Suche nach Fachkräften

Suche polnischen Azubi, biete Deutschland

20:25 Minuten
Drei junge Köche arbeiten an ihren Speisen
Viele Stunden Arbeit, wenig Geld: In der Gastronomie werden Azubis oft verheizt. © picture alliance / dpa-Zentralbild / Jens Büttner
Von Ernst-Ludwig von Aster · 07.08.2019
Audio herunterladen
In Deutschland fehlen nicht nur Fachkräfte, auch die Zahl der Auszubildenden geht zurück - vor allem im Osten. Eine Arbeitsagentur in Mecklenburg-Vorpommern wirbt deshalb um junge Polinnen und Polen.
Stettin, Ende März: Mehr als einhundert Unternehmen präsentieren sich in der Messehalle der polnischen Hafenstadt und werben um Arbeits- und Ausbildungskräfte. Julita und Justina, zwei Frauen Mitte 20, lassen den Stand eines Lebensmitteldiscounters links liegen und nehmen stattdessen die Broschüre eines dänischen Windkraftherstellers.
Ein paar Meter weiter bietet eine schwedische Möbelfirma Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Doch das interessiert die beiden Polinnen nicht: "Ich suche eine Stelle als Bürokauffrau."
"Ich habe eigentlich schon etwas bei der Deutschen Post gefunden, da muss ich mich bloß noch bewerben."
Auch das deutsche Postunternehmen wirbt auf der Arbeitsmesse. Der polnische Mindestlohn liegt zurzeit bei umgerechnet vier Euro pro Stunde. Da lohnt sich für viele Arbeitnehmer der Blick über die Grenze.
"Da wäre es besser, in Deutschland zu arbeiten, als hier in Stettin. Also hier wohnen und in Deutschland arbeiten."
"Ja, es geht um Geld. Aber auch um Spaß."
Justina und Julita bleiben stehen und mustern das Angebot der Agentur für Arbeit aus Pasewalk.

Arbeitgeber zahlen Sprachkurse

Lächelnd verteilt Bozena Witt Info-Broschüren. Auf Polnisch und Deutsch. Seit einigen Jahren pendelt Bozena Witt für die Agentur für Arbeit zwischen Pasewalk und Stettin. Sie betreut ein EU-Projekt in Sachen grenzüberschreitender Arbeitsvermittlung: "Cleveres Köpfchen – Glowka pracuje". Polnische Azubis und deutsche Arbeitgeber zusammenbringen – das ist die Idee:
"'Cleveres Köpfchen – Główka Pracuje', in Deutschland gibt es eine duale Ausbildung. So eine Art von Ausbildung gibt es in Polen nicht. Und ganz viele Polen sagen: 'Ach, ich kann tatsächlich lernen, und nebenbei verdiene ich noch Geld, das ist cool'."
Denn die Berufsausbildung findet in Polen an Schulen statt. Unbezahlt. Die Bedingungen für eine Ausbildung in Deutschland: Ein Jahr Deutsch lernen, unterstützt von der Arbeitsagentur, und den Sprachtest bestehen. Dann kann die Ausbildung beginnen. Der Arbeitgeber übernimmt rückwirkend die Kosten für den Sprachkurs.
Julita und Justina hören aufmerksam zu und nehmen eine Broschüre mit. Demnächst wollen sie bei Bozena Witt in der Sprechstunde vorbeikommen.
"Wir können schon etwas finden. Es ist ja auf jeden Fall besser bezahlt."

Bessere Gehälter und Arbeitsbedingungen

Die beiden Polinnen verabschieden sich und gehen weiter. Bozena Witt schiebt einen Stapel Broschüren auf ihrem kleinen Stehtisch zurecht. Rechts von ihrem Stand wirbt ein polnischer Transformatorenhersteller um Personal, links lockt eine Agentur mit Jobs in den Niederlanden.
Lange Zeit hatte sich der deutsche Arbeitsmarkt gegen den östlichen Nachbarn abgeschottet. Während Großbritannien gleich nach Polens EU-Beitritt seinen Arbeitsmarkt für Polen öffnete, blieb der in Deutschland bis 2011 dicht.
Mit der neuen Offenheit am Arbeitsmarkt änderte sich auch Bozena Witts Stellenprofil: "Ich bin schon ganz lange in Deutschland. Aber seit 2011, seit der Freizügigkeit, hat es sich ergeben, dass man meine Polnischkenntnisse geschätzt hat. Vorher war das leider nicht der Fall."
Seit acht Jahren ist sie nun eine Grenzgängerin zwischen den Arbeitswelten. Und die haben sich dramatisch verändert. In Deutschland sind Auszubildende und Arbeitskräfte inzwischen in vielen Regionen Mangelware. Und das, obwohl aus Polen mehr als zwei Millionen Menschen gen Westen gezogen sind. Gelockt von besseren Gehältern und Arbeitsbedingungen.
Das hinterließ unübersehbare Lücken auf dem polnischen Arbeitsmarkt. Diese Lücken füllen nun vor allem Ukrainer. Fast zwei Millionen Arbeitsvisa hat die polnische Regierung ausgestellt.

