Verlage und Buchhandel

Wie geht es der deutschen Buchbranche?

Zwei Hände halten ein Buch und ein Smartphone (auf der Leipziger Buchmesse 2024)
Es wird immer noch viel gelesen, nur nicht mehr so viel wie früher. Doch die Konkurrenz von Social Media birgt auch Potenziale für das Medium Buch. © IMAGO / Chris Emil Janßen
Jedes Jahr erscheinen Tausende Bücher in Deutschland, der Umsatz der Branche bleibt solide und doch kriselt es auf dem Buchmarkt - unter anderem aufgrund steigender Kosten für die Verlage. Dafür gibt die Jugend Grund zur Hoffnung.
Vom 16. bis 20. Oktober findet wieder die Frankfurter Buchmesse statt. Das Motto lautet diesmal: „FBM24 is Read!ng – Read. Reflect. Relate.“ Gefeiert werden soll das Lesen in allen Facetten. Doch gelesen wird immer weniger. Was bedeutet das für den Buchmarkt?

Wie entwickelt sich der deutsche Buchmarkt wirtschaftlich?

Laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels stieg der Umsatz der Buchbranche 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 2,8 Prozent, im ersten Halbjahr 2024 um 1,2 Prozent. Insgesamt bleibt der Jahresumsatz mit Büchern seit 25 Jahren ungefähr gleich hoch mit über neun Milliarden Euro. Dafür machen die Verlage aber immer weniger Gewinn, weil die Preise für Energie und Papier deutlich gestiegen sind. Bücher werden deshalb immer teurer. Ein Hardcoverband auf der Bestsellerliste kostet mittlerweile ungefähr 25 Euro.
Dazu geht die Zahl der Erstauflagen der Verlage weiter zurück (von 64.278 auf 60.230), ebenso die Zahl der Übersetzungen und die Lizenzverkäufe ins Ausland. Verlage sollen ihre Programme inzwischen zurückhaltender planen als noch in der Vergangenheit.
Die wirtschaftlichen Probleme machen sich auch bei Verlagsgrößen bemerkbar. Ende Januar kündigte die Verlagsgruppe Penguin Random House, zu der mehr als 40 Verlage gehören, an, 100 Stellen bis zum Jahr 2027 zu streichen - zehn Prozent der Belegschaft.
Im Juni musste die Weltbild-Gruppe Insolvenz anmelden, im Juli folgten Tochterunternehmen wie buecher.de.

Wie geht es dem stationären Buchhandel?

Nach wie vor ist der stationäre Buchhandel der größte Vertriebsweg für Bücher. Der Sortimentsbuchhandel hat laut Börsenverein einen Anteil von 41,8 Prozent am Branchenumsatz und legte gegenüber 2022 um 2,6 Prozent zu. Trotzdem befindet sich dieser in der Krise: Jedes Jahr schließen etwa 100 Buchläden in Deutschland, also im Durchschnitt etwa zwei pro Woche. Gründe dafür sind unter anderem die hohen Mieten und die gestiegenen Energiekosten - aber auch weil immer weniger Menschen Bücher kaufen. Hier erweisen sich die großen Ketten wie Thalia und Hugendubel als Konstanten.

Wie viele Buchkäufer gibt es in Deutschland?

Die Zahl der Buchkäuferinnen und Buchkäufer geht seit Jahren zurück. Vor zehn Jahren hat noch jeder zweite Deutsche Geld für Bücher ausgegeben, jetzt ist es nur noch jeder Dritte. Im Jahr 2023 haben 25 Millionen Menschen in Deutschland Bücher gekauft, 3,6 Millionen weniger als noch im Jahr 2019, so der Börsenverein.

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Abgesehen von der schwierigen Wirtschaftslage gilt als Grund für den Rückgang die Konkurrenz anderer Medien wie Streamingdienste und Social Media. Laut Statistischem Bundesamt lesen die Deutschen im Durchschnitt nur noch 27 Minuten pro Tag, vier Minuten weniger als vor zehn Jahren. Dagegen verbringen sie täglich zwei Stunden und acht Minuten mit Fernsehen. Wenn aber gelesen wird, dann vor allem Bücher: Zwölf Minuten täglich waren es im Jahr 2022.
Aber auch die Lesekompetenz schwindet, wie die jüngste PISA-Studie und die IGLU-Studie zeigen. Ein Viertel der deutschen Viertklässler liegt unter dem Standard. In Deutschland wird auch weniger Unterrichtszeit fürs Lesen aufgewandt als in anderen Ländern. Gleichzeitig wird die Schule immer wichtiger als Ort, an dem Kinder für Bücher begeistert werden, während das Vorlesen zu Hause seltener stattfindet.
Gleichzeitig geben Jugendliche immer mehr Geld für Bücher aus: Innerhalb der vergangen fünf Jahre stiegen die Verkaufszahlen um ein Drittel. Vor allem junge Frauen zwischen 16 und 19 Jahren lesen gern. Der "Kulturpass für 18-Jährige", ein Förderprogramm der Bundesregierung für Kulturangebote, hat seit vergangenem Jahr zum Konsum von Gedrucktem beigetragen. Von dem 200-Euro-Budget sollen laut Börsenverein vor allem Bücher gekauft worden sein. In diesem Jahr wurde es allerdings auf 100 Euro reduziert.

Welche Sparten sind besonders erfolgreich?

Etwa ein Drittel der Buchverkäufe macht die Belletristik aus, sie hatte im vergangenen Jahr ein Plus von 7,7 Prozent. Dahinter kommen Kinder- und Jugendbücher, hier stieg der Marktanteil um 2,5 auf 18,3 Prozent. An dritter Stelle stehen Ratgeber. Hörbücher und E-Books bleiben Nische im einstelligen Prozentbereich.
Bei den Jugendbüchern liegen vor allem die Genres "Young Adult" und "New Adult" im Trend, dabei ganz besonders die "Dark College Romance". Es handelt sich meist um Bücher von Frauen für Frauen.

Welche Rolle spielt Social Media fürs Lesen?

Buchempfehlungen in Social Media wie #BookTok tragen viel zur Popularität bestimmter Bücher bei. Laut Börsenverein wird ein Drittel der jungen Lesenden über Social-Media-Kanäle auf Neuerscheinungen aufmerksam. 
"Wir erleben gerade etwas absolut Sensationelles", sagt Oliver Vogel, verlegerischer Geschäftsführer von S. Fischer. "Wir erleben, dass eine Social-Media-Plattform, TikTok, die wir sozusagen für die bisher literaturfernste Plattform gehalten haben, dafür sorgt, dass junge Leute Bücher kaufen und Bücher lesen - und zwar in geradezu hysterischer Weise." Diese jungen Leute seien die Leser anderer Bücher von morgen.

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