Und wenn sie nicht gestorben sind ...

Von Susanne Mack · 25.02.2012
Am 20. Dezember 1812 erschien in Berlin die erste Ausgabe der "Kinder- und Hausmärchen", gesammelt von den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm. 2012 wird daher an vielen Orten der Gebrüder Grimm, ihrer Leistungen und ihres Einflusses auf die Kultur hierzulande gedacht.
"So, dann wünsch ich Euch erstmal einen märchenhaften 'Guten Morgen'! ... . Sagt Ihr mir nicht 'Guten Morgen'?"

"Guten Morgen!"

"Ah, jetzt ! Okay, und zwar bin ich die Manja ... "

Wir sind zu Gast in "Manjas Märchenstunde" beim Kinder- und Jugendverein in Leipzig-Connewitz. Dunkel und gemütlich ist es hier, eine richtige Märchenhöhle! Heute erzählt Manja Krüger von den "Bremer Stadtmusikanten":

"'Die Bremer Stadtmusikanten', erzählt von Manja Krüger:

'"Es hatte ein Mann einen Esel, der schon lange Jahre die Säcke unverdrossen zur Mühle getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, so dass er zur Arbeit immer untauglicher ward."

Kind: "Was ist 'untauglich'?"

"Na, dass er das nicht mehr schafft ... und dass ihm das alles zu schwer ist, und er taugt halt als Esel nicht mehr so."

Eugen Drewermann, Theologe und Therapeut: ""Märchen sind im Grunde überzeitlich, das heißt, sie entsprechen ganz und gar der Gefühlslage und der Fantasiewelt von Kindern, und sie erzählt zu bekommen, bedeutet immer ein inniges Verhältnis zwischen dem Kind und dem Vortragenden, im Idealfall der eigenen Mutter oder dem eigenen Vater. Die Kinder brauchen sie, damit wir sie in ein Leben führen, das wirklich lebenswert ist."

Heinrich Dickerhoff, ebenfalls Theologe, Pädagoge und Märchenerzähler, sagt, zu ihm kommen nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene, die Märchen hören wollen. Und es werden immer mehr.

"Meine Erklärung dafür ist, wir kommen nicht aus ohne deutende Bilder. Wir kommen mit einer rein rationalen Bewältigung unseres Alltags nicht aus, vor allem nicht in Grenzen: Wenn wir trauern, wenn wir uns fragen: 'Wie geht's weiter?' Leider, sag' ich als Theologe, sind die überlieferten Bilder der Religionen für viele Menschen unverständlich geworden; ich glaube auch, dass das Christentum seit der Aufklärung sehr gelitten hat durch die Pädagogisierung und Moralisierung der Religion.

Märchen haben überhaupt nicht den moralischen Zeigefinger und auch eigentlich nicht eine pädagogische Absicht, und das ist auch ihre Chance: Sie sind auch sehr offen, und sie sind eine Einladung. Und ich glaube, das macht den Reiz aus: Eine Geschichte lädt ein, mein Leben in bestimmten Bildern zu spiegeln."

Kind 1: "Mir gefällt das Märchen 'Sterntaler'."

Kind 2: "Sterntaler"

Grimms Märchen: 'Die Sterntaler', erzählt von Heinrich Dickerhoff:

"Da war einmal ein kleines Mädchen, dem waren Vater und Mutter gestorben. Und es war so arm, dass es kein Zimmer mehr hatte, drin zu wohnen, kein Bett mehr, drin zu schlafen. Und endlich gar nichts mehr als die Kleider auf dem Leib und ein Stück Brot in der Hand, das ihm ein mitleidiges Herz noch geschenkt hatte. Es war aber gut und fromm. Und weil es so von aller Welt verlassen war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Feld. - So fängt ihre Wanderung an."

Grimms Märchen: 'Die Sterntaler', erzählt von Manja Krüger:

"Da begegnet dem Mädchen ein armer Mann. Der sagt: "Bitte ... ! Gib' mir etwas zu essen, ich habe solchen Hunger! - Das Mädchen gibt ihm sein letztes Stückchen Brot und sagt: "Gott segne es Dir !" - Da kommt ein Kind, das weint und jammert: "Mir ist so kalt an meinem Kopf!" Das Mädchen nimmt seine Mütze ab und gibt sie dem Kind."