Wettbewerb wird härter

Langsam steigen aber auch in Polen die Löhne. Der Wettbewerb um Arbeitskräfte wird härter. Gerade erst hat die polnische Regierung angekündigt, ab August Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unter 26 Jahren die Einkommenssteuer zu erlassen.
Bozena Witt schaut sich bei ihren Mitbewerbern um, geht einige Stände weiter. Ein Bootsbau- und Tourismusunternehmen wirbt hier um Mitarbeiter. Am Stand steht eine junge, blonde Frau. Daggi, geboren im schlesischen Katowice. Auch sie wurde von Bozena Witt vermittelt: "Ich habe gerade von deinem Lebenslauf erzählt."
Daggi grinst. Sie war eine der Ersten, die mit dem Programm "Cleveres Köpfchen" von Polen nach Deutschland kam. Mit 16 Jahren begann sie ihre Ausbildung als Köchin: "Ich hatte schon immer gesagt, dass ich Köchin werden möchte, und dann habe ich das durchgezogen, bis ich in Berlin ein bisschen überfordert war. Dann wollte ich nicht mehr. Ich hatte einfach die Schnauze voll, weil es da richtig dumme Menschen gibt."

Betrieb gibt Chancen

15 oder 16 Stunden arbeiten, als ausgebildete Köchin, für wenig Geld, und sich dann auch noch dumme Sprüche anhören. Nein, nicht mit ihr: "Ich habe mich entschieden, Pause zu machen und wollte etwas Schlaues in meinem Leben machen. Und dann habe ich mich für eine zweite Ausbildung entschieden, wieder bei 'Cleveres Köpfchen'."
Daggi griff zum Telefon und rief Bozena Witt an: "Das war die erste Idee, weil ich wusste, dass sie mir weiterhilft und ich mir keine Sorgen machen müsste."
Inzwischen ist sie im zweiten Lehrjahr. "Ich mache jetzt eine Ausbildung als Kauffrau für Tourismus und Freizeit. Ich bin gerade im ersten Lehrjahr, aber komme gleich ins zweite Lehrjahr. Ich kann nicht meckern, der Betrieb gibt mir richtig viele Chancen."
Und der Betrieb schickt sie auch als Botschafterin auf die Jobmesse nach Stettin, um noch mehr polnische Azubis anzuwerben. Auf Daggis Wunschzettel stehen angehende Industriekaufleute ebenso wie Industriemechaniker. Bozena Witt hört zu und nickt. Auch die wird sie bei Bedarf mitbetreuen.

Bewerbungsgespräche in Oranienburg

Wie ein riesiges Raumschiff ragt die helle Halle aus der Landschaft. Die LKW, die sich vor der Einfahrt stauen, wirken winzig. "Rewe" steht in roten Lettern an dem nüchternen Zweckbau. Eines der Zentrallager des Handelskonzerns, unweit der brandenburgischen Stadt Oranienburg. Von hier aus werden mehr als 340 Supermärkte in Nordostdeutschland mit Waren versorgt.
Zwei Kleinwagen mit polnischem Kennzeichen rollen auf den Parkplatz, Eltern mit ihren Söhnen auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch. Es ist Mitte Mai. Bozena Witt wartet schon vor dem Pförtnerhäuschen im eleganten Kostüm mit Halstuch und Handtasche, in der Hand eine schwarze Ledermappe mit den Bewerbungsunterlagen: "Die haben sich erst vor ein paar Wochen beworben. Und die sind erst noch dabei, die deutsche Sprache zu lernen, aber sie sind zuversichtlich, dass sie das schaffen."
Ein kurzer Blick in die Mappe. Ursprünglich gab es zehn Interessenten, doch zum Gespräch angemeldet haben sich nur vier. Eine Bewerberin, die 22-jährige Magda, hat Bozena Witt gleich mitgebracht: "Das Mädchen ist schon zum zweiten Mal bei mir im Programm. Sie hat auch ein Jahr vorher angefangen, aber dann hat sie sich anders entschieden und ist nach Polen zurückgegangen. Sie hat noch eine dreijährige Allgemeinschule gemacht, ihr Abi gemacht, und jetzt sagt sie, sie kann das nochmal probieren. Jetzt habe ich drei, die vierte ist noch nicht dazugekommen."

