Eine Messe für Preisträger

Von Dirk Fuhrig |
Neben einer Messe für die Leser ist Leipzig auch eine Messe für Preisträger. Der Messe-Freitag ist traditionell ein Kulminationspunkt des Preis-Geschehens. So gaben unter anderen die Literaturhäuser ihren Lieblingsautor bekannt und die Stadt Leipzig verlieh ihren Gutenberg-Preis an den Buchgestalter Alvaro Sotillo aus Venezuela.
Die Leipziger Bücherschau, so heißt es immer, ist eine Messe für Leser. Dabei wird vergessen, dass sie vor allem auch eine Messe für Preisträger ist. Immer mehr Stiftungen, Verbände und andere Institutionen haben sich in den vergangenen Jahren Leipzig als Forum gewählt für die feierliche Überreichung von Urkunden, jeweils verbunden mit einer mehr oder weniger schönen Laudatio und meist mit einem Scheck.

Der Messe-Freitag ist traditionell ein Kulminationspunkt des Preis-Geschehens. Auch in diesem Jahr. So gaben die Literaturhäuser ihren Lieblingsautor bekannt, die Nominierungen für den Jugendliteraturpreis wurden veröffentlicht und die Stadt Leipzig verlieh ihren Gutenberg-Preis an den Buchgestalter Alvaro Sotillo aus Venezuela – weil er so geschmackvolle, so moderne Bücher herstellt.

Auszeichnen lässt sich eben alles mögliche rund um das Buch und die Buchproduktion. Den Anfang im Preisreigen machte am Mittag eine nach dem Verleger Kurt Wolff benannte Auszeichnung, die an den Weidle-Verlag aus Bonn ging.

Der Verleger bedankte sich enthusiastisch für die 26.000 Euro Fördergeld.

Stefan Weidle:" Unser Problem als kleine Verlage ist, dass wir zwar alle möglichen guten Ideen haben, aber keine Zeit. Wir kriegen fast nie gemeinsame Aktionen hin, einfach weil wir die Möglichkeit nicht haben, uns dafür Zeit abzuknapsen. Und dafür ist die Kurt-Wolff-Stiftung ein idealer Anlaufpunkt, weil Aktivitäten koordiniert werden können. Wo man einfach sich als kleiner Verlag zu Hause fühlt."

Die kleinen Verlage liegen der Wolff-Stiftung, die vor fünf Jahren vom damaligen Kulturstaatsminister Naumann ins Leben gerufen wurde, besonders am Herzen. Manfred Metzner, Vorsitzender der Stiftung, hob die Bedeutung des verlegerischen Unterbaus hervor:

" Die unabhängigen Verlage in Deutschland sind der wunderbarste Ausdruck einer kulturellen Vielfalt, die uns ja auch immer wieder von den Politikern bestätigt wird, die aber aktuell sehr gefährdet ist, da die radikalen Veränderungen auf dem Buchmarkt und im Kultursektor sich ja auch auswirken auf den Rückgang von Bücherkauf und auf die Ausdünnung von Programmen. "

26.000 Euro – damit kann ein kleiner Independent-Verlag wie Weidle, der sich mit Literatur von Exilanten einen Namen gemacht hat, viel anfangen und das eigenständige, anspruchsvolle Programm pflegen. Auch ansonsten sind die unabhängigen Verlage präsent auf der Messe. In Diskussionsveranstaltungen machen sie diesmal besonders auf sich aufmerksam.
Die Literatur-Kritik will ebenfalls gepflegt sein. Um "Verflachungs"-Tendenzen in den Medien gegenzusteuern, gibt es den Alfred-Kerr-Preis. Zum 28. Mal verlieh ihn heute das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels. Dessen Chefredakteur Hendrik Marggraf ist gleichzeitig Vorsitzender der Jury.

Hendrik Marggraf: " Er versteht sich als eine Art Gegenstimme gegen die, die Kritik generell verunglimpfen oder den Tod vorausgesagt haben. Er fördert und lobt die Kritik in dem Sinne, dass er die Kritik als zentralen Ort der ästhetischen Debatte und der Literaturvermittlung versteht. "

Geehrt wurde der Leiter des Literaturteils der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Hubert Spiegel.
Aus einem kleinen Verlag stammt auch eine der interessantesten Neuerscheinungen dieses Bücherfrühlings. Matthes und Seitz aus Berlin hat "Die Signatur des Krieges" herausgebracht – Aufzeichnungen des Kriegesreporters Claus Christian Malzahn, der im Auftrag der "taz", vor allem aber für den "Spiegel", über Jahre hinweg in den Krisengebieten der Welt unterwegs war.

Claus Christian Malzahn: " Das Buch ist ein persönlicher Zugang. Ich hab nicht nur beschrieben, was da passiert ist, sondern auch, wie sich das angefühlt hat. Was ich versucht habe: den Blick von kleinen Leuten einzunehmen, die unter Kriegen leiden. Die Leute, die Kriege erleben müssen, stellen ja das leben nicht ein. Da wird nach wie vor auch gelacht, es werden Witze gemacht, es werden Kinder geboren, und manchmal erlebt man sogar witzige Situationen. "

Ein engagiertes Buch - heute in den Messehallen vorgestellt, aber noch zu druckfrisch, um in Leipzig schon für eine Auszeichnung in Frage zu kommen.

Doch noch ein Preis in Leipzig heute: Im Laufe des Abends wurde während der "ARD-Radionacht der Bücher" unter Publikumsbeteiligung der "Hörkules" ermittelt. Hörbücher – noch ein Stichwort für Leipzig. Diesem immer beliebter werdenden Sektor räumt die Messe auch in diesem Jahr wieder sehr viel Raum ein. Rainer Schmitz, Kulturredakteur von "Focus" und Mitglied der Hörbuch-Jury des Hessischen Rundfunks:

" Die Maßgabe bei Hörbuch ist: Es muss mindestens 50 Prozent Wort sein, dann wird es als Hörbuch eingestuft. Und was die Experimente betrifft: Das Experimentierfeld ist völlig offen. Es ist alles machbar, von einer reinen Lesung eins zu eins, bis zu Hörspielbearbeitungen, bis zu Auszügen, bis zu Trailern und so weiter ist alles denkbar. Und dass diese Vielfalt möglich ist, ist das, was mir an diesem ganzen Markt so viel Spaß macht und das Interesse auch weiterhin am Leben erhalten wird. "

Leipzig gilt mittlerweile als wichtigster Treffpunkt für die Hörbuchbranche und die innovativen Ideen der Hörbuchmacher. Dass das Interesse ungebrochen ist, zeigt sich auch an den Hörbuch-Marathons, für die die Stadt und die Messe in diesem Jahr ganz neue Veranstaltungsorte aufgeschlossen haben.
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