Musikplattform Bandcamp

Zukunft nach Verkauf ungewiss

Mobiltelefon mit der Website des US-Audiovertriebs Bandcamp Inc. auf dem Bildschirm
Harter Schlag für Beschäftigte: Rund die Hälfte der Angestellten von Bandcamp, vor allem auch gewerkschaftlich organisierte, wurden mit der Übernahme durch Songtradr entlassen. © IMAGO / Zoonar / Timon Schneider
31.10.2023
Bandcamp hat einen guten Ruf: Künstler können ihre Musik verkaufen und müssen nur einen kleinen Anteil am Erlös an den Betreiber abgeben. Nun wurde die Plattform von Songtradr gekauft. Damit wird sich wohl auch das Geschäftsmodell ändern.
Bei Konzerten gehört der Merchandise-Tisch der Band dazu. Dort können sich Fans mit allem versorgen, was sie brauchen: vom aktuellen bis zum ersten Album der Musiker als CD oder Schallplatte, T-Shirts, Poster oder Schals. Mitunter kommen die kleinen oder großen Sternchen auch noch vorbei, um Autogramme zu unterschreiben.
Ganz ähnlich wie der Merchandise-Tisch, indes in der digitalen Welt, funktioniert die Musikplattform Bandcamp. Dort können Musikerinnen und Musiker ihre Songs als Stream, Download oder auf Vinyl anbieten, ebenso wie Fanartikel. Über die Plattform können sie zudem in Kontakt mit ihren Fans kommen, eine Community aufbauen und Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Und das alles auch ohne Label. Anders als bei großen Streaminganbietern wie Spotify behalten die Künstler zudem den größten Teil der über die Plattform generierten Einnahmen selbst.

Doch die Zukunft des alternativen Vermarktungs- und Präsentationskanals ist ungewiss. Das Unternehmen Songtradr hat Bandcamp im September gekauft. Es ist nicht das erste Mal, dass die Plattform den Besitzer wechselt. 2022 ging sie zu Epic Games, die nun Bandcamp erneut verkauften. Doch welche Folgen hat der aktuelle Eigentümerwechsel?

Eine künstlerfreundliche Plattform

Bisher ist es so, dass 10 bis 15 Prozent des Verkaufspreises bei Bandcamp an das US-Unternehmen aus Oakland gehen, der Rest bleibt bei den Künstlern. Damit ist Bandcamp für Musiker ein gutes Geschäft. Denn bei Streaminganbietern wie Spotify oder Apple Music sehen die Künstler – wenn sie nicht die ganz großen Stars sind – meist nur einen Bruchteil der Einnahmen. Dass Bandcamp in der Coronapandemie an einem Tag pro Monat auf seinen Anteil am Erlös verzichtete, machte die Plattform noch populärer – nicht nur in der Indie-Musikszene. Das 2007 gegründete Bandcamp galt bislang als die künstlerfreundliche Plattform.

Bei Songtradr geht es um Lizenzen

Peter Tschmuck sieht bereits erste Folgen der Bandcamp-Übernahme durch Songtradr. Das Unternehmen hatte mit dem Kauf auch die Hälfte der Belegschaft von rund 120 Angestellten entlassen. „Das wird die Funktionalität beeinflussen“, ist der Professor am Institut für Popularmusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien überzeugt. Tschmuck erwarte zudem, dass die Kosten bei Bandcamp weiter gesenkt werden, um die Produktivität zu erhöhen.
Auch geht er davon aus, dass sich Bandcamp neu positionieren werde: mehr Rechte akquirieren, diese kontrollieren und vermarkten. Denn Neu-Eigentümer Songtradr hat sich auf die Lizenzierung von Musik spezialisiert. Künstler können über das Unternehmen ihre Werke lizenzieren lassen – ihre Musik kann dann für Werbung, Filme, Fernsehen oder auch digitale Angebote genutzt werden.
Ein Lizenzierungsunternehmen wie Songtradr habe ein Interesse dran, ein anderes Geschäftsmodell zu etablieren, so Tschmuck. Bei diesem gehe es nicht nur darum, „eine Plattform zu betreiben, auf der sich Künstlerinnen und Künstler präsentieren, sondern sie wollen von diesen Künstlerinnen und Künstlern profitieren“. Für Songtradr könnte sich das lohnen: Das Geschäft mit Lizenzen für Musikrechte ist äußerst profitabel.

rzr
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