Zwei- bis dreistündige Bewerbungsrunde

Die Eltern mit ihren Söhnen kommen dazu, für Hubert und Damian ist es ihre erste Bewerbung in Deutschland. Beide sind 18 Jahre alt, beide waren vor kurzem beim Friseur, die Haare gegelt, die Hemden gebügelt, die Schuhe geputzt.
Zwei bis drei Stunden wird die Bewerbungsrunde dauern, erklärt Bozena Witt von der Agentur für Arbeit: "Da gibt es Vertreter von unterschiedlichen Standorten. Die aus Oranienburg sind da, es wird auch jemand aus Nossen anreisen. Dann gucken wir uns das Lager an, und im Anschluss wird es Gespräche geben."
Rauf geht es aufs Gelände. Immer auf dem Fußweg bleiben, mahnt der Pförtner. Die LKW rollen hier im Minutentakt. Bozena Witt nickt, nach 100 Metern nimmt sie die Abkürzung. Jenseits des Fußwegs:
"Frau Witt, immer mal über den Fußweg."
"Ach, Herr Helmich, ich habe wieder nicht zugehört."
Kopfschüttelnd steht Olaf Helmich vor dem Haupteingang. Ein großer Mann, braungebrannt, in Jeans und weißem Hemd, das rote Logo des Konzerns am Kragen. Seit dem Jahr 2012 koordiniert er hier die Ausbildung.

15 Minuten Einblick ins Supermarkt-Imperium

Vier Kollegen warten schon im Besprechungsraum. Der Betriebsleiter vom Standort bei Dresden, die sächsische Ausbildungsbetreuerin, dann noch der Azubi-Marketing-Beauftragte für die Region Ost. Und eine junge Polin, Karolina, die hier vor mehr als zwei Jahren ihre Ausbildung begonnen hat: "Ich bin jetzt im dritten Lehrjahr, ich bin auch über dieses Projekt von Frau Witt dazugekommen."
Olaf Helmich begrüßt die Gäste. Punkt eins auf der Tagesordnung: Vorstellung der Bewerber.
"Ich heiße Damian, ich wohne in Stettin."
Damian und Hubert sind gerade mit der Schule fertig. Neben ihnen sitzt Magda. Sie arbeitet zurzeit in Erfurt als Lagerhelferin. Die Personalchefs blättern in den Bewerbungsunterlagen. Olaf Helmich startet die Power-Point-Präsentation. 15 Minuten Einblick in das Supermarkt-Imperium, Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitgeber-Werbung. Dann klopft es an der Tür.
Bewerberin Nummer vier kommt herein. Bozena Witt lächelt und zieht den passenden Bewerbungsbogen aus der schwarzen Ledermappe. Olivia ist erst vor kurzem aus der Schweiz nach Polen zurückgekehrt und hat sich auf dem Weg hierhin verfahren.

Lagerhallen so groß wie 28 Fußballfelder

Nächster Programmpunkt: Betriebsbesichtigung. Mit Warnweste und Helm geht es durch den riesigen Hallen-Komplex, so groß wie 28 Fußballfelder. Zehn Meter hohe Regale links und rechts – mehr als 20.000 Produkte lagern hier. "Wir haben hier den gekühlten Bereich, wo wir die Sortimente, Obst, Gemüse, Fleisch, Molkereiprodukte haben. Und hier ist der ungekühlte Bereich, der Trockensortimentsbereich."
Ein Kommissioniergerät, ein Mini-Elektrotransporter mit zwei Paletten im Schlepp, rollt lautlos heran, Helmich stoppt die Fahrerin. Der Ausbildungsleiter deutet auf das Display neben dem Lenker: "Hier sehen wir jetzt mal, was als nächstes kommissioniert werden muss. Das ist das, was Sie dann auch lernen, also der Platz 14, 312."
Mehr als 300 Supermärkte zwischen Ostsee und Erfurt werden von hier aus beliefert. Ein Paket "Erbsen, sehr fein, mit Möhren" landet auf der Palette, ein Druck aufs Display, als nächstes ist Nummer 324 gefordert: Hühnernudeltopf.
"Sie kriegen also hier immer gezeigt, was Sie zu stellen haben und wie viel. Das machen Sie dann den ganzen Tag bis die Palette voll ist. Und dann stellen Sie die wieder ab."
Nicken in der Runde. Den sogenannten Kommissionier-Führerschein müssen alle Azubis machen, die Prüfungen sind natürlich auf Deutsch. Bis jetzt aber ist noch niemand durchgefallen, beruhigt Helmich.

