Zhou Haohui: "18/4. Der Hauptmann und der Mörder"

Ich kann dein Geld riechen!

03:10 Minuten
Cover zu "18/4 - Der Hauptmann und der Mörder"
© Heyne Verlag

Zhou Hanoui

Aus dem Englischen von Julian Haefs

18/4. Der Hauptmann und der MörderWilhelm Heyne Verlag, München 2022

398 Seiten

13,00 Euro

Von Kolja Mensing · 18.02.2022
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„Der Hauptmann und der Mörder“ ist der erste Teil von Zhou Haouis Serienmörder-Trilogie „18/4“ – und schlägt einen Bogen zurück zu China Wirtschafsreformen in den 80er-Jahren. Dabei erlaubt sich der Autor auch leise Systemkritik.
Zhou Haouis Thriller-Trilogie „18/4“ kommt aus China, ist auf den ersten Blick allerdings ein knallhart kalkuliertes Produkt für den internationalen Buchmarkt: sehr schnell, sehr spannend, mit einer immer komplexer werden Serienmörder-Geschichte, die nahezu nach einer Netflix-Adaption schreit – und randvoll ist mit Querverweisen in den westlichen Kanon.

Schauplatz Chengdu

Nur ein Beispiel: Wenn der Mörder am Anfang seinen Gegenspieler bei der Polizei in einem Brief zu einer Art Zweikampf herausfordert und dabei die Formulierung „Ich rieche deine Ungeduld“ benutzt, dann ist man für einen Moment nicht in Chengdu in China, sondern in diesem Gefängnis in Baltimore, in dem Jodie Foster als FBI-Anwärterin Clarice Starling zum ersten Mal vor Hannibal Lecter steht und er sie auf ihr Parfüm anspricht.
Aber: „Der Hauptmann und der Mörder“ ist eben auch ein sehr chinesischer Krimi. Schauplatz ist die schnell wachsende Metropole Chengdu im Westen des Landes, wo unter anderem Apple einen Großteil der iPads produzieren lässt.
In dieser aufstrebenden Stadt macht ein Serienkiller namens „Eumenides“ Jagd auf Menschen, die sich moralisch oder juristisch etwas haben zuschulden kommen lassen und zur neuen, rücksichtlosen Elite Chinas gehören: ein einflussreicher Unternehmer, der früher als Spitzel gearbeitet hat, oder die 29-jährige Geschäftsführerin eines Modelabels, die mit ihrem „für viel Geld“ importierten BMW mit Absicht einen bettelarmen Straßenhändler überfährt und tötet.

Teil der Softpower-Strategie?

Gleichzeitig erzählt Zhou Haohui eine Geschichte aus den 80er-Jahren. Damals begann Chinas Wirtschaft nach den Reformen von Deng Xiaoping zu wachsen und die südost-asiatischen Drogenkartelle entdeckten Chengdu als Umschlagplatz für Drogen.
Der Boom von heute ist auf Blut gebaut: Das ist eine Botschaft, die bei Chinas Zensurbehörden eigentlich nicht gut ankommen dürfte. Trotzdem ist die „18/4“-Trilogie in China keine Bückware, sondern ein Bestseller.
Am Ende ist die Uneindeutigkeit das Faszinierende: So ganz klar ist es nämlich nicht, ob der Erfolg von „18/4“ ein Anzeichen für eine neue Lässigkeit im Umgang mit Kritik an Chinas autoritärem politischen System ist oder ob dieser Krimi Teil der sogenannten Softpower-Strategie ist, mit der Peking sich als kulturelle Weltmacht etablieren will. In diesem Kontext kann man „Der Hauptmann und der Mörder“ auch so lesen: als Polit-Krimi über Chinas Rolle auf dem Besteller-Markt.

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