Training bei Coach K.
Wenn im März die Meisterschaft im US-Collegebasketball in die heiße Phase geht, gehört die Privatuniversität Duke zu den Favoriten. Der Grund ist ihr Chef-Coach Mike Krzyzewski. Er hat die USA bereits zwei Mal zum Olympiasieg gecoacht und beste Kontakte in die NBA. Ein Platz in seinem Team ist Gold wert.
Mike Krzyzewski: „Hört mal zu, jetzt wird Gott zu Euch sprechen …“
Mike Krzyzewski spricht an diesem Nachmittag nicht nur zu seinen Jungs vom Duke-Basketballteam, den Blue Devils. Dem 66-jährigen Cheftrainer lauschen auch zwei Dutzend CEOs von großen amerikanischen Firmen. Im Rahmen eines Leadership-Seminars sind sie nach Krzyzewskiville – so heißt der nach dem Meister benannte Duke-Sportkomplex – gekommen, um ihre Führungsqualitäten auf den neuesten Stand zu bringen. Damit er besser zu verstehen ist, hat sich Mike Krzyzewski ein Mikrofon ans Revers seiner blauen Trainingsjacke geklemmt. Wären hier keine Basketballkörbe, könnte die Halle auch eine mächtige Kathedrale sein. Und verstärkt durch das Mikro klingt der Coach ein bisschen wie der Allmächtige persönlich.
Für Basketballmaßstäbe ist Coach K. mit seinen 1,78 Metern kein Riese. Als Spieler war er ein eher mittelmäßiger Point Guard. Aber der Absolvent der legendären West Point Militärakademie, Nachfahre einer polnischen Einwandererfamilie, verkörpert den alten amerikanischen Tellerwäschertraum geradezu perfekt. Lukrative Angebote aus der NBA hat der Sohn einer Putzfrau und eines Fahrstuhlführers immer wieder ausgeschlagen, nur um seinen Duke-Jungs auf die richtige Lebensbahn helfen zu können. Seine Session beginnt er heute Nachmittag mit einer sehr traurigen Geschichte:
„Es ist Krebs. Konrad wurde ein Bein amputiert. Im Sommer hat er noch Basketball gespielt und alles war gut. Und plötzlich passiert so was.“
Kein Ball tippt mehr auf das glänzende Holzparkett des Court K. Alle Spieler haben sich am Mittelkreis des nach ihrem Trainer benannten Spielfelds versammelt. Bestürzt hören die Blue Devils, hünenhafte Kerle um die 20, teilweise noch mit kindlichen Gesichtern, ihrem Trainer zu. Er erzählt ihnen vom Schicksal eines Mitspielers, Konrad, ein 17-jähriger Schüler, der plötzlich an Krebs erkrankt ist:
„Wir haben darüber gesprochen, wie ein Point Guard damit umgehen würde. Ich habe zu ihm gesagt, du musst dafür sorgen, dass jeder in deinem Umfeld positiv ist. Auch deine Eltern, die deprimiert sind und dir die Krankheit am liebsten abnehmen würden.“
Die verschwitzten Jungs im Mittelkreis, die Assistenten, die Physios und Balljungen – fast alle halten den Kopf gesenkt. Die Manager, die von der Tribüne aus das Training verfolgen, hängen Mike Krzyzewski an den Lippen:
„Also, du musst jetzt für die anderen stark sein und dann machen sie dich stark. Und er sagt: Ich habe verstanden, Coach. Ich habe ihm gesagt: So machen das Point Guards. Er ist stark und macht damit sein ganzes Umfeld stark. Ganz egal, was passiert. Und das erwarte ich jetzt auch von dir.“
Mike Krzyzewski bringt sein ehrliches Mitgefühl für den krebskranken Jungen zum Ausdruck. Aber gleichzeitig nutzt er diese fürchterliche Geschichte auch, um die Siegermentalität seines Teams zu stärken. Aufgeben gilt nicht. Niemals. Mit militärischer Disziplin und menschlicher Wärme schweißt Krzyzewski seine Jungs zusammen. So formt der Meister der Emotionen seine Erfolgsteams. Mit Duke hat er schon vier Mal den College-Titel geholt.
Nach Coach K.s ergreifender Ansprache stehen für die Blue Devils zwei Stunden hartes Training auf dem Programm. Mit Sprints und Drill. Immer wieder werden taktische Manöver und ganz spezielle Spielsituationen geübt. Mike Krzyzewski, dem drei Assistenztrainer zur Seite stehen, geht sofort dazwischen, wenn ihm etwas nicht passt. Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Mason Plumlee, 2,14 Meter groß, steht nach dem Training auf dem Gang zur Dusche, nur ein weißes Handtuch um die Hüften geschlungen.
Der 22-Jährige kommt aus Warsaw, Indiana. Er hat sich für Duke entschieden, weil es seiner Meinung nach die beste amerikanische Uni mit einem der besten Basketballprogramme des ganzen Landes ist. Das Programm läuft vier Jahre. Dafür hat Mason ein Stipendium von 250.000 Dollar bekommen. Der Center ist jetzt in seinem letzten Jahr und hat auch schon Kontakte zur NBA. Wahrscheinlich wird er dort demnächst bei einem der reichen Klubs einen Profivertrag unterschreiben. So ein Vertrag garantiert ihm in den ersten zwei Jahren mindestens zwei Millionen Dollar. Diese glänzende Karriereperspektive verdankt Mason Plumlee natürlich auch seinem Trainer.
