Jan Stremmel über "Drecksarbeit"

Schuften für den Wohlstand anderer

06:02 Minuten
In einer Gerberei in Bangladesch färben Männer Leder.
Für Firmen und Konsumenten lohnt sich die Produktion in Entwicklungsländern. Doch für die Arbeiter ist sie oft riskant und sie verdienen wenig. © picture alliance / ZUMAPRESS.com / Zakir Hossain Chowdhury
Jan Stremmel im Gespräch mit Axel Rahmlow · 04.01.2022
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Was bei uns billig verkauft wird, dafür haben andere oft einen hohen Preis gezahlt. Der Journalist Jan Stremmel hat Reportagen über "Drecksarbeit" weltweit geschrieben. Die Konsumenten für die Zustände verantwortlich zu machen, hält er für falsch.
Der Journalist Jan Stremmel hat Rosen gepflückt, Grillkohle abgefüllt, die letzten Fischer vom Aralsee begleitet und war auf Kaffeeplantagen unterwegs – alles „Drecksjobs“. So hat er sein Reportagebuch genannt, in dem er „Geschichten aus dem Maschinenraum unseres bequemen Lebens“ erzählt.
Sein schlimmster Job? In einer Textilfärberei in Kalkutta, wo Männer nur mit einem Lendenschurz bekleidet mit giftigen Chemikalien Textilien färben, die in deutschen Discountern verkauft werden. „Es war absolut schockierend“, sagt er. „Ich musste meinen eigenen Würgereiz unterdrücken, weil ich diesen Geruch nicht gewohnt war. Ich habe mir auch den Fuß verätzt, weil ich nicht wusste, dass man dabei keine Schuhe tragen darf, sondern barfuß arbeiten muss, damit man diese Laugen immer wieder vom Fuß abwaschen kann. Es war schrecklich.“
Buchcover zu "Drecksarbeit"
Jan Stremmel hat für sein Buch "Drecksarbeit" die Orte besucht, die direkt mit unserem Konsum zusammenhängen.© Knesebeck Verlag
Stremmel hält nichts davon, den Konsumenten die Verantwortung für diese Missstände zu geben, wie es seiner Ansicht nach die Lobby der Industrie tut, indem sie behauptet, die Menschen wollten billig kaufen. Viele könnten es sich aber einfach nicht leisten, fair und nachhaltig hergestellte Dinge zu konsumieren, so der Journalist.
„Ich habe mir abgewöhnt, beim Einkaufen auf den Preis zu gucken. Ich kaufe nichts mehr, weil es günstig ist,“ sagt Stremmel. Dadurch gebe er deutlich mehr Geld aus als vor seinen Recherchen.

Lieferkettengesetz: Nicht genug, aber Richtung stimmt

Mit dem im Jahr 2021 beschlossenen Lieferkettengesetz sind Unternehmen dafür verantwortlich, dass in der gesamten Lieferkette – vom Rohstoff bis zum Verkaufsprodukt – die Menschenrechte eingehalten werden. Dadurch sollen Produkte aus Kinder- und Zwangsarbeit verboten werden. Stremmel findet zwar, dass die Richtung stimmt, sieht das Gesetz aber kritisch, da es erst für Unternehmen ab 3000 Mitarbeitern greift und der Mittelstand nicht darunter fällt.
„Ich befürchte, dass sich dadurch nicht so viel ändert, wie es sich ändern könnte, wenn dieses Gesetz in der Form durchgegangen wäre, wie NGOs gefordert hatten.“

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