Was ist dieses Sterntaler-Mädchen eigentlich für ein Wesen? - Eugen Drewermann:

"Ein sehr gefährdetes. - Manche Leute kenne ich, die als Lieblingsmärchen aus Kindertagen "Die Sterntaler" gewählt haben, und immer waren es Persönlichkeiten, die wunderbar darin sein konnten, freigiebig zu sein, großzügig zu sein, eigentlich niemals 'Nein!' zu sagen, sondern sich bis zur Aufopferung in die Bedürfnisse anderer hineinzuversetzen. Auf der anderen Seite liegt darin fast immer ein Hauptproblem: Man darf sich nicht verweigern! Man muss bedingungslos zur Verfügung stehen; man hätte die größten Schuldgefühle, sich abzugrenzen. Mit anderen Worten: Das Sterntaler-Märchen als ein Ideal der Sittlichkeit, des Verhaltens, schon in Kindertagen eingetragen, macht Gefahr, eine neurotische Persönlichkeit zu formen."

Dickerhoff: "Eine alte Dame erzählte mir, dass ihr heute noch körperlich schlecht wird, wenn sie 'Sterntaler' hört. Weil, als sie ein Kind war, hat man ihr dieses Märchen immer erzählt mit der Botschaft: 'Mädchen müssen sich opfern.' Das Märchen erzählt gar nichts davon! Aber 'Sterntaler' gehört zu den Märchen, die man so missbrauchen kann."

Dass Mädchen meinen, sie müssen ihr letztes Hemd hergeben, egal, wer's von ihnen verlangt; denn das sei fromm und christlich.

Drewermann:"Die Brüder Grimm sprechen sehr oft von 'fromm' und meinen damit nur bürgerliche Bravheit; das muss man ein bisschen aus der Zeit verstehen."

Dickerhoff: "Und wir haben natürlich erlebt, dass man auch Religion, dass man auch das Christentum manchmal in ähnlicher Weise missbraucht hat, in dem man den Kleinen noch gesagt hat, sie haben gefälligst sich noch kleiner zu machen und anderen unterzuordnen."

Heinrich Dickerhoff deutet das Sterntaler-Märchen vollkommen anders.

"Sie geht dann ja und verschenkt ja ohne jede Berechnung denen, die ihr begegnen, das, was sie hat; dann hat sie gar nichts mehr, und dann fallen die Sterne vom Himmel. - Und dass die Sterne vom Himmel fallen, ist ein altes Bild für den Weltuntergang, und mir sagt das Märchen: 'Wenn Deine Welt zusammenbricht und untergeht, dann zählt nicht mehr, was Du auf dem Konto hast, sondern nur noch, was Du mit anderen geteilt hast!' Das macht Dich dann reich, wenn Dich überhaupt noch etwas reich macht."

Vertrauen in Gott besiegt jede Angst, macht ein Menschenkind mitfühlend und freigiebig, davon erzählt das Sterntaler-Märchen. Was nicht heißt, dass man die Ansprüche Anderer ungeprüft anerkennen und alle ihre Wünsche erfüllen soll, sagt Eugen Drewermann. - "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst!" gebietet das Christentum; es heißt nicht: "Liebe Deinen Nächsten mehr als Dich selbst! "

"Wünschen könnte man, es gäbe eine Synthese zwischen 'Ja!' und
'Nein!', zwischen Selbstbewahrung und Engagement, zwischen Ich-Identität und Hingabe. Und wenn es so vermittelt würde an Erwachsene, wäre die Sterntaler-Erzählung eine machtvolle Erinnerung daran, den Egoismus der Geldgier dranzugeben. Und sich mal zu fragen, wie wir den Himmel ein Stückchen auf die Erde holen könnten durch Großzügigkeit. Für uns Erwachsene wäre es das richtige Märchen, für Kinder könnte es allzu früh kommen."

Dickerhoff: "Was ich als Theologe sehr schätze: Dass die Märchen eigentlich nicht von Gott reden; man kann nicht über Gott reden wie über einen Stuhl."

