EU-Taxonomie

Wie "grün" sind Atomkraft und Erdgas?

07:02 Minuten
Oberleitungen und Kernkraftwerk Lingen im Emsland
Bald ist Schluss mit Atomkraft in Deutschland. Dann könnte Gas eine Brückentechnologie bilden, um die Versorgungslücke zu schließen. © imago images/Jürgen Ritter
Oliver Wagner im Gespräch mit Axel Rahmlow · 03.01.2022
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Die EU-Kommission plant, Energie aus Erdgas und Atomkraft als klimafreundlich einzustufen. Das stößt auf Kritik. Oliver Wagner vom Wuppertal Institut sieht darin einen Etikettenschwindel. Allerdings kann ihm zufolge Gas eine Brückentechnologie sein.
Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke sollen unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich eingestuft werden können. Das plant die EU-Kommission mit ihrer EU-Taxonomie, einer Art Gütesiegel für Klima- und Umweltfreundlichkeit. Damit sollen Erdgas und Kernenergie den Übergang zu erneuerbaren Energien erleichtern. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisiert das Vorhaben. Andere sprechen von "Greenwashing". Deutschland will seine letzten drei Atomkraftwerke in diesem Jahr abschalten. Frankreich hingegen investiert weiterhin in Kernkraft und sieht sie als Schlüsseltechnologie für eine CO2-neutrale Wirtschaft.
„Atomkraft ist eine Risikotechnologie“, sagt Oliver Wagner vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. „Sie passt nicht zu den erneuerbaren Energien.“ Allerdings seien die CO2-Emissionen niedriger als die von Braunkohlekraftwerken.
Gas hingegen ist laut Wagner in gewisser Weise eine Brückentechnologie. Weil eine sichere Stromversorgung gewährleistet sein muss, auch wenn nicht genug Energie aus Sonne und Wind erzeugt werden kann, braucht man dafür Wasserstoff. Gaskraftwerke können so gebaut werden, dass sie in Zukunft auch mit Wasserstoff betrieben werden können.

„Etikettenschwindel“ gegenüber Anlegern

Wagner betont: Die Taxonomie dient nur als Orientierungshilfe für Anleger. „Ich würde in Zweifel ziehen, dass sie so überhaupt die Akzeptanz an den Finanzmärkten findet, die es bräuchte, um die erforderlichen großen Investitionen anzustoßen“, sagt er. „Auf diesen Etikettenschwindel fällt der Finanzmarkt nicht so schnell rein.“
Um die geplante Taxonomie zu verhindern, braucht es eine sogenannte verstärkte qualifizierte Mehrheit im EU-Parlament: Mindestens 20 Mitgliedsstaaten müssten dagegen stimmen. Dass sie zustande kommt, glaubt Wagner nicht.

Worum es bei der Taxonomie geht
Mit dem Regelwerk der Taxonomie legt die EU-Kommission einheitliche Standards für ökologisches Wirtschaften fest. Das betrifft sowohl Finanzmärkte, Investitionen als auch wirtschaftliches Handeln. Ziel ist es, verstärkt Geldströme in sogenannte grüne Technologien zu leiten, um 2050 Klimaneutralität zu erreichen.

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