Daniil Trifonov spielt Skrjabin

Technische Perfektion für große Emotion

Daniil Trifonov sitzt vor einem geöffneten Flügel, während er seine Finger in auffällige Stellung vor seinem Gesicht bringt.
Daniil Trifonov übt viel, aber auch ohne sein Instrument: Üben mit und im Kopf, um die musikalischen Abläufe gedanklich wie emotional zu erfassen. © Dario Acosta
Moderation: Elisabeth Hahn · 04.12.2022
Daniil Trifonov begeistert mit furioser Technik und bewegender Ausdruckskraft. Auf seiner Tournee mit dem Orchestre National de France spielt er Skrjabins emotionsgeladenes Klavierkonzert. Umrahmt wird dies mit Werken von Ravel und César Franck.
„Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch." Dieser schöne Spruch von Erich Kästner hätte vielleicht auch Maurice Ravel gefallen. Vor allem mit Blick auf seine Mächen-Suite „Ma Mere L'Oye“. Das ist anspruchsvolle, reife Musik mit Themen und Geschichten aus unserer Kindheit: „Die Schöne und das Biest“, „Der kleine Däumling“ oder „Dornröschen.“

Wenn sich Klavierminiaturen verwandeln

All diese Geschichten hat Ravel in dieser Musik verarbeitet, denn eigentlich wollte er den Kindern einer befreundeten Familie damit eine Freude machen in Form einer Komposition für Klavier zu vier Händen. Das Werk wurde dann aber doch zu komplex für die Kinder. Also schrieb Ravel die Klavierstücke für Orchester um.

Von Schaffensschub überrollt

Der Pianist Daniil Trifonov das Klavierkonzert in fis-Moll von Alexander Skrjabin – sein einziges der Gattung. Offenbar entstand es sehr spontan, wie Daniil Trifonov meint: Dieses Konzert wurde in sehr kurzer Zeit geschrieben. Es war ein Inspirationsausbruch, der Skrjabin erfasst haben muss. Er schrieb es in nur wenigen Wochen. Und das zeigt sich auch darin, dass es sehr frisch klingt. Es wirkt wie eine Improvisation, als käme es aus nur einem Moment der Inspiration.“
Das Klavierkonzert von Alexander Skrjabin ist dabei auch ganz klar inspiriert von seinem Vorbild Frédéric Chopin. Zum Beispiel in der Art der Instrumentierung oder im sehr verhalten-poetischen Beginn dieses Klavierkonzerts. Nicht nur Schönheit und Sinnlichkeit, sondern auch Tragik und Verzweiflung kommen in diesem Klavierkonzert zum Ausdruck – und auch hierin steht dies Komposition der Musik von Chopin nahe.

Spätes Meisterwerk

Auch der Komponist César Franck hat sich einer zentralen Gattung nur ein einziges Mal gewidmet. Seine Sinfonie in d-Moll begann Franck mit 63 Jahren. Ein Jahr nach der Uraufführung 1889 starb Franck bei einem Verkehrsunfall.
Wirklichen Erfolg war seiner einzigen Sinfonie allerdings nicht vergönnt. „Inkompetenz, dogmatisch in die Länge gezogen“ – so lautete eines der vernichtenden Urteile. Heute bezweifelt wohl kaum jemand die Bedeutung seiner d-Moll-Sinfonie . Selbstbewusst und elegant geht Franck mit deutschen und französischen Einflüssen um und verbindet musikalische Farbigkeit mit konsequenter Form.
Aufzeichnung vom 24.11.2022 im Auditorium des Maison de la Radio et de la Musique, Paris

Maurice Ravel
Ma mère l'oye

Alexander Skrjabin
Konzert für Klavier und Orchester fis-Moll op. 20

César Franck
Sinfonie d-Moll op. 48

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