Drewermann: "Die Märchen sind wesentlich säkulare Erzählungen. Das heißt, sie können, selbst wenn sie von Gott oder von Engeln oder Teufeln oder der Mutter Gottes oder von was immer sprechen, richtig verstanden, zunächst nur psychologisch aufgegriffen werden. Auch Gott ist in den Märchen eine innere, seelische Gestalt; ein Engel, etwas, das in uns selber Führung und Weg weisen kann, kein metaphysisches Wesen außerhalb von uns selber."

Dickerhoff: "In ganz wenigen Ausnahmen taucht, in manchen Grimm'schen Märchen, Geschichten, es sind eigentlich gar keine echten Märchen, Gott auf als handelnde Person. Und dann wird's ganz schwierig."

Wie in der Geschichte von den 'ungleichen Kindern Evas'. Im Grimm'schen Märchenbuch eine der schlimmsten, findet Heinrich Dickerhoff.

"Wie gesagt, das ist eigentlich kein Märchen - Gott kommt Adam und Eva besuchen, und sie verstecken ihre schmutzigen Kinder vor dem Gast. Und zeigen nur die feinen Kinder, und Gott verteilt an die die guten Posten: Adel, Bürger, Kirchenmann. Und dann sagt er: 'Ihr habt doch noch andere!' - Und dann holen sie die schmutzigen Kinder hervor. Und die werden dann Knecht, Bauer und so weiter."

Krüger: "Was bei mir gleich aufkam, war, dass ich mich frage: Sind Kinder, die aus sozial schwachen Familien kommen, einfach schon von Grund auf benachteiligt, weil sie nicht die richtigen Klamotten anhaben, die richtigen Sachen tragen? Vielleicht nicht jedes Mal zum Friseur gehen können, wenn's dran wäre? Und ich frage mich dann: Hätten die ganz andere Aufstiegsmöglichkeiten oder ganz andere Voraussetzungen, im Leben irgendwo hinzukommen, wo sie hin möchten, wenn sie halt nicht aus einer sozial schwachen Familie kommen würden?"

Dickerhoff: "Eine fürchterliche Geschichte! Die sozusagen im Namen Gottes die Ungleichheit in der Welt stabilisiert und absegnet. Das ist völlig konträr zu allen biblischen Aussagen; das ist kein Gott, das ist ein lästerliches Konstrukt. Die Grimms haben darüber nicht groß nachgedacht, sondern die Geschichte aus der Literatur übernommen. Also, solche Geschichten sind übel!"

Kind 1: "Mir gefällt 'Aschenputtel'."

Kind 2:"Mir gefällt das, da wo der Baum ist, weil da fällt immer 'n Kleid runter!"

Grimms Märchen, "Aschenputtel", erzählt von Manja Krüger:

"Einem reichen Mann wird die Frau krank; bald merkt sie, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Sie ruft ihre einzige Tochter zu sich ans Bett und sagt: 'Liebes Kind! Bleibe fromm und gut, dann wird dir der liebe Gott immer beistehen, und ich will vom Himmel auf Dich herabschauen und bei Dir sein.' - Dann schließt sie die Augen und stirbt."

Einen Frühling später lebt das fromme, gute und bisher wohlbehütete Mädchen als 'Aschenputtel' im Haus der Stiefmutter.

Dickerhoff: "'Aschenputtel' war ursprünglich der unterste Küchenjunge, der den Kamin auskratzen musste. Der letzte Dreck! Und die Märchen haben eine Vorliebe für die Kleinen, das ist übrigens sehr nahe dem, was 'die Armen im Geiste' sind in der Bibel."

In seiner Tätigkeit als Seelsorger und Therapeut habe er schon viele 'Aschenputtel' getroffen, sagt Eugen Drewermann:

"'Aschenputtel' ist im Grunde überall der Rest der Erinnerung in der Persönlichkeit der meisten, nicht wirklich so gewürdigt worden zu sein - als Kind bereits und dann im weiteren Leben - wie man zur Entfaltung wirklich hätte bei der Hand genommen werden müssen. Man hatte sich so viel erhofft, und es ist so klein geblieben! Also, herrscht der Wunsch noch immer auf den Mann oder die Frau, die das eigene Wesen wirklich entdeckt, wertzuschätzen weiß, mit Liebe umhüllt, und dann ermöglicht, aufsteigen zu können."

