Western-Revival

Erbarmen mit den Cowboys

Hilary Swank als Mary Bee Cuddy in "The Homesman"
Feministischer Western? Hilary Swank als Mary Bee Cuddy in Tommy Lee Jones' Western"The Homesman" © Universium Film/dpa picture alliance
Frank Kaspar im Gespräch mit Frank Meyer · 08.01.2015
Der Western ist zurück - in Buch und Film. Doch anders als die alten schwarz-weißen oder grellbunten Schinken zeigt er keine schlichte Macho-Moral, sondern vor allem, wie "sozial schwierig" es ist, ein Cowboy zu sein, meint Literaturkritiker Frank Kaspar.
Jahrzehntelang dümpelte der Western im Nachtprogramm des Fernsehens und in Groschenromanen vor sich hin. In jüngerer Zeit jedoch entdecken Schriftsteller und Filmemacher das Genre neu: in Filmen wie dem kürzlich erschienenen "The Homesman" von Tommy Lee Jones oder Büchern wie Pete Dexters "Deadwood".
"Ein wunderbares Kontrastmittel"
Der Western sei ein "wunderbares Kontrastmittel", erklärt Literaturkritiker Frank Kaspar das Western-Revival. Es gebe aktuelle Geschichten, die sich mit den klaren Konturen des Westerns dramatisch und überzeugend erzählen ließen:
"Ich glaube, diese Situation, wo man noch nicht weiß, ob das Gesetz gilt oder ob es nicht mehr gilt. Solche Situationen und solche Konflikte, die laden geradezu dazu ein, sie in der Sprache des Westerns eben zu erzählen."
Anders als ihre klassischen Vorgänger entwickelten die jüngeren Western jedoch andere Perspektiven, zum Beispiel wenn sie wie in "The Homesman" das bekannte Western-Szenario aus der Erfahrung einer Frau noch einmal aufrollten:
"Interessanterweise, finde ich, hat das unter anderem auch den Effekt, dass das einem eigentlich viel näher geht und man noch mal vielleicht reflektiert, was das eigentlich heißt, so ein harter West-Mann, den wir so als Ausschneide-Genrefigur kennen, was es heißt, so jemand zu sein. Also wie viel Verzicht, wie viel Härte, wie viel Nähe zu den Elementen usw. das alles mit sich bringt, wie schwierig das sozial ist.
Ernüchternder Blick auf die US-amerikanische Gründerzeit
Auch in der Literatur gebe eine gewisse Tradition in der amerikanischen Literatur, "die eher dokumentarisch vom Wilden Westen erzählt", sagt Kaspar. So schildere beispielsweise Pete Dexter in seinem Western-Roman "Deadwood" die Geschichte des "realen Westmanns" Wild Bill Hickok, "aber eben in einer Phase, in der dieser Bill eben nicht mehr so wild war", sondern versuche, sich in einem kleinen Nest, in Deadwood, niederzulassen:
"Und da wird so ein Panorama eigentlich der amerikanischen Gründerzeit entwickelt, was sehr ernüchternd wirkt, weil eben Geschäftemacher, gewaltbereite Revolvermänner letztlich den Alltag beherrschen", so der Literaturkritiker. "Es ist eine Welt, die sehr wenig mit strahlenden Helden zu tun hat."
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