Aus den Feuilletons

"Digitale Unikate" dank NFT

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Der abkürzende Schriftzug NFT und seine Entsprechung non-fungible-token auf einem Computer-Bildschirm dargestellt.
Mit NFT (Non-Fungible Tokens) könnte man das Urheberrecht in digitalen Welten durchsetzen, schreibt die NZZ. © imago-images / Zuma Wire / Andre M. Chang
Von Hans von Trotha · 20.05.2021
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Die "Neue Zürcher Zeitung" taucht ein in die neue Kunstszene um "Krypto-Kunst" und Non-Fungible Tokens. Peter Handke hat in der "FAZ" noch einiges zur "Seelenheimat" zu sagen, und in der "Süddeutschen" bekommt Roth-Biograf Bill Bailey auf die Mütze.
"Was ist eigentlich Krypto-Kunst?", fragt Philipp Meier in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG: "Kryptisch an ihr", meint er, "ist allein, dass sie mit ebenso ‚kryptischem‘ Geld gekauft werden kann, nämlich mit Kryptowährungen. Ein Krypto-Kunstwerk", erläutert er, "ist ganz einfach eine Datei. Diese potenziell beliebig reproduzierbare Datei wird durch die Technik der NFT-Zertifizierung in ein ‚Original‘ verwandelt."
"Was die Kunstsammlerin von Krypto-Kunst oder eben auch NFT-Kunst für ihr Geld (in Gestalt von Kryptowährung) erhält, ist ein Non-Fungible Token (NFT). In der NFT-Kunstszene", weiß Phillipp Meier, "tummeln sich bereits so namhafte Vertreter der klassischen Kunstszene wie etwa Damien Hirst."

Schutz des Urheberrechts im Digitalen

Dass er auch gern dabei wäre, gesteht kein Geringerer als Jeff Koons dem Journalisten Andrian Kreye im SÜDDEUTSCHE-Interview. Schließlich kommt Koons zu dem Schluss: "Das Objekt selbst ist auf lange Sicht nicht wichtig. Was relevant ist, ist die Erfahrung, die es bei Ihnen auslöst."
Auf den Hinweis, er sei selbst "einer der meistkopierten Künstler", antwortet Koons: "Ich finde das wunderbar" und setzt hinzu: "Ein Bereich, in dem es fast unmöglich ist, das Urheberrecht durchzusetzen, ist die digitale Welt. Bis vor Kurzem natürlich", fügt er hinzu. "Jetzt gibt es NFTs, die digitale Dateien in Unikate verwandeln."
Auf die Nachfrage, ob das auch eine Metapher sei, antwortet Koons: "Ja. Das ist Information in Reinform, und das macht die digitale Kunst so wunderbar. Alles", schwärmt Jeff Koons, "ist möglich. Alles kann eine Idee transportieren oder Material für eine Idee sein. Es ist fantastisch, dass es etwas ist, das so viel Aufmerksamkeit bekommt."

Peter Handke und die Seelenheimat

Wenn man eine Malerin ist oder ein Maler, mag das zutreffen. Aber wie bekommt man zum Beispiel als Autorin oder Autor so viel Aufmerksamkeit, dass es gleich Feuilleton-Seiten füllt? Zwei Dinge helfen: ein Verbot und ein Nobelpreis. Nach Letzterem werden auch Leserbriefe im Feuilleton gedruckt. So schreibt Peter Handke in der FAZ:
"Liebe Redaktion: Gerade habe ich, Wort für Wort, auf der leeren Stadiontribüne meines französischen Wohnorts, den Artikel Ihres Balkanexperten zu meiner Reise vor knapp zwei Wochen durch meine serbische ‚Seelenheimat‘ gelesen. Es verlangt mich zu keinerlei Richtigstellung", schreibt Handke.
Immerhin, atmet man auf – fühlt sich aber klammheimlich auch ein bisschen um möglichen Zoff geprellt. "Aber", fährt Handke dann doch fort, "erlauben Sie mir ein paar Anmerkungen".
Die kreisen um den zitierten Begriff der "Seelenheimat". Mit Begriffen nimmt es Handke genau. "Optimismus" zum Beispiel ist ihm "ein nicht zu meinem Wortschatz zählender, von Ihrem Balkanexperten mir unterstellter Begriff". Und "Seelenheimat":
"Ja, recht", schreibt Handke. "Aber kein Land, weder Serbien noch Österreich noch Alaska. Und schon gar kein ‚Volk‘. Oder vielleicht doch: das an dieser Stelle nicht zum ersten Mal bei mir mithineinspielende ‚Volk der Leser‘."

Vorwürfe gegen Philip Roth-Biografen

Ein sich ganz anders formierendes "Volk der Leser" schart sich hinter Philip Roth, der den Nobelpreis nie bekommen hat und trotzdem eine Feuilleton-Seite kriegt, diesmal weil es das Buch, um das es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG geht "gar nicht geben" dürfte. Das bemerkt Willi Winkler über Blake Baileys Roth-Biografie, die der Verlag nach Vorwürfen sexueller Übergriffe gegen den Biografen zurückzog.
Vorübergehend. Das Buch erscheint jetzt bei Skyhorse, "wo schon Woody Allens Erinnerungen veröffentlicht wurden". Auch so lässt sich die Verlagslandschaft anscheinend irgendwie sortieren.
Bisweilen wird, findet Willi Winkler, das Objekt dieser Biografie "so menschlich, wie man es so genau vielleicht gar nicht wissen will, aber auch so lebendig wie eine Figur in einem Roman von Philip Roth." Blake Bailey habe sich, so Winkler, "durch die Zensur seines Verlags (...) selber in die Luft reiner Literatur aufgelöst, ein mit allen menschlichen Makeln behafteter Schweinepriester, ein Professor der Begierde, wie er bei Roth im Buch steht. ‚Literatur ist kein Wettbewerb in moralischer Schönheit‘", habe Roth seinem Biografen als Leitlinie hinterlassen.
"Roths deutscher Verlag Hanser", weiß Willi Winkler, "will die Übersetzung veröffentlichen." Er fügt hinzu: "Es ist nur ein Buch, kein Verbrechen."
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