Unnötige Effekthascherei
Die Komische Oper inszeniert mit "Mazeppa" erneut ein Stück in Originalsprache, was gerade bei einer slawischen Oper sehr begrüßenswert ist. Nicht nötig dagegen wären die drastischen Foltervideos gewesen, mit denen Regisseur Ivo van Hove die ohnehin schon brutale Handlung untermalt.
Die Schrecken und Verwüstungen des Krieges zeigt Peter Tschaikowski in seiner selten gespielten, mittleren Puschkin-Oper "Mazeppa". Düster und laut ist seine Musik über weite Strecken, düster und hoffnungslos die Handlung um den ukrainischen Freiheitskämpfer Mazeppa, der den Zaren stürzen will und alles verliert, was ihm einst lieb und teuer war. Um seine Ziele zu erreichen schreckt der Warlord Mazeppa nicht vor Folter und Greueltaten zurück, lässt den Vater seiner Geliebten hinrichten und verwüstet das Land, das er doch vom Zarenjoch befreien will.
Doch dem flämischen Regisseur Ivo van Hove reicht diese Geschichte nicht, er wirft den Videobeamer an, um das Geschehen mit drastischen Folter- und Zerstörungsvideos anzureichern. Da werden Finger abgehackt und Gegner standrechtlich erschossen, bleibt alles auf der Strecke, was einst den Anspruch der Humanität erhob. Das Ergebnis dieses flott zusammengeschnittenen Horrormaterials ist aber bestenfalls Betroffenheitskitsch, im schlimmsten Fall hingegen Langeweile.
Dabei hätte die Inszenierung diese Effekthascherei gar nicht nötig. Ivo van Hove gelingt es nämlich über weite Strecken, das dramaturgisch umständlich erzählte Werk auf die Hauptstränge zu konzentrieren und mit den Mitteln des "realistischen Musiktheaters" zu erzählen. Er verlässt sich dabei zwar sehr auf Bildwelten, die inzwischen selber schon konventionell sind (Maschinengewehre, Uniformen, geschmacklose Kleider der Frauen in der Ausstattung von Wojciech Dziedzic) und lässt sämtliche Spielorte im Einheitsraum mit Treppenstufen und Podesten von Jan Verseweyveld spielen, der für fast jedes Bühnenwerk zu benutzen wäre, aber immerhin hält er die Geschichte zwischen Kriegstableau, Liebesduett und pittoresken Folkloreszenen immer unter Spannung.
Dabei hilft ihm der neue Generalmusikdirektor Henrik Nánási nach Kräften. Er lässt das präzise spielende Orchester mächtig auftrumpfen, koordiniert die Klangmassen zwischen Graben, Bühne und Blechbläsern im Zuschauerraum souverän und verweigert der Partitur jede Sentimentalität, die Tschaikowskis Musik allzu oft klebrig werden lässt. Die Sopranistin Asmik Grigorian ist ein Maria mit großem, dramatischem Ton, den sie im verblüffenden Wiegenlied-Finale auch ganz sanft zurücknehmen kann. Der Bariton Robert Hayward singt einen massiven Mazeppa mit lyrischen Zwischentönen, Alexey Antonov und Agnes Zwierko bieten den tragischen Verzweiflungston der gequälten Eltern Marias, der Tenor Ales Briscein sorgt für die wenigen lyrischen Momente der Hoffnung, die jedoch umgehend enttäuscht wird.
Der neue Intendant Barrie Kosky hat sich entschlossen, mit einem der Dogmen der Komischen Oper zu brechen und einige Opern in der Originalsprache singen zu lassen. Dafür ist er uneingeschränkt zu loben, denn gerade slawische Opern verlieren in deutscher Übersetzung extrem an musikalischer Substanz. Nach den Erfolgen mit der "Monteverdi-Trilogie" und der Kintopp-"Zauberflöte" zeigt sich die Komische Oper auch mit Tschaikowskis "Mazeppa" in Bestform.
Komische Oper Berlin
Doch dem flämischen Regisseur Ivo van Hove reicht diese Geschichte nicht, er wirft den Videobeamer an, um das Geschehen mit drastischen Folter- und Zerstörungsvideos anzureichern. Da werden Finger abgehackt und Gegner standrechtlich erschossen, bleibt alles auf der Strecke, was einst den Anspruch der Humanität erhob. Das Ergebnis dieses flott zusammengeschnittenen Horrormaterials ist aber bestenfalls Betroffenheitskitsch, im schlimmsten Fall hingegen Langeweile.
Dabei hätte die Inszenierung diese Effekthascherei gar nicht nötig. Ivo van Hove gelingt es nämlich über weite Strecken, das dramaturgisch umständlich erzählte Werk auf die Hauptstränge zu konzentrieren und mit den Mitteln des "realistischen Musiktheaters" zu erzählen. Er verlässt sich dabei zwar sehr auf Bildwelten, die inzwischen selber schon konventionell sind (Maschinengewehre, Uniformen, geschmacklose Kleider der Frauen in der Ausstattung von Wojciech Dziedzic) und lässt sämtliche Spielorte im Einheitsraum mit Treppenstufen und Podesten von Jan Verseweyveld spielen, der für fast jedes Bühnenwerk zu benutzen wäre, aber immerhin hält er die Geschichte zwischen Kriegstableau, Liebesduett und pittoresken Folkloreszenen immer unter Spannung.
Dabei hilft ihm der neue Generalmusikdirektor Henrik Nánási nach Kräften. Er lässt das präzise spielende Orchester mächtig auftrumpfen, koordiniert die Klangmassen zwischen Graben, Bühne und Blechbläsern im Zuschauerraum souverän und verweigert der Partitur jede Sentimentalität, die Tschaikowskis Musik allzu oft klebrig werden lässt. Die Sopranistin Asmik Grigorian ist ein Maria mit großem, dramatischem Ton, den sie im verblüffenden Wiegenlied-Finale auch ganz sanft zurücknehmen kann. Der Bariton Robert Hayward singt einen massiven Mazeppa mit lyrischen Zwischentönen, Alexey Antonov und Agnes Zwierko bieten den tragischen Verzweiflungston der gequälten Eltern Marias, der Tenor Ales Briscein sorgt für die wenigen lyrischen Momente der Hoffnung, die jedoch umgehend enttäuscht wird.
Der neue Intendant Barrie Kosky hat sich entschlossen, mit einem der Dogmen der Komischen Oper zu brechen und einige Opern in der Originalsprache singen zu lassen. Dafür ist er uneingeschränkt zu loben, denn gerade slawische Opern verlieren in deutscher Übersetzung extrem an musikalischer Substanz. Nach den Erfolgen mit der "Monteverdi-Trilogie" und der Kintopp-"Zauberflöte" zeigt sich die Komische Oper auch mit Tschaikowskis "Mazeppa" in Bestform.
Komische Oper Berlin