guten Beziehungen zum französischen Präsidenten Valéry Giscard d`Estaing gelten als beispielhaft. Schmidt reist international, trifft – gemeinsam mit seiner Frau Loki – die politischen Führer der Welt und lädt viele von ihnen zu sich ein. Ins backsteinerne Reihenhaus in Hamburg-Langenhorn. Weil …
"… man sich in privater Atmosphäre schneller nahe kommt als in Sitzungssälen."
Langenhorn, mit seinen kleinen gepflegten Vorgärten, kaum Verkehr auf der Straße. Von Prunk und Protz keine Spur. Ob als Bundestagsabgeordneter, als Innensenator oder Minister oder gar als Bundeskanzler, Schmidt sieht keinen Grund umzuziehen. Eine prunkvolle Villa, vielleicht sogar außerhalb Hamburgs? Für den Hanseaten unvorstellbar. Es macht ihm Spaß, den ausländischen Besuchern seine Vaterstadt Hamburg zu zeigen:
"Von Valéry Giscard d'Estaing oder König Juan Carlos bis zu Henry Kissinger und bis zu Leonid Breschnew habe ich viele ausländische Staatsmänner unsere Stadt erleben lassen. An der Seite Paul Nevermanns war ich bereits für Charles de Gaulles Sicherheit verantwortlich gewesen, als er hier zu Besuch war. Aber ebenso stolz habe ich dann Gerald Ford oder François Mitterand hier in Hamburg empfangen. Und die haben Bauklötze gestaunt."
Herzstillstand und Misstrauensvotum
Während die allgemeine Popularität Schmidts weiter wächst, nimmt der Widerstand in der SPD gegen seine Politik, vor allem in Rüstungs- und Energiefragen, zu. 1980/1981 konzentrieren sich die Debatten auf den NATO-Nachrüstungsdoppelbeschluss für Mittelstreckenraketen. Schmidt droht mit Rücktritt.
Im Oktober wird er mit dramatischen Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus eingeliefert, bekommt einen Herzschrittmacher:
"Mehrere Male Herzstillstände. Und wenn man wieder zu Bewusstsein kam, die Unfähigkeit, sich zu orientieren. Manches hatte man vergessen, was unmittelbar passiert war. Man musste sich mühselig wieder zurecht finden."
Schmidt findet sich wieder zurecht, kehrt zurück aufs politische Parkett. Doch nicht lange. Im Herbst 1982, nach achtjähriger Kanzlerschaft, läuft die FDP zur CDU über und stürzt Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum:
"Ich habe der sozialliberalen Koalition 13 Jahre lang gedient. Ich habe dies aus Überzeugung und mit innerer Befriedigung getan, weil ich wusste, dass dies ein notwendiger Dienst an unserem Land und an der geteilten Nation war. Aber heute richten wir Sozialdemokraten den Blick nach vorne. Jeder Mann darf und jeder Mann muss mit unserer Stetigkeit rechnen."
Der Christdemokrat Helmut Kohl löst Schmidt als Bundeskanzler ab.
Publizist, Essayist, Musikliebhaber
Im Mai 1983 wird er Mitherausgeber der ZEIT. Vier Jahre noch nimmt er sein Bundestagsmandat wahr und bleibt der SPD in kritischer Solidarität verbunden. Er hält Vorträge und publiziert Zeitungsartikel und Essays. Gerne und oft in der ZEIT. Fast 30 Bücher hat er geschrieben, nie jedoch seine Memoiren:
"Memoiren will ich sowieso nicht schreiben, weil sie eine Verlockung darstellen, die eigene Nase vielleicht noch schöner zu machen, als sie eigentlich ist."
Worüber er aber sicherlich schreiben würde: die Musik. Denn auch wenn Helmut Schmidt in jungen Jahren den Klavierunterricht nicht mochte, ist er doch ein faszinierter Pianist geworden:
"Es macht mir einfach Spaß. Was brauchen Sie dafür noch ein intellektuell formuliertes Motiv, wenn einer sagt, es macht ihm Spaß."
Doch zuletzt kann er die Liebe zur Musik nicht mehr leben. Sein Gehör lässt nach:
"Richtig ist, dass Bach für mich einer der wichtigsten, vielleicht d e r wichtigste Komponist ist. Aber ich müsste sagen: gewesen ist, denn ich kann heute Musik nicht mehr hören. Ich kann heute nur noch ein Soloinstrument hören, aber kein Klavier. Ich kann keine Orchestermusik und kein Quartett mehr hören ... Das ist für mich eine Tragödie. Da das Ganze schon seit einem Jahrzehnt so ist, habe ich mich dran gewöhnt, aber ... mit Schmerzen."
Helmut Schmidt hat viele Auszeichnung und Preise erhalten. Das Bundesverdienstkreuz lehnte er stets ab mit dem Hinweis: Er habe nur seine Pflicht getan. Ein Jahr nach dem Ende seiner Kanzlerschaft wird ihm die für ihn wohl bedeutendste Ehre zuteil: 1983 wird er Ehrenbürger seiner geliebten Freien und Hansestadt Hamburg.
Klaus von Dohnanyi: "Der Senat verleiht die Ehrenbürgerrechte an Helmut Schmidt als Dank seiner Vaterstadt, wie es in der Urkunde heißt, dafür, dass er in der Pflicht politischer Arbeit das internationale Ansehen unseres Landes gefestigt hat und maßgeblich dazu beitrug, dass die Bundesrepublik Deutschland heute eine starke Demokratie und eine führende Industrienation ist."
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