Aus den Feuilletons

Bob Dylan - wie ein guter Brandy

Der Musiker Bob Dylan mit schwarzer Sonnenbrille, aufgenommen bei einer Zeremonie im Weißen Haus in Washington 2012, bei der Dylan eine Friedensmedaille erhielt.
Der Musiker Bob Dylan © imago/Xinhua
Von Gregor Sander · 19.05.2016
Mit seinem neuen Album "Fallen Angels" bleibt Bob Dylan auf dem Nostalgie-Trip. Statt neuer Lieder serviert er Pop-Standards aus alten Zeiten. Für Poptheoretiker Diedrich Diederichsen ist es zart und anrührend. Sein Kollege Dietmar Dath geht da nicht mit.
Der lustigste Satz zu Diedrich Diederichsens Bob-Dylan-Kritik in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG steht unter dem Text.
"Der Autor gilt als einer der wichtigsten deutschen Poptheoretiker."
Als wüsste das der aufgeweckte Feuilletonleser nicht längst. Und als wolle Diederichsen seine akademische Bedeutung für das deutsche Feuilleton beweisen, klärt er erst einmal einen Begriff.
"Eine Coverversion ist eine neue Aufnahme eines Songs, der bereits durch eine markante Aufnahme und Interpretation geprägt ist, der zu einem Künstler gehört und in den meisten Fällen von diesem nicht nur gesungen, sondern auch geschrieben wurde."
Ach ja, Entschuldigung, eigentlich geht es ja um das neue Bob Dylan Album "Fallen Angels", in dem Dylan, nach Diederichsens Definition, keine Coverversionen singt, sondern sich am Great American Songbook bedient, an Liedern also, die schon Frank Sinatra oder Ella Fitzgerald gesungen haben. Und das laut Diederichsen, mit folgendem Ergebnis.
"Nach einem guten Essen hat der Patriarch in das reich dekorierte Herrenzimmer gebeten, um noch einen guten Brandy zu kredenzen. Das ist in etwa die nicht ganz unsteife Stimmung des Albums: zart, anrührend, nicht völlig humorlos, aber auch etwas gezwungen."

Dath haut dem Altmeister sein Alterswerk um die Ohren

Da geht der Kollege Dietmar Dath von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG aber überhaupt nicht mit:
"Dylan, der große Musiker, berühmte Dichter und Zeuge eines amerikanischen Jahrhunderts, sitzt also zum wiederholten Mal hoch auf dem Golden Oldie und erklärt des Kaisers olle Klamotten (lies: Kamellen) zur Frühjahrskollektion seiner traditionsreichen Maßschneiderei."
In dieser Tonlage haut Dath dem Altmeister sein Alterswerk um die Ohren, das es nur so eine Art ist und sich, zugegebenermaßen, sehr amüsant liest:
"Haben Sie schon mal Ella Fitzgerald zugehört, wie sie 'Skylark' singt? Dylan dreht diesen Diamanten mit der Kitschkurbel von Hand in einem Grab um, das er ihm mit der andern Hand persönlich geschaufelt hat, und versucht dann, ihn in der Flamme seines Sodbrennens knusprig zu grillen."

Trump - narzisstisch, ungeduldig, rachsüchtig und herrisch

Wer Donald Trumps Buch "Crippled America. How to Make America Great Again" auf Deutsch lesen möchte, kann dies nun tun. Allerdings lädt die Kritik von Ansgar Graw in der Tageszeitung DIE WELT nicht gerade dazu ein:
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat Indiana Anfang Mai 2016.
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat Indiana Anfang Mai 2016.© picture alliance / dpa / Tannen Maury
"Trump streut in seinem mäandernden Text Gebrauchsanweisungen für geschäftliche Deals oder die Rettung der Welt, die sich beim Tausch von Panini-Bildchen allerdings ebenso erlernen lassen wie im Immobiliengeschäft."
Wer sich das Buch also sparen möchte, dem sei der Text von Louis Begley in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG empfohlen, der den Präsidentschaftskandidaten so einschätzt:
"Trump hatte nie ein öffentliches oder politisches Amt inne, kein Anzeichen lässt darauf schließen, dass er versteht, wie eine Regierung funktioniert, seine Ignoranz in außenpolitischen Dingen ist erschütternd, sein Respekt vor dem amerikanischen Verfassungssystem und dessen Traditionen dürftig. Er ist narzisstisch, ungeduldig, launisch, rachsüchtig und herrisch."
Hillary Clinton ist Begley allerdings auch nicht geheuer. Wären die beiden nur Schauspieler in einer Serie, was man sich ja eigentlich wünscht, würde Trump deutlich mehr verdienen als Clinton. So war das bisher in der erfolgreichen Serie "House of Cards", in der Cavin Spacey und Robin Wright das Präsidentenpaar Underwood spielen, wie in der SZ zu lesen ist.
"'Es ist eine der wenigen Sendungen, bei denen die weibliche Figur ihrem männlichen Gegenpart ebenbürtig ist. Also wollte ich genau so viel verdienen wie Kevin', sagte Wright gerade auf einer Veranstaltung in New York. Sie habe bei den Verhandlungen eine Strategie angewendet, die sie von ihrer Figur gelernt habe: 'Ich habe ihnen gesagt: 'Ihr zahlt – oder ich gehe damit an die Öffentlichkeit.'"
Für die nächste Staffel bekommt Wright nun auch zehn Millionen Dollar. Dann ist ja alles gut. Zumindest im Fernsehen.
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