Stimmungsbild zur Kernkraft

Kommt der Ausstieg aus dem Ausstieg?

06:05 Minuten
Blick aus einem Kühlturm für ein Kernkraftwerk, welches nicht fertig gestellt wurde. Oben zeigt sich der Himmel im kreisrunden Ausschnitt.
Atomkraft: Sackgasse oder doch Energie mit Zukunftsaussicht? Über 80 Prozent der Deutschen können sich eine kurze oder auch längere Verlängerung der AKW-Laufzeiten vorstellen. © Unplash/ Jakob Madsen
Paulina Fröhlich im Gespräch mit Jana Münkel |
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Für gut 40 Prozent der Deutschen ist die längerfristige Nutzung von Atomenergie akzeptabel. Zugleich will eine deutliche Mehrheit mehr Strom aus Windkraft. Für Paulina Fröhlich vom Think Tank Das Progressive Zentrum spiegelt dies den Zwiespalt der Ampelkoaltion.
Viele Deutsche stecken derzeit offenbar in einem Dilemma: Die Energiekrise bereitet ihnen große Sorge, sie fürchten sich vor einem Winter, in dem die Heizungen und Wasserleitungen kalt bleiben. Andererseits finden sie Umwelt- und Klimaschutz wichtig und befürworten den massiven Ausbau erneuerbarer Energien.
Nur jeder und jede sechste Bürger und Bürgerin ist nämlich laut dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend der Meinung, die verbliebenen drei Atomkraftwerke sollten auf jeden Fall Ende 2022 abgeschaltet werden. 41 Prozent wollen dagegen, dass die AKWs angesichts der Energiekrise zumindest noch ein paar Monate weiter betrieben werden.

Der Deutschlandtrend gibt den Zwiespalt wieder

Ebenfalls 41 Prozent können sie sogar eine weitere längerfristige Nutzung von Atomenergie vorstellen. Und sogar über 60 Prozent wären für eine weitere Nutzung von Kohlekraftwerken. Zugleich wünschen sich 81 Prozent der Befragten einen massiven Ausbau der Windkraftanlagen.
Aus Sicht unseres Studiogastes Paulina Fröhlich bildet dieses Meinungsbild sehr gut den Zwiespalt zwischen Sicherheitsbedürfnis und dem Wunsch nach Fortschritt ab. Fröhlich leitet den Bereich „Resiliente Demokratie“ in dem Think Tank Das Progressive Zentrum und findet: Der Deutschlandtrend spiegele mehr oder weniger die Situation, in der sich auch die Bundesregierung befinde.

Regierung steht vor komplexer Situation

Die Ampel-Regierung stehe vor „einer unglaublich komplexen Lage: Die müssen drei Bedingungen erfüllen. Einmal müssen sie die Bevölkerung schützen und Unheil von ihr abwenden, das haben sie sogar geschworen beim Amtsantritt. Zweitens müssen sie auf die Umwelt und die Zukunft achten, also auf den Klimaschutz, das ist wahnsinnig wichtig, und drittens auf die politischen Allianzen – auf die politische Allianz gegen Russland als dem Aggressor im Krieg in der Ukraine.“
Fröhlich räumt jedoch ein: Einige Umfrageergebnisse, vor allem, dass sich so viele für die nachweislich klimaschädlichen Kohlekraftwerke aussprochen haben, hätten sie überrascht, sogar erschreckt.

Und wohin mit dem Atommüll?

Sie habe erwartet, dass sich deutlich mehr Menschen deutlich gegen eine weitere Nutzung von Atomenergie aussprechen würden. Zum Vergleich: Im Herbst 2010, noch vor dem Reaktorunglück in Fukushima, hatten gut 60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sich gegen eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken ausgesprochen.
Mit Blick auf die EU-Taxonomie, wonach Atomkraft als nachhaltige Energieform eingestuft wird, sagt Fröhlich: Sie könne in der jetzigen Situation zwar nachvollziehen, dass die Versorgung im Vordergrund stehe. Gegen Atommenergie spreche jedoch: Es gebe keine Lösung für den Atommüll, den niemand haben wolle und den man auch nicht ins All schießen oder im Meer versenken könne.
(mkn)

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