Braucht jeder Mann, der sich als 'Aschenputtel' fühlt, eine Königstochter, die ihn rettet? Und jede Aschenputtel-Frau einen Königssohn? - Manja Krüger:

"Na, vielleicht keinen Königssohn, einen Retter vielleicht auch nicht. Aber jemanden, der da ihnen, ja, eine andere Welt aufzeigt. Das kann ein Freund sein, das kann auch eine Freundin sein. Da denke ich, gibt's viele Sonnen, die einen da ein Stück weit rausreißen können, ja. - Vielleicht kann aus diesem Leben eines Aschenputtels ja so eine eigene Kraft auch aufwachsen, die sagt: Nee! Und irgendwann einfach mal den Laden hinschmeißt und, ja, ihr Ding macht. Also, ich glaub', wenn einfach so 'ne Schmerzgrenze erreicht ist von 'Sie muss immer diese Drecksarbeiten machen', dann kann man da auch von alleine aufstehen."

Drewermann: "Ich hab' das mal erlebt bei einer Frau, die so ein Aschenputtel war, auch selber sich drin vollkommen wieder erkannte, dass sie mir erklärte, sie hat jetzt - bei ihrer Katze wohlgemerkt - die Fauchigkeit gelernt. Und sie machte dabei eine Bewegung, wie wenn eine Hand sich langsam schließt und dann ganz langsam auf den Tisch bewegt. Das war weit entfernt davon, mit der Faust auf den Tisch des Hauses zu hauen! Aber es war der Anfang einer Fauchigkeit, die sie gelernt hatte. Es begann die Vorstellung, auch mal Nein! sagen zu dürfen, statt sich auffressen zu lassen."

Ein langer Weg für Menschen, die in der Kindheit gelernt haben, dass sie nicht "Nein!" sagen dürfen.

"Es setzt oft sogar Sprachübungen voraus. Wie kann ich bei Gesellschaft nun mal sagen: 'Es ist jetzt 11 Uhr, und ich möchte nach Hause.' Statt bis ein Uhr rumzusitzen bei Versammlungen, die es nicht bringen! Wie kann man dem eigenen Mann sagen: 'Ich möchte jetzt dann mal einen neuen Schal für den Winter haben.' Obwohl' s was kostet, und so weiter. Man muss das lernen."

Grimms Märchen erzählen vom Leben: von Lebensträumen und von Lebenstraumata.
Dickerhoff: "Es gibt kein echtes Volksmärchen, das 'nett' ist. Das unterscheidet sie von Pseudomärchen, die heute ausgedacht werden. Die Märchen verharmlosen die Wirklichkeit nicht. Märchen sind Geschichten gegen die Angst, und damit sie Mut bewirken, muss man sich der Angst stellen, und die Angst wird in Bilder gefasst."

"Hänsel und Gretel" ist so ein Märchen. Über ein Geschwisterpaar, das Todesängste durchzustehen hat; Kinder einer machtvollen, lieblosen Mutter und eines schwachen, betrügerischen Vaters. Aber vielleicht haben diese mörderischen Eltern ja auch Verständnis verdient, sagt Eugen Drewermann:

"Es geht um die fatale Feststellung, dass Eltern ganz simpel die Nahrungsmittel nicht mehr haben, um ihre Kinder großzuziehen. Das betrifft auf dieser Welt 50 Millionen Menschen, die verhungern jedes Jahr, davon sind viele Kinder. Und darunter sind Eltern, die ganz simpel überfordert sind in den Hungergebieten und in den Nahrungsmittel-Krisen, die im übrigen an der Chicagoer Börse künstlich gemacht werden zum Geldverdienen über einen Millionen-Ausstoß von Toten und Verelendeten. An dieser Stelle hätte das Märchen von Hänsel und Gretel eine hohe, sozialpolitische Aktualität!"

Dickerhoff: "Die Eltern im Märchen sind ganz überwiegend eine Enttäuschung. Es wimmelt von mörderischen Müttern und von entweder schwachen oder Besitz ergreifenden Vätern. Erwachsenwerden heißt lernen: 'Niemand, kein Mensch, stillt alle meine Bedürfnisse! - "Wir müssen Vater und Mutter verlassen!", so heißt es in der Bibel: wir müssen selbst um unsere Bedürfnisse uns kümmern. Und von diesem Weg erzählen die Märchen, und dazu machen sie Mut."

