Tomás Bárbulo: "Versammlung der Toten"

Mit dem Schneidbrenner nach Afrika

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Das Cover von Tomás Bárbulos "Versammlung der Toten" vor einem Hintergrundbild von Marrakesch.
Tomás Bárbulo: "Versammlung der Toten". © Suhrkamp / Unsplash / Annie Spratt
Von Kolja Mensing · 22.02.2019
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Flucht aus Europa: Tomás Bárbulo erzählt in „Versammlung der Toten“ von einer Handvoll spanischer Modernisierungsverlierer, die in Marokko eine Bank überfallen wollen. Eine Gaunerkomödie mit komischen Szenen vom traurigen Ende Europas.
Der Plan ist einfach und überzeugend. In Marrakesch findet eine internationale Schmuckmesse statt. Drei Nächte lang werden die wertvollsten Stücke in einer Bank liegen, deren Tresorraum nur durch eine zwei Ziegelsteine dicke Wand von der Kanalisation getrennt ist. "Zwei Millionen, plus Spesen", das ist ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Also mieten Guapo und seine Freunde in Madrid einen schwarzen Mercedes-Bus mit DVD-Player und anständigem Soundsystem, verkleiden sich mit bunten T-Shirts notdürftig als Touristen und machen sich mit einem Schneidbrenner im Kofferraum auf den Weg nach Marokko. Für alle ist es das erste Mal, dass sie ihr Heimatland Spanien verlassen, aber, hey, alles, was man wissen muss, findet man schließlich bei Google: ",Das Bourne Ultimatum‘ wurde hier gedreht", stellen sie zum Beispiel gleich nach ihrer Ankunft in Tanger fest. Na, sowas.

Ein paar Möchtegern-Gangster

Tomás Barbulos Krimi "Die Versammlung der Toten" startet als klassische Gaunerkomödie: Ein paar Möchtegern-Gangster planen den perfekten Raubüberfall, aber von Anfang ist klar, dass die Sache nicht gut enden wird. Knapp zehn Jahre nach Ausbruch der Wirtschaftskrise gehören in Spanien auch die Angehörigen der ehemals kreativen Klasse der Kleinkriminellen zum Bodensatz der Gesellschaft. Die einzigen, für die sich das Geschäft mit dem Verbrechen noch lohnt, sind die illegalen Geldverleiher, die nach dem Zusammenbruch des Immobilienmarkts mit Bürgschaften für Hypotheken handeln. Guapos Kumpel Chiquitín ist einem dieser Geldverleiher in die Hände gefallen - und nachdem ihm nichts Besseres einfällt, als die Angelegenheit mit einem blutigen und ausgesprochen dämlichen Mord aus der Welt zu schaffen, ist die gesamte spanische Polizei auf der Suche nach ihm und den anderen Bankraub-Touristen.

Einfach und überzeugend

Der Plan war einfach und überzeugend, die Umstände sind es nicht. Auch Diebe dürfen jammern: "Ja, ja, die Krise", das ist der Stoßseufzer, der sich durch diesen Roman zieht. Tomás Bárbulo, der viele Jahre für "El País" über die Sahel-Zone berichtet hat, erzählt in "Die Versammlung der Toten" in unverschämt komischen Szenen vom traurigen Ende Europas: Eine Handvoll spanischer Modernisierungsverlierer versuchen der der Misere ihres Heimatlandes zu entkommen, um in den in stinkenden Abwasserkanäle einer nordafrikanischen Stadt auf Schatzsuche gehen.

Tomás Bárbulo: "Versammlung der Toten"
Aus dem Spanischen von Carsten Regling
Suhrkamp, Berlin 2019
397 Seiten, 14,95 Euro

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