Theater

    Ein Künstler wie ein Jahrhundert

    Lesung und Gespräch mit George Tabori (r.) und Jörg Jannings im Jahr 2002
    George Tabori (rechts) mit dem Hörspielregisseur Jörg Jannings bei Deutschlandradio. © DeutschlandRadio - Jonas Maron
    23.05.2014
    Seine Lebensgeschichte steht für die Wirren des 20. Jahrhunderts. George Tabori gehörte zu den meistgespielten Theaterautoren in Deutschland. Noch mit über 90 inszenierte er am Berliner Ensemble. Am 24. Mai wäre er 100 Jahre alt geworden.
    George Tabori sei ihm immer wie eine Figur aus einem Roman von Joseph Roth vorgekommen, erinnert sich der Hörspielregisseur Jörg Jannings im Deutschlandradio Kultur an seinen Arbeitskollegen und Freund: "Er hatte so eine lässige Nonchalance." Als sie sich zum ersten Mal begegneten, sei Tabori hierzulande noch nicht als großer Künstler bekannt gewesen und habe in Kneipen und Sälen gastiert: "Das deutsche Feuilleton hat ihn damals überhaupt nicht beachtet."
    Im Theater zu Hause
    Tabori kam 1914 in Budapest zur Welt, er wuchs zweisprachig auf. Als 18-Jähriger gelangte er nach Berlin, das er auf Grund der politischen Entwicklungen 1933 wieder verließ. 1936 emigrierte er nach London, wo bereits sein Bruder lebte. Taboris Vater starb in Auschwitz, seine Mutter überlebte durch einen Zufall. Während des Kriegs arbeitete Tabori als Journalist und Übersetzer, später auch als Geheimdienst-Offizier der britischen Armee.
    1947 ging er in die USA, wo er Drehbücher schrieb, mit Alfred Hitchcock arbeitete und Greta Garbo liebte. In Kalifornien lernte er die Manns und Bert Brecht kennen, der ihn zum Theater brachte - seiner "Heimat", wie er später sagte. An der Ostküste der USA begann er zu inszenieren und verarbeitete seine Eindrücke aus diesem Land. Das Hörspiel "Die 25. Stunde", Taboris erste Hörspielinszenierung, spiegelt auch diese Zeit.
    Kritiker von Krieg und Gewalt
    Nach Deutschland kam er 1986, er inszenierte am Berliner Schiller-Theater das Auschwitz-Stück "Die Kannibalen". Tabori war eine hörbare Stimme und Kritiker von Kriegen und Gewalt - etwa mit dem Antivietnamkriegsstück "Pinkville".
    Die Schauspieler Dirk Ossig, Martin Seifert, Christina Drechsler, Ursula Höpfner und Boris Jacoby in einer Szene des Stücks "Jubiläum" von George Tabori, das in seiner eigenen Regie am Dienstag (21.06.2005) am Berliner Ensemble Premiere hat (Foto von der Probe am 18.06.2005).
    Berliner Ensemble: Proben für Taboris Stück "Jubiläum" im Jahr 2005.© picture-alliance/ ZB
    Tabori arbeitete unter anderem in Tübingen, Bremen und München. Die Zeit am Wiener Burgtheater mit Intendant Claus Peymann jedoch galt als Höhepunkt seiner Karriere. Stücke wie "Weisman und das Rotgesicht" oder "Goldberg-Variationen" waren glänzende Erfolge. Wiederkehrendes Motiv seiner Stücke ist die Verfolgung der Juden.
    Arbeit am Berliner Ensemble bis ins hohe Alter
    85-jährig folgte Tabori Peymann ans Berliner Ensemble. Dort führte er 2000 die "Brecht-Akte" auf, es folgten "Mutters Tag", "Frühzeitiges Ableben".
    "Gesegnete Mahlzeit" war seine letzte Inszenierung, geschwächt führte er 2007 in Recklinghausen nicht mehr selbst Regie. George Tabori starb am 23. Juli 2007 in Berlin.
    Detlef Jacobsen, Jörg Jannings, George Tabori bei der Produktion von "Sigmunds Freude"
    Detlef Jacobsen, Jörg Jannings, George Tabori bei der Produktion von "Sigmunds Freude"© RIAS - Werner Bethsold
    "In Tabori ist eine der letzten Jahrhundertgestalten des Theaters abgetreten, einer aus der Reihe derjenigen, die einzigartig dastehen und auch nicht nachwachsen werden", sagte Claus Peymann in seinem Nachruf auf Tabori. Das Berliner Ensemble widmet seinen großen Regisseur eine Woche mit Lesungen, Gastspielen, Filmen und Hörspielen. Dabei werden auch von Deutschlandradio Kultur produzierte Hörspiele aufgeführt.
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