Auch den Mut, sich teuflischen Versuchungen zu stellen. Bei 'Hänsel und Gretel' ist's ein Pfefferkuchenhaus.

Drewermann: "Da ist ein Häuschen, das nur aus Nahrungsmitteln besteht: Kindersüßspeise, Bretzeln und Lebkuchen! - Auf der einen Seite der blanke Hunger, und auf der anderen Seite eine Wunschwelt vollkommener Erfüllung von Nahrungsbedürfnissen."

Grimms Märchen, "Hänsel und Gretel", erzählt von Manja Krüger:

"Da geht auf einmal die Tür auf und eine steinalte Frau kommt heraus. Hänsel und Gretel lassen alles fallen, was sie in der Hand haben: Brezeln, Pfefferkuchen, Zuckerwatte. - Die Alte wackelte mit dem Kopf und sagt: 'Ei, ihr lieben Kinder, wer hat Euch denn hergebracht?? Kommt herein und bleibt bei mir, es wird Euch nichts Böses gescheh'n!'"

Drewermann: "Am Ende aber ist Hänsel das wirkliche Opfer der Erzählung, und Gretel, als dienstbare Magd im Hause der Hexe, bekommt es fertig, den Aufstand zu wagen. Und dann: Beide, Hand in Hand, setzen sich auf ein Entchen, das sie hinüberträgt in die Welt des Vaters."

Dickerhoff: "Hänsel steht eher in dem Märchen eher für die rationalen Kräfte, er ist immer clever, hat Pläne. Gretel ist Gefühl und Intuition."

Drewermann: "Wie man sich gegen die Mutter, die verweigert, wehrt, zeigt uns Hänsel. Wie man sich gegen die Hexe, die alles schenkt, nur um einen aufzufressen, wehrt, zeigt uns Gretel. - Die können nur zusammenhalten! Weil das Ich in diesen beiden Brechungen nur als Ganzes überleben kann."

Dickerhoff: "Bei Hänsel und Gretel ist es eben diese Geschwisterliebe - etwas sehr christliches - die erlöst! Wir Menschen können nicht leben nach dem Gesetz 'Fressen und Gefressen werden'."

Die beiden halten zusammen - genau wie die Tiere, von denen Manja Krüger in ihrer Märchenstunde erzählt:

"Aber der Esel merkte, dass kein guter Wind wehte. Er lief fort, und er machte sich auf den Weg nach...?"

"Bremen! Bremer Stadtmusikanten!"

"Genau!"

Drewermann: "Die 'Bremer Stadtmusikanten' sind ein erklärtermaßen revolutionäres Märchen. Erstens, weil sie daran nicht mehr glauben, es sei der rechte Umgang mit den armen Tieren, die wir Menschen sind, sie frei zu setzen mit fortschreitendem Alter in die Nichtexistenz: ihnen das Fell über die Ohren zu ziehen und sie in den Kochtopf zu stecken, was man all die Zeit schon getan hat."

Krüger: "So jeder für sich alleine hätte gar nicht die Kraft oder den Mut, die Freude, da überhaupt loszustiefeln. Zu viert macht das natürlich vielmehr Spaß, und man ist natürlich stärker."

Drewermann: "Also halten die Tiere zusammen und finden eine Lösung: die Hausbesetzung. - 'Die jetzt noch Häuser haben', finden die Tiere, 'können eigentlich nur Räuber und Diebe sein, das sieht man. Schon wie sie fressen und da sitzen: Sie müssen 's anderen weggenommen haben!'"

Krüger: "Es ist ja so, dass am Ende wieder Gerechtigkeit ist. Denn die Räuber sind ja offensichtlich in dieses Haus eingedrungen und haben sich dort breit gemacht. Und jetzt kommen halt die Bremer Stadtmusikanten, die sich zwar auch breit machen, aber sie verscheuchen zumindest erstmal die Räuber aus dem Haus. Und damit herrscht zum Schluss wieder Gerechtigkeit.""Iaa! Wauwauuuuuuu, Miauuuuuuuuu, Kikerikiiii ... "
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