Zoologie

Winzige Naturschönheiten

Quallen schwimmen in einem Schaubecken des Ozeaneums von Stralsund
Quallen schwimmen in einem Schaubecken des Ozeaneums von Stralsund. © picture alliance / dpa / Stefan Sauer
30.12.2014
Der britische Zoologe Ross Piper beschäftigt sich in dem Prachtband "Unbekannter Planet" mit Lebewesen, die man oft mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Deren bizarres Aussehen feiern über 500 Aufnahmen mit detaillierten Erklärungen.
Im Wasser, im Boden oder auf dem Meeresgrund verbergen sich Millionen Tierarten, die selbst aufmerksame Tierfreunde nie zu Gesicht bekommen. Die meisten sind so klein, das wir Menschen sie nicht sehen können. Oder wir achten nicht auf sie, obwohl sie vor unserer Nase auf Blättern krabbeln, auf dem Boden kriechen oder in Pfützen herum schwimmen.
Der wunderbar fotografierte Bildband des Zoologen Ross Piper bringt diese versteckten Tiere in aller ihrer Schönheit ans Licht. Es beginnt mit den Rippenquallen, die sich durch das Zittern kleiner Härchen langsam und schwebend durch das Wasser bewegen. Wie Schleier treiben die dünnen Zellschichten in der Strömung. Die Tiere sind meist nur Millimeter oder wenige Zentimeter groß. Erst die richtige Beleuchtung offenbart die Struktur der Rippenquallen und zeigt ihren feinen Aufbau. Der zugehörige Text enthüllt ihre räuberische Natur. Sie fressen alles, was durch ihre kleine Mundöffnung passt oder sich in ihren zarten Schleiern verfängt: Larven, Rädertierchen und sogar kleine Krebse.
35 verschiedene Tierstämme
Das Buch zeigt 35 verschiedene Tierstämme nahezu gleichberechtigt. Einer davon sind die Rippenquallen mit ihren nur circa 240 Arten. Andere sind die Schwämme, die Plattentiere, die Nesseltiere oder die Gliedertiere. Letztere bilden mit ihren etwa 1,2 Millionen Arten den größten Tierstamm. Dazu gehören Krebse, Spinnen und Insekten.
Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische – kurz: alles, was wir so im Kopf haben, wenn wir an Tiere denken - gehören zu einem anderen Stamm, den man Schädeltiere (Craniota) nennt. Diesen Tieren widmet das Buch gerade einmal 16 der 320 Seiten. Durch diese Aufteilung bricht das Buch mit unserer üblichen (menschlichen) Sichtweise auf die Tierwelt. Stattdessen rückt die Evolution des Lebens in den Vordergrund. Für die Entwicklung des Lebens sind Rippenquallen, Schwämme und Nesseltiere mindestens ebenso wichtig wie alle Schädeltiere zusammen.
Auf dem neuesten Stand der Forschung
Das Buch „Unbekannter Planet" überzeugt durch den klaren Aufbau und die wunderbaren Bilder. Sie laden zum längeren Betrachten und Staunen ein. Denn sie zeigen Naturschönheiten, wie sie selbst in gut gemachten Tierdokumentationen im Fernsehen nicht zu sehen sind oder viel zu schnell vorbeihuschen. In diesem Prachtband werden Tierarten präsentiert und mit viel Liebe zum Detail beschrieben, die sonst zu kurz kommen.
Die Texte sind auf dem neuesten Stand der Forschung und sehr informativ. Leider sind die Sätze dicht gepackt mit Informationen und kommen nicht ohne Fachwörter aus. Das geht auf Kosten der Lesbarkeit. So ist ein Buch entstanden, das eher zum Blättern einlädt, zum gelegentlichen Nachschlagen und vor allem zum Staunen.

Ross Piper: Unbekannter Planet. Die erstaunliche Vielfalt unserer Tierwelt
Übersetzt von Hanne Henninger, Heike Rosbach und Tina Göpfert
Theiss Verlag, Stuttgart 2014
320 Seiten, 49,95 Euro

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