Europäische Innenminister vs. Telegram

Lässt sich der Messengerdienst an den Verhandlungstisch holen?

05:00 Minuten
15.12.2021: Handybildschirm mit verschiedenen Social- und Messenger-Apps von Facebook/Meta, Google und Telegram
Telegram, aber auch anderen Messengerdiensten, wird vorgeworfen, nichts oder zu wenig gegen Hate Speech zu unternehmen. © imago images / MiS
Diana Kinnert im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 04.02.2022
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Immer wieder macht der Messengerdienst Telegram als Plattform für gewaltbereite Extremisten von sich reden. Die EU-Innenminister wollen jetzt Kontakt mit den Telegram-Machern aufnehmen, um Hate Speech und  Schlimmeres zu unterbinden.
Rund acht Millionen Nutzerinnen und Nutzer hat der Nachrichtendienst Telegram täglich in Deutschland. Er wird als Alternative zu WhatsApp, das zum Meta-Konzern (Facebook) gehört, sehr geschätzt, weil der Nachrichtenaustausch angeblich sicherer abläuft als bei der Konkurrenz.
Telegram ist derzeit aber vor allem als virtueller Versammlungsort für Verschwörungsideologen, für die rechte Szene und für andere Extremisten, für Morddrohungen und Hate Speech in der Öffentlichkeit präsent.

Kommt Telegram an den Verhandlungstisch?

Das Bundesinnenministerium hat sich nun  - es klingt zunächst eher unfreiwillig komisch – hilfesuchend an das Internetunternehmen Google gewandt und von den Suchmaschinenspezialisten die Kontaktadresse der Telegram-Macher erhalten.
Diana Kinnert bei einem Fotoshooting bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn, 23.10.2019
Die EU-Innenminister müssen jetzt schnell mit Telegram an den Verhandlungstisch, findet Diana Kinnert.© Imago / Future Image / J. Krick
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und die Innenministerinnen und Innenminister der anderen EU-Staaten wollen sich mit den Machern an einen Tisch setzen, um eine Lösung zu finden, die ausufernde Hate Speech eindämmt. Andernfalls, hatte die Ministerin vor ein paar Wochen angekündigt, müsse Telegram in Deutschland gesperrt werden.

"Wir sind noch am Anfang"

Den Versuch der Kontaktaufnahme, der sich auf den ersten Blick wie eine hilflose Geste liest, wertet unser Studiogast, die Unternehmerin und CDU-Politikerin Diana Kinnert, als wichtigen ersten Schritt, um Strafverfolgungsmöglichkeiten für die Verbreitung von Hate Speech zu schaffen.
Der Großteil der Bevölkerung halte sich zwar für fit, was das Internet anbelange. „Aber man sieht bei solchen Dingen eben, dass wir noch am Anfang sind: Dass manche Dinge strafrechtlich nicht verfolgt werden können, dass wir nicht wissen, auf welchen Servern welche Informationen lagern, dass man nicht weiß, wie man Anonymität tatsächlich bekommen kann“, sagt Kinnert. Das betrifft nicht nur Telegram, sondern auch andere Anbieter.

Politische Antworten sind gefragt

Auf solche Probleme brauche es nun dringend politische Antworten, sagt die Unternehmerin. Aus ihrer Sicht ist es zwar illusorisch, als Innenministerin eines einzelnen Landes den Konzernen im Silicon Valley sagen zu wollen, „was sie zu tun haben“. Doch einen Schulterschluss der europäischen Länder hält sie für sinnvoll, „um ins Silicon Valley zurückzufunken, wie unsere Gesellschaften funktionieren und welche Verantwortung dann auch die Plattformen dabei haben“.

Diana Kinnert wurde 1991 in Wuppertal geboren. Die Unternehmerin und Kolumnistin studierte Politologie und Philosophie. 2008 trat sie in die CDU ein. Von 2015 bis Ende 2016 leitete sie das Büro des CDU-Politikers und Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Peter Hintze. Unter CDU-Generalsekretär Peter Tauber wurde sie Mitglied der Reformkommission der Partei. Sie ist Autorin des Buches „Für die Zukunft seh‘ ich schwarz – Plädoyer für einen modernen Konservatismus“. 2021 erschien „Die neue Einsamkeit“.

Jetzt gelte es, gemeinsam festzuhalten, welche Möglichkeiten man bereits habe, um sich gegen Bedrohungen und Hate Speech zur Wehr zu setzen. Das sei „ein langer Weg“, der aber notwendig sei, um am Ende „mit dem Silicon Valley zu verhandeln“.

Plattformen wachsen schnell nach

Schnelles Handeln seit notwendig, weil immer wieder neue Plattformen in großer Geschwindigekeit nachwüchsen. Kinnert sagt „Wenn es 20 Jahre dauert, ehe man mit Telegram spricht, und in zwei Jahren gibt es schon wieder die nächste Plattform, dann ist all die Arbeit natürlich für die Tonne.“
So schnell wie möglich müssten feste Ansprechpartner in den Regierungen installiert werden, „die genau dort auch schon bei einer bestimmten Flughöhe einsteigen können“.

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