57.700 Azubi-Stellen unbesetzt

Karolina steht derweil einige Meter abseits. Unterhält sich mit Magda. Macht ihr das Unternehmen schmackhaft: "Ich war erst einmal in einem Hotel in Mecklenburg-Vorpommern, und dann habe ich da meine Ausbildung abgebrochen und bin hierhergekommen."
Im Hotel-und Gastronomiegewerbe werden die Azubis oft verheizt, das haben alle hier gehört. Karolina hat es erlebt. Jetzt macht sie an diesem Standort ihre Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik.
Eine erste Ausbildung zur Lageristin hat sie bereits abgeschlossen. Der Konzern will sie unbedingt halten, erzählt sie den jungen Bewerbern. Die stellen jede Menge Fragen, auf Polnisch: "Arbeitszeit, Geld, wo man meistens eingesetzt wird, und wie die Azubi-Projekte aussehen."
Im ersten Jahr gibt es 778 Euro und im zweiten 870 Euro. Ausbildungsleiter Olaf Helmich wirbt nach Kräften für sein Unternehmen. Auszubildende sind derzeit in Deutschland Mangelware. Im vergangenen Jahr blieben bundesweit 57.700 Stellen unbesetzt. Das sind knapp 18 Prozent mehr als im Vorjahr.

"Ich bewundere die jungen polnischen Leute"

Der Azubi-Mangel von heute ist der Fachkräftemangel von morgen, weiß Ausbildungsleiter Helmich. Darum preist er die Absicherung, die Übernahmegarantie, die Aufstiegschancen. Allerdings gibt es in Oranienburg zurzeit keine Ausbildungsplätze mehr.
Aber im Lager in Sachsen sind noch Plätze frei: "Ich meine, die polnischen Leute haben ja eine gewisse Flexibilität. Ich bewundere sowieso junge polnische Leute, die jetzt hier in Deutschland eine Ausbildung machen in einem vollkommen fremden Sprachgebiet. Wenn ich mir das umgekehrt vorstellen würde, ich weiß nicht, ob ich das machen würde."
Helmich zuckt mit den Schultern. Wahrscheinlich würde er es nicht machen. Und auch vielen jungen Polinnen und Polen fällt die Entscheidung schwer. Denn so wohlklingend das Angebot des Lebensmittelkonzerns auch sein mag, außerhalb der Berufswelt warten etliche Hindernisse.
"Ich habe auch keine Chance mehr, hier preiswert Wohnraum zu kriegen, keine Chance. Der Markt ist wirklich gesättigt. Und ein Azubi hat nun auch wirklich kein volles Gehalt. Es gibt keinen Leerstand mehr."
Ohne Wohnung, keine Ausbildung. Vielleich, sinniert Helmich laut, müsste man in Zukunft mal wieder über firmeneigene Wohnheime nachdenken.

Positiver Trend, der Hoffnung macht

Mitte Juni. Pasewalk, Landratsamt, ganz am Rande der Stadt. Der Cateringservice schleppt Tabletts mit Schnittchen in den alten Marstall. Früher standen hier die Pferde der Kürassiere. "Hoch zu Ross die Cavallerie, auf den Posten spät und früh", mahnt noch ein freigelegter Spruch an der Stirnseite.
Bozena Witt beugt sich über ihren Laptop, geht noch einmal die Power-Point-Präsentation durch. Seit acht Jahren ist sie zwischen Deutschland und Polen unterwegs, im Auftrag der Agentur für Arbeit, unterstützt von der EU. Witt soll die grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung in Schwung bringen.
Gut 60 Stühle warten auf Besucherinnen und Besucher. Die zukünftigen Azubis, Angehörige, Arbeitgeber. Selbst Lokalpolitiker und der Staatssekretär haben sich angekündigt. Großer Bahnhof für die neuen Arbeitskräfte: "Heute werden vierzehn Auszubildende kommen. Insgesamt sind es 16 Auszubildende, zwei aus Potsdam, aber die werden leider heute nicht anreisen. Aber die gehören dazu. Und insgesamt haben wir 16 Ausbildungsverträge, die wir unterzeichnen", sagt Bozena Witt.
Das sind vier mehr als im letzten Jahr. Ein positiver Trend, der Hoffnung macht. "Ich bin sehr zufrieden. Natürlich wäre es besser, wenn es doppelt so viele wären. Aber gut, es ist trotzdem in Ordnung. 16 Leute, die nach Deutschland kommen, das ist doch nicht schlecht."
Zwölf werden Gesundheits- und Krankenpfleger, zwei gehen zur Gastronomie-Ausbildung auf einen Campingplatz. Und zwei lernen in Zukunft bei einem Lebensmittelkonzern.

Schwere Prüfung

Ausbildungsleiter Olaf Helmich kommt herein, zusammen mit seiner polnischen Kollegin Karolina. Beide im selben Look: Weißes Hemd mit dem roten Logo am Kragen. Die 21-jährige Karolina wirkