Zehn Jahre Finanzkrise: Immobilien

80 Prozent Preissteigerung seit 2010

"Hier entstehen exklusive Eigentumswohnungen" steht auf einem Werbebanner im Bezirk Mitte in Berlin.
"Hier entstehen exklusive Eigentumswohnungen" - aber wer soll die eigentlich noch bezahlen? © picture alliance / Wolfram Steinberg
Gerhard Schick im Gespräch mit Dieter Kassel · 14.08.2018
In deutschen Großstädten steigen die Immobilienpreise seit der Finanzkrise deutlich stärker als die Einkommen. Hier müsse man dringend gegensteuern, warnt Gerhard Schick. Inzwischen kauften Investoren sogar Wälder und landwirtschaftliche Nutzflächen auf.
Für den Grünen-Bundestagsabgeordneten und Finanzexperten Gerhard Schick ist der starke Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland eine direkte Folge der Finanzkrise vor zehn Jahren. Denn nach dieser Krise suchten Investoren großflächig nach neuen Investitionsmöglichkeiten – und fanden diese im Immobilienbereich.
"Häufig sind das eben auch ausländische Geldgeber, die ihr Kapital reinstecken wollen, um es zu sichern, wenn es vielleicht an den Finanzmärkten mal wieder abwärts geht", sagte Schick im Deutschlandfunk Kultur. Auch andere Faktoren wie Zuzug oder höhere Einkomen könnten bei Immobilien preistreibend wirken. "Aber die Immobilienpreise steigen insbesondere in den größten Städten so deutlich stärker als die Einkommen, dass das nur erklärbar ist durch den Zustrom von zusätzlichem Kapital in diesen Markt."

80 Prozent Preissteigerung in den größten Städten

Einem Bericht der Bundesbank zufolge seien in den sieben größten deutschen Städten die Immobilienpreise seit 2010 um 80 Prozent gestiegen, warnt Schick. Hier müsse man dringend gegensteuern.
Der Grünen-Politiker Gerhard Schick am 10.9.2016 beim Kleinen Parteitag in Berlin.
"Land Grabbing gibt es nicht nur in Entwicklungsländern", sagt Gerhard Schick.© imago / IPON
Denn auch wenn eine Immobilie in Berlin nach wie vor deutlich günstiger sei als etwa in Paris, müsse man auch die jeweilige Einkommensentwicklung berücksichtigen. "Langfristig kann ja der Wert einer Immobilie nur dadurch erwirtschaftet werden, dass Leute in der Lage sind, Miete zu zahlen für die entsprechende Wohnung, und das müssen sie aus ihrem Einkommen tun", so der Grünen-Politiker. "Wenn also – und das ist in den letzten Jahren in Deutschland der Fall gewesen – die Immobilienpreise stärker steigen als die Einkommen, dann kneift es in den Haushalten der Menschen."

Auch Wälder geraten in den Fokus von Investoren

Dass es so weit gekommen ist, liegt Schick zufolge auch an politischen Versäumnissen: etwa der Reduzierung des Bestands an Sozialwohnungen, dem nicht ausreichenden Neubau in diesem Bereich und dass man die Immobilien leichter handelbar gemacht habe: "Durch solche Fehlentwicklungen ist die Immobilie immer stärker von einem Gebrauchsgut zu einem Finanzprodukt geworden, und die Auswirkungen dieser Entwicklung sehen wir jetzt."
Dass Investoren inzwischen auch landwirtschaftliche Nutzflächen oder Wälder aufkaufen, sieht der grüne Finanzexperte als Form des "Land-Grabbing". Dadurch werde es für landwirtschaftliche Betriebe schwer, in der Konkurrenz um eine Fläche mitzuhalten, warnt er.
(uko)
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