Aus den Feuilletons

Revolution der Frauen in Kurdistan

Kurden demonstrieren in Frankfurt am Main gegen eine Kundgebung Türken. Alexander Heinl
Kurden demonstrieren in Frankfurt am Main gegen eine Kundgebung Türken. © picture alliance/dpa/Alexander Heinl
Von Adelheid Wedel · 30.05.2016
In der "TAZ" berichtet die Musikerin Antye Greie vom Kampf der Frauen in Kurdistan. Die "Süddeutsche" hingegen prophezeit eine Veränderung unserer Seele durch Social Media.
Es habe sie schon lange gereizt, Klangkunst und Aktivismus zu verbinden, sagt die Produzentin und DJ Antye Greie in der Tageszeitung TAZ. Der 1969 geborenen Künstlerin fiel auf, "dass über Syrien in den meisten Medien nur aus der männlichen Sicht berichtet wird". Sie wollte sich selbst ein Bild machen von der unübersichtlichen Lage in Syrien.
"Greie versteht sich als feministische Künstlerin", urteilt Jens Uthoff in seinem Artikel, der voller Sympathie für die Künstlerin geschrieben wurde. Dort heißt es weiter:
"Greie ist ein Kind der Berliner Neunziger. Zusammen mit female:pressure, einem internationalen Netzwerk weiblicher DJs, kämpft sie für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der elektronischen Musikkultur."
Nun gilt ihr Interesse dem Kampf der kurdischen Frauen, vorrangig in der Region Rojava. In diesem quasi kurdischen Autonomiegebiet sind sie dabei, "eine staatenlose Demokratie aufzubauen, multiethnisch, multilingual, selbstverwaltet. Bis heute wird das Modell Rojava als 'Revolution der Frauen' bezeichnet, Soldatinnen kämpften hier gegen den IS, für die Frauen entstanden Schutz- und Freiräume, Zentren und Dörfer für Kurdinnen, Jesidinnen, Araberinnen, Turkmeninnen und assyrische Christinnen."
"Berichtet über uns, die Welt weiß nichts von uns" – diesen Auftrag nahm Greie ernst. Es entstand ein Sampler auf dem man hört, "wie eine Sängerin von der Situation der kurdischen Frauen berichtet, dazu erklingen Beats und elektronische Geräusche".
Die Lyrikerin Vivan Peyman beispielsweise besingt das völlig zerstörte Kobane; sie ist im Kampf gegen den IS gefallen. Zwölf Stücke machen eindringlich klar, schreibt der Autorin der TAZ, dass der Pop sich angesichts der weltpolitischen Situation zunehmend (re)politisiert.

Ein Trip in die Sozialen Netzwerke

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG stellt Catrin Lorch das syrische Filmkollektiv "Abounaddara" vor, das mit dokumentarischen Kurzfilmen den Alltag in Syrien festhält. Die Menschen, die hier zu Wort kommen, erscheinen wie die Protagonisten einer langen zusammenhängenden Erzählung. In den vergangenen Monaten verlieh die Jury des Sundance-Festivals dem Kollektiv einen Preis, und der Leiter der Documenta hat sie zur Weltkunstausstellung nach Kassel und Athen eingeladen. Es gelang ihnen, Filme aus den vom IS kontrollierten Regionen zu schmuggeln.
"Wir sind überall. Wir sind anonym. Wir können überall arbeiten, wo wir wollen", werden die Filmemacher in der SZ zitiert.
Auf ihrer Medienseite preist die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG die amerikanische Journalistin Nancy Jo Sales als Teenie-Flüsterin an. Sie verstehe die amerikanischen Jugendlichen wie keine Zweite, meint Anne Philippi, und: Jetzt hat sie einen Bestseller geschrieben, der amerikanische Eltern die Luft anhalten lässt. Das Buch: "American Girls. Social Media and the Secret Lives of Teenagers” ist "ein Trip in die Parallelwelt der sozialen Netzwerke… und wie Teenager darin leben. Feststeht: die Veränderung der menschlichen Basis, in Europa auch Seele genannt, ist durch den Einfluss von Technologie in vollem Gang. Begriffe wie Privatheit, Einsamkeit, Liebe, Sucht oder Ablenkung verändern sich derzeit durch jeweils neue Apps und Tech-Ideen gefühlt stündlich".

Netzkonzerne schränken Grundrechte ein

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG erweitert Udo di Fabio, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn, diesen Gedanken, indem er sagt:
"Netzkonzerne verändern nicht nur die Art, wie wir kommunizieren, sondern unsere Werteordnung. Sie schränken Grundrechte ein, ohne zu fragen."
Energisch fordert er die Politik zum Handeln auf, sie solle dem nicht tatenlos zuschauen, denn Big Data und die neue Praxis von Kommunikation, Information und Wirtschaftsteilnahme haben das Zeug für eine kulturelle Umwälzung. Di Fabio mahnt:
"Die Digitale Bildung steckt trotz aller Mühen immer noch in den Kinderschuhen. Was das Netz mit uns macht, was wir aber auch mit dem Netz machen können, das muss besser erlernt und praktisch erprobt werden."
Am Ende kommt es auf die Bürger an, "die eigenwillig und mit ihren Demokratien auch die digitale Welt gestalten".
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