Umstrittenes Holocaust-Gesetz

Polens Umgang mit Geschichte

Schienen laufen auf einen Turm des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau zu.
Das ehemalige NS-Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau © dpa
01.02.2018
Viel Kritik gibt es an Polens neuem Holocaust-Gesetz. Unser Studiogast, der Kulturphilosoph Christian Demand, hält es für unglücklich, dass ein Gesetz Ergebnisse historischer Forschung festlegen soll.
Polens Regierung hält an ihrem umstrittenen Holocaust-Gesetz fest. Inzwischen hat auch die zweite Parlamentskammer für die neue Vorschrift gestimmt. Bevor das Gesetz verabschiedet wird, muss der Entwurf noch von Präsident Andrzej Duda unterschrieben werden.
Mit dem Gesetz will die Regierung in Warschau nach eigenen Angaben den Ruf des Landes verteidigen und sich dabei auch gegen die Bezeichnung "polnische Todeslager" für deutsche NS-Vernichtungslager im besetzten Polen während des Zweiten Weltkriegs wehren. Die neue Regelung sieht Geldstrafen oder bis zu drei Jahren Haft für vor, wenn jemand öffentlich dem polnischen Volk oder dem polnischen Staat die Verantwortung oder Mitverantwortung für vom "Dritten Reich" begangene Nazi-Verbrechen zuschreibt oder für andere Verbrechen gegen den Frieden oder die Menschheit oder für Kriegsverbrechen.
Christian Demand
Der Kunsthistoriker und Kulturphilosoph Christian Demand © Deutschlandradio / Jana Demnitz

Besser Vorschläge für Sprachregelung

Gegner des Gesetzes kritisieren, das Gesetz sei unpräzise formuliert. Dies könne von Regierenden benutzt werden, um Fälle zu leugnen, bei denen die Verantwortung von Polen bei Verbrechen an Juden nachgewiesen wurde. Kritik kam auch aus Israel und den USA.
"Jedes Gesetz, dass von vorneherein die Ergebnisse historischer Forschung festlegt, halte ich für unglücklich", sagte unser Studiogast, der Kulturphilosoph Christian Demand im Deutschlandfunk Kultur. Allerdings habe er den genauen Text des Gesetzes nicht gelesen und könne nur auf das reagieren, was in den deutschen Medien darüber berichtet werde, sagte der Herausgeber der Zeitschrift "Merkur".
"Es hätte doch nichts dagegen gesprochen, offizielle Stellen, Schulbücher etc. mit einer Sprachregelung zu bedenken." Dann hätte man sagen können, dass man aus bestimmten Gründen die Formulierung "polnische Vernichtungslager" für extrem unglücklich, historisch irreleitend und von den eigentlich Verantwortlichen ablenkend halte. "Das Ganze mit Gefängnisstrafen und anderem zu machen, halte ich für letztlich überzogen", kritisierte Demand.
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