Wintersport trotz Klimawandel

Ski und Rodel - nicht mehr gut

Ein Skifahrer mit Helm und gelber Jacke blickt von der Piste ins Loisachtal und auf die Häuser von Garmisch-Partenkirchen.
Wenig Schnee auf einer Skipiste bei Garmisch-Partenkirchen - und das Ende Januar, zur eigentlich besten Jahreszeit für Wintersportler. © picture alliance / dpa / Angelika Warmuth
28.11.2023
Skifahren war früher für viele Menschen als Winterurlaub gesetzt, doch heute ist der Pistenspaß wegen der Erderwärmung zur schwer planbaren Aktivität geworden. Aber ist Skifahren in der Klimakrise überhaupt noch zeitgemäß?
Den rasanten Klimawandel spürt man besonders in deutschen Mittelgebirgen und in den Alpen - weil der Schnee fehlt. Dort gerät an vielen Orten das Geschäft mit dem Wintersport unter Druck - oder es fällt fast ganz aus. Auch der populäre alpine Skirennzirkus spürt die Auswirkungen des Schneemangels und hoher Temperaturen, wenn die bereits Ende Oktober beginnende Saison immer öfter in Wetterturbulenzen gerät.
Eine hitzige Debatte entfachte der ehemalige Rennläufer Felix Neureuther am ersten November-Wochenende 2023, als er anlässlich der ersten Rennen des Ski-Weltcups in Sölden kritische Fragen an die Veranstalter und den Ski-Weltverband FIS richtete.
Neureuther hinterfragte angesichts des Klimawandels umstrittene Baumaßnahmen in Sölden und den Skisport an sich. Dabei fragte er sich auch, ob die Bevölkerung sich so früh im Winter überhaupt für Skirennen interessiert. Neureuther forderte, der Skisport solle „Vorreiter“ beim Klimaschutz sein und richtige sowie sinnvolle Maßnahmen ergreifen, damit die Faszination und Glaubwürdigkeit des Sports gewahrt bleibe.

Wird Skifahren in Deutschland in Zukunft noch möglich sein?

Immer seltener und nur noch in höheren Lagen. Grünbraune Hänge selbst im Januar und Februar sind das neue Normal in den Mittelgebirgen und den Voralpen. Die Schneesaison unterhalb von 2.000 Metern hat sich im Alpenraum um bis zu 34 Tage verkürzt, verglichen mit 1971. Das ergab eine vom Südtiroler Institut „Eurac Research“ koordinierte Langzeitstudie in Bozen.
Eine Studie des Deutschen Alpenvereins war 2013 zu dem Ergebnis gekommen, dass langfristig nur drei Skigebiete in den deutschen Alpen überleben werden: auf der Zugspitze, am Fellhorn und am Nebelhorn im Allgäu. Selbst auf dem 1.215 Meter hohen Fichtelberg im Erzgebirge ist man bereits jetzt permanent auf Kunstschnee angewiesen.

Wie schädlich ist der Wintersport für das Klima?

Mehr technische Beschneiung bedeutet mehr Wasser- und Energieverbrauch. Dieser ist jetzt schon enorm: Die saisonale Beschneiung der Alpen verbraucht laut Bundesumweltministerium genauso viel Strom wie 500.000 Haushalte pro Jahr.
Befürworter des Wintertourismus in deutschen Skigebieten argumentieren hingegen, dass regionale Angebote auch kürzere Anfahrtswege für die Touristen bedeuten, wodurch weitere Reisen ins Ausland entfallen und der CO2-Ausstoß verringert werden kann.

Wie begegnen die Wintersportorte dem Schneemangel?

Viele setzen weiterhin auf Kunstschnee aus mächtigen Schneekanonen. Am oberbayerischen Spitzingsee etwa wurden 2,5 Millionen Euro in modernisierte Anlagen investiert. Im benachbarten Skigebiet Sudelfeld waren es sage und schreibe 23 Millionen Euro.
Doch wenn warmes Tauwetter kommt, schmilzt auch der Kunstschnee weg. Andere Orte haben verstanden, dass sie neue Angebote schaffen müssen, die mit Schnee nichts zu tun haben. Spaßbäder, Wellnesszentren und Angebote für Mountainbiker zielen auch auf die Zeit von Frühling bis Herbst.

Welche Alternativen gibt es zum Skifahren?

Der schrittweise Abschied vom klassischen Wintersport steht vielen Gemeinden in den niedrigeren Lagen des gesamten Alpenraumes bevor. Das oberbayerische Bergsteigerdorf Schleching zum Beispiel sucht nach Alternativen zum Skitourismus: Zukunftssicher ist nur Winterurlaub, der nicht auf Schnee angewiesen ist.
In Schleching im Achental bietet man Wanderungen an – und wenn doch mal Schnee liegt, gibt es maximal „sanfte“ Schneewanderungen. Dort, im reizvollen Chiemgau, investiert man lieber in den Ausbau von Winterwanderwegen, Rodelbahnen, Langlaufloipen und Themenführungen statt in Beschneiungs- oder Seilbahnanlagen.

Ist Skitourismus überhaupt noch vertretbar?

"Skifahren ist ein Auslaufmodell, weil es immer wärmer wird und deswegen die Schneefallgrenze in den Alpen immer weiter hinauf geht", sagt der Alpenforscher Werner Bätzing. "Selbst wenn es oben, in großer Höhe, über 3.000 Meter noch relativ lange möglich sein wird, wird Skifahren einfach immer teurer, weil die Pisten immer aufwendiger präpariert werden müssen. Das heißt, Skifahren wird zum Luxussport für ein kleines Segment."
Martina Betz, Vorsitzende des Ski-Clubs Garmisch, entgegnet: "Skifahren hat mittelfristig sicher noch eine Zukunft, aber es wird immer exklusiver werden und demnach sich langfristig von einem Breitensport zu einem sehr exklusiven Sport für sehr Wohlhabende entwickeln." Es werde aber zu einseitig auf die Skifahrer gezeigt, das sei eine Modererscheinung: "Das Freizeitverhalten der Deutschen muss sich langfristig ändern und auch der Natur gegenüber demütiger werden."

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