Plumlee: „Der Trainer war schon das Wichtigste. Ich denke, da können Sie jeden Spieler fragen. Du suchst dir eine Schule ja wegen des Trainers aus. Das ist derjenige, mit dem du vier Jahre lang zu tun hast, mit dem du an deiner Karriere arbeitest. Ich kann mir keinen Spieler vorstellen, der für einen Trainer spielt, den er überhaupt nicht leiden kann.“
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Für Basketballmaßstäbe ist Coach K. mit seinen 1,78 Metern kein Riese. Als Spieler war er ein eher mittelmäßiger Point Guard. Aber der Absolvent der legendären West Point Militärakademie, Nachfahre einer polnischen Einwandererfamilie, verkörpert den alten amerikanischen Tellerwäschertraum geradezu perfekt. Lukrative Angebote aus der NBA hat der Sohn einer Putzfrau und eines Fahrstuhlführers immer wieder ausgeschlagen, nur um seinen Duke-Jungs auf die richtige Lebensbahn helfen zu können. Seine Session beginnt er heute Nachmittag mit einer sehr traurigen Geschichte:
„Es ist Krebs. Konrad wurde ein Bein amputiert. Im Sommer hat er noch Basketball gespielt und alles war gut. Und plötzlich passiert so was.“
Kein Ball tippt mehr auf das glänzende Holzparkett des Court K. Alle Spieler haben sich am Mittelkreis des nach ihrem Trainer benannten Spielfelds versammelt. Bestürzt hören die Blue Devils, hünenhafte Kerle um die 20, teilweise noch mit kindlichen Gesichtern, ihrem Trainer zu. Er erzählt ihnen vom Schicksal eines Mitspielers, Konrad, ein 17-jähriger Schüler, der plötzlich an Krebs erkrankt ist:
„Wir haben darüber gesprochen, wie ein Point Guard damit umgehen würde. Ich habe zu ihm gesagt, du musst dafür sorgen, dass jeder in deinem Umfeld positiv ist. Auch deine Eltern, die deprimiert sind und dir die Krankheit am liebsten abnehmen würden.“
Die verschwitzten Jungs im Mittelkreis, die Assistenten, die Physios und Balljungen – fast alle halten den Kopf gesenkt. Die Manager, die von der Tribüne aus das Training verfolgen, hängen Mike Krzyzewski an den Lippen:
„Also, du musst jetzt für die anderen stark sein und dann machen sie dich stark. Und er sagt: Ich habe verstanden, Coach. Ich habe ihm gesagt: So machen das Point Guards. Er ist stark und macht damit sein ganzes Umfeld stark. Ganz egal, was passiert. Und das erwarte ich jetzt auch von dir.“
Mike Krzyzewski bringt sein ehrliches Mitgefühl für den krebskranken Jungen zum Ausdruck. Aber gleichzeitig nutzt er diese fürchterliche Geschichte auch, um die Siegermentalität seines Teams zu stärken. Aufgeben gilt nicht. Niemals. Mit militärischer Disziplin und menschlicher Wärme schweißt Krzyzewski seine Jungs zusammen. So formt der Meister der Emotionen seine Erfolgsteams. Mit Duke hat er schon vier Mal den College-Titel geholt.
Nach Coach K.s ergreifender Ansprache stehen für die Blue Devils zwei Stunden hartes Training auf dem Programm. Mit Sprints und Drill. Immer wieder werden taktische Manöver und ganz spezielle Spielsituationen geübt. Mike Krzyzewski, dem drei Assistenztrainer zur Seite stehen, geht sofort dazwischen, wenn ihm etwas nicht passt. Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Mason Plumlee, 2,14 Meter groß, steht nach dem Training auf dem Gang zur Dusche, nur ein weißes Handtuch um die Hüften geschlungen.
Der 22-Jährige kommt aus Warsaw, Indiana. Er hat sich für Duke entschieden, weil es seiner Meinung nach die beste amerikanische Uni mit einem der besten Basketballprogramme des ganzen Landes ist. Das Programm läuft vier Jahre. Dafür hat Mason ein Stipendium von 250.000 Dollar bekommen. Der Center ist jetzt in seinem letzten Jahr und hat auch schon Kontakte zur NBA. Wahrscheinlich wird er dort demnächst bei einem der reichen Klubs einen Profivertrag unterschreiben. So ein Vertrag garantiert ihm in den ersten zwei Jahren mindestens zwei Millionen Dollar. Diese glänzende Karriereperspektive verdankt Mason Plumlee natürlich auch seinem Trainer.
Plumlee: „Der Trainer war schon das Wichtigste. Ich denke, da können Sie jeden Spieler fragen. Du suchst dir eine Schule ja wegen des Trainers aus. Das ist derjenige, mit dem du vier Jahre lang zu tun hast, mit dem du an deiner Karriere arbeitest. Ich kann mir keinen Spieler vorstellen, der für einen Trainer spielt, den er überhaupt nicht leiden kann.“
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