Kassler Bürgermeister zur Documenta

Für die künstlerische Freiheit in die Bresche werfen

08:31 Minuten
Das Logo der Documenta 15 lehnt an einem Bauzaun im Standort für die Kunstschau.
Verschiedene Perspektiven treffen aufeinander: Bei der Documenta 15 in Kassel wird die Debatte über Kolonialismus und Antisemitismus geführt werden. © picture alliance / dpa / Swen Pförtner
Christian Geselle im Gespräch mit Vladimir Balzer · 19.01.2022
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Die Documenta steht in der Kritik, weil eine eingeladene Künstlergruppe antisemitisch sein soll. Nun haben die Kuratoren angekündigt, die Diskussion auf der Schau zu führen. Der Kassler Bürgermeister Christian Geselle begrüßt diesen Schritt.
Im Vorfeld der diesjährigen internationalen Kunstausstellung „Documenta 15“ in Kassel wird über Antisemitismus diskutiert. Auslöser war ein anonymer Blogeintrag, der von verschiedenen Medien aufgegriffen wurde. Darin wird dem nach Kassel eingeladenen palästinensischen Künstlerkollektiv "The Question of Funding" Antisemitismus unterstellt.

Hochgekochte Debatte

Nun hat sich Ruangrupa in einem Statement zu Wort gemeldet. Die Gruppe kuratiert die am 18. Juni beginnende Schau. In ihrem Schreiben sprechen sich die aus Indonesien kommenden Künstler für Kunstfreiheit, politische Neutralität und Dialogbereitschaft aus.
Im Sinne einer offenen Debatte soll es auf der Documenta Diskussionen geben, unter anderem ist ein Expertenforum unter dem Titel „Wir müssen reden! Kunst, Freiheit, Grenzen“ geplant. Der Kassler Oberbürgermeister Christian Geselle sagt, er sei dankbar und begrüße es, „dass Ruangrupa von selbst dieses Thema jetzt aufgenommen haben, nachdem es in den letzten Tagen und der letzten Woche medial auch ein Stück weit hochgekocht wurde“.

Kunstfreiheit gewährleisten

Mit der Erklärung von Ruangrupa sei für ihn als Chef des Documenta-Aufsichtsrats das Thema vorerst erledigt. Wie die Debatte stattfinden werde, sei Aufgabe der künstlerischen Leitung. Denn: „Die Politik und auch der Aufsichtsratsvorsitzende und Gremien haben sich aus diesen Fragen rauszuhalten.“
Geselle unterstricht zudem, die Documenta-Leitung müsse „vollumfänglich die künstlerische Freiheit genießen“. Das sei der Kern der Kassler Kunstschau. Es dürfe nicht sein, dass die Politik in diese Freiheit eingreife, vielmehr müsse die im Grundgesetz verbriefte Kunstfreiheit gewährleistet sein.
„Im Zweifelsfall ist die DNA des Kasseler Oberbürgermeisters als Aufsichtsratsvorsitzender, sich jederzeit für die künstlerische Freiheit in die Bresche zu werfen. Das werde ich tun, jederzeit.“

Keine antisemitischen Handlungen

Ein Eingriff in die Kunstfreiheit sei nur möglich, wenn Rechte von Dritten verletzt würden, so Geselle. Das sei der Fall, „wenn strafrechtliche Handlungen vorgenommen würden“.
Der Politiker verweist zudem darauf, „man auch Diskussionen um die Frage des Zusammenlebens von Israelis und Palästinensern aushalten und auch führen dürfen“ müsse. Mit der Berufung von Ruangrupa habe man bewusst die Diskussion zu dem Thema – auch abseits der deutschen Staatsraison – in Kauf genommen.
„Das war eigentlich auch allen klar, dass der Blick des Globalen Südens auf solche Fragen ein anderer ist“, so Geselle. Er stellt zudem klar, dass es bislang aus seiner Sicht „überhaupt noch nicht zu irgendwelchen antisemitischen Handlungen gekommen ist“.  
(rzr)

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