Das Handwerk des Schreibens lernen
Kreatives Schreiben zu lehren, hat im englischsprachigen Raum, vor allem in Amerika, eine lange Tradition. Hier geht man viel pragmatischer mit dem Romaneschreiben um. "Der Hauptfehler ist, den Leser zu vergessen …", referierte die englische Bestsellerautorin Patricia Duncker ("Die Germanistin") auf dem ersten Internationalen Kongress für Literarisches Schreiben im Rahmen der Leipziger Buchmesse.
Manchmal scheint es, dass jeder irgendwie abends zu Hause vor sich hinschreibt. Ein Gedichtlein hier, eine Novelle dort, manchmal auch gleich ein Roman. Einige glauben es zu können - einfach so - andere wollen es lernen. Ob's hilft?
Patricia Duncker: "Talent kann man nicht erlernen. Aber die Methode schon."
Patricia Duncker schränkt ein. Sie sagt das, was alle Referenten feststellen bei dieser Leipziger Tagung: Die Sprache kann man als Material begreifen, mit dem man seine Ideen formulieren kann, aber die Ideen selbst, den Atem eines Textes, den muss man schon selber finden.
Die Engländerin Patricia Duncker ist Bestsellerautorin, in Deutschland bekannt geworden mit ihrem Roman "Die Germanistin". Sie ist auch eine viel gefragte Lehrerin für kreatives Schreiben, eine Tradition, die im englischsprachigen Raum, vor allem in Amerika, tief verwurzelt ist. Hier geht man viel pragmatischer mit dem - anderswo gern unter Genieverdacht gestellten - Romaneschreiben um.
Studenten jedweder Fachrichtung in Großbritannien und den USA müssen vom ersten Tag an Texte schreiben, die erzählerisch sein sollen. Einige wenige bewerben sich dann bei Patricia Duncker, an der University of East Anglia im ostenglischen Norwich, wo sie kreatives Schreiben unterrichtet. Sie zitiert gerne Charles Dickens.
Spannung, immer wieder Spannung. Patricia Duncker beobachtet bei vielen ihrer Studenten, dass sie die Spannung bis zum Ende ihres Textes nicht halten können. Und hier ihr erster Tipp: Lieber Autor, überlegen Sie sich vorher, wie Ihr Text enden soll. Dazu sollten Sie schon etwas gelebt haben. Teenies nimmt Patricia Duncker nicht in ihre Kurse auf. Man sollte das Leben kennen, um darüber zu schreiben, sagt sie. Das heißt auch: viel gelesen zu haben.
Der angehende Schriftsteller oder die angehende Schriftstellerin sollte gemerkt haben, dass Literatur ein Akt der Kommunikation ist.
"Vor allem bei jungen Autoren, die denken immer: "Ich bin Autor, ich schreibe!" Aber wer liest?"
Da heißt es aufrütteln für Patricia Duncker. Willkommen in der Wirklichkeit.
"Der Hauptfehler ist, den Leser zu vergessen…"
Schreiben lehren ist jedenfalls anstrengend. Das bestätigen alle bei dieser Tagung, einige mit einem Seufzer, nach dem der Satz folgt: "Psychotherapeut muss man auch noch sein."
"Deswegen zögere ich, das wieder zumachen, weil ich kein Psychotherapeut sein will, ich will schon bei der Dichtung bleiben."
Gert Jonke, der vor 30 Jahren als junger Mann Bachmann-Preisträger war und heute ein angesehener Theaterautor in Österreich ist, hat es versucht, drei Jahre lang einer kleine Gruppe von ambitionierten Jungautoren das Novellenschreiben beizubringen. Novelle deshalb, weil der Umfang der Arbeit absehbar ist.
Schon allein deshalb, weil ein suchender Jungautor psychologische Betreuung braucht. Denn letztendlich geht es für Gert Jonke um nichts geringeres, als um das Finden der eigenen Identität, wenn auch der ästhetischen Identität.
Hilfe zur Selbsthilfe, das könnte Schreibenlernen bringen. Das Finden des eigenen Tons, das Erkennen der Mittel, mit dem man ihn schafft. Dazu muss man in seinen Kopf hineingucken. Dort finden sich - wenn man Glück hat - die Geheimnisse, die man sucht.
"Die Erforschung des Kopfes bringt Neuigkeiten, immer wieder Neuigkeiten. Da reicht ein Leben nicht aus, um den Kopf zu erforschen."
Und dort, im eigenen Kopf, erhofft sich Gert Jonke für seine Schüler auch deren Gefühle. Gefühle im Kopf und Gedanken im Herzen. Noch so eine anthropologische Schwerstarbeit, um schreiben zu können.
"Wenn der Verstand kein Gefühl hat und das Gefühl keinen Verstand und– dann sind beide zum schmeißen. "
So viel Menschwerdung erwartet jemand wie Amir Or nicht. Der Israelische Lyriker ist Chef einer Schreibschule in Tel Aviv, die zu den angesehensten im Nahen Osten gehört. Helicon heißt sie. Hier wird zweisprachig gelehrt: Arabisch und Hebräisch.
"Folgendes kann passieren: Ein Araber, der in einem Flüchtlingscamp groß geworden ist, muss ein arabisches Gedicht ins Hebräische übersetzen - für seinen Mitstudenten, einen israelischen Soldaten. Und umgekehrt."
Auch das heißt schreiben lernen. Am Ende eines Kurses kennen Amir Ors Schüler die Gesetze ihres eigenen Schreibens und interessieren sich kaum mehr dafür, ob sie Araber oder Juden sind. Auch wenn hier die Sprache automatisch eine politische Funktion bekommt, so gilt auch für die Schule von Amir Or:
"Ich kann niemandem Talent schenken. Aber ich kann sagen, mit welchen Mitteln man Talent entwickeln kann. Das ist alles. Aber das ist schon viel."
Patricia Duncker: "Talent kann man nicht erlernen. Aber die Methode schon."
Patricia Duncker schränkt ein. Sie sagt das, was alle Referenten feststellen bei dieser Leipziger Tagung: Die Sprache kann man als Material begreifen, mit dem man seine Ideen formulieren kann, aber die Ideen selbst, den Atem eines Textes, den muss man schon selber finden.
Die Engländerin Patricia Duncker ist Bestsellerautorin, in Deutschland bekannt geworden mit ihrem Roman "Die Germanistin". Sie ist auch eine viel gefragte Lehrerin für kreatives Schreiben, eine Tradition, die im englischsprachigen Raum, vor allem in Amerika, tief verwurzelt ist. Hier geht man viel pragmatischer mit dem - anderswo gern unter Genieverdacht gestellten - Romaneschreiben um.
Studenten jedweder Fachrichtung in Großbritannien und den USA müssen vom ersten Tag an Texte schreiben, die erzählerisch sein sollen. Einige wenige bewerben sich dann bei Patricia Duncker, an der University of East Anglia im ostenglischen Norwich, wo sie kreatives Schreiben unterrichtet. Sie zitiert gerne Charles Dickens.
Spannung, immer wieder Spannung. Patricia Duncker beobachtet bei vielen ihrer Studenten, dass sie die Spannung bis zum Ende ihres Textes nicht halten können. Und hier ihr erster Tipp: Lieber Autor, überlegen Sie sich vorher, wie Ihr Text enden soll. Dazu sollten Sie schon etwas gelebt haben. Teenies nimmt Patricia Duncker nicht in ihre Kurse auf. Man sollte das Leben kennen, um darüber zu schreiben, sagt sie. Das heißt auch: viel gelesen zu haben.
Der angehende Schriftsteller oder die angehende Schriftstellerin sollte gemerkt haben, dass Literatur ein Akt der Kommunikation ist.
"Vor allem bei jungen Autoren, die denken immer: "Ich bin Autor, ich schreibe!" Aber wer liest?"
Da heißt es aufrütteln für Patricia Duncker. Willkommen in der Wirklichkeit.
"Der Hauptfehler ist, den Leser zu vergessen…"
Schreiben lehren ist jedenfalls anstrengend. Das bestätigen alle bei dieser Tagung, einige mit einem Seufzer, nach dem der Satz folgt: "Psychotherapeut muss man auch noch sein."
"Deswegen zögere ich, das wieder zumachen, weil ich kein Psychotherapeut sein will, ich will schon bei der Dichtung bleiben."
Gert Jonke, der vor 30 Jahren als junger Mann Bachmann-Preisträger war und heute ein angesehener Theaterautor in Österreich ist, hat es versucht, drei Jahre lang einer kleine Gruppe von ambitionierten Jungautoren das Novellenschreiben beizubringen. Novelle deshalb, weil der Umfang der Arbeit absehbar ist.
Schon allein deshalb, weil ein suchender Jungautor psychologische Betreuung braucht. Denn letztendlich geht es für Gert Jonke um nichts geringeres, als um das Finden der eigenen Identität, wenn auch der ästhetischen Identität.
Hilfe zur Selbsthilfe, das könnte Schreibenlernen bringen. Das Finden des eigenen Tons, das Erkennen der Mittel, mit dem man ihn schafft. Dazu muss man in seinen Kopf hineingucken. Dort finden sich - wenn man Glück hat - die Geheimnisse, die man sucht.
"Die Erforschung des Kopfes bringt Neuigkeiten, immer wieder Neuigkeiten. Da reicht ein Leben nicht aus, um den Kopf zu erforschen."
Und dort, im eigenen Kopf, erhofft sich Gert Jonke für seine Schüler auch deren Gefühle. Gefühle im Kopf und Gedanken im Herzen. Noch so eine anthropologische Schwerstarbeit, um schreiben zu können.
"Wenn der Verstand kein Gefühl hat und das Gefühl keinen Verstand und– dann sind beide zum schmeißen. "
So viel Menschwerdung erwartet jemand wie Amir Or nicht. Der Israelische Lyriker ist Chef einer Schreibschule in Tel Aviv, die zu den angesehensten im Nahen Osten gehört. Helicon heißt sie. Hier wird zweisprachig gelehrt: Arabisch und Hebräisch.
"Folgendes kann passieren: Ein Araber, der in einem Flüchtlingscamp groß geworden ist, muss ein arabisches Gedicht ins Hebräische übersetzen - für seinen Mitstudenten, einen israelischen Soldaten. Und umgekehrt."
Auch das heißt schreiben lernen. Am Ende eines Kurses kennen Amir Ors Schüler die Gesetze ihres eigenen Schreibens und interessieren sich kaum mehr dafür, ob sie Araber oder Juden sind. Auch wenn hier die Sprache automatisch eine politische Funktion bekommt, so gilt auch für die Schule von Amir Or:
"Ich kann niemandem Talent schenken. Aber ich kann sagen, mit welchen Mitteln man Talent entwickeln kann. Das ist alles. Aber das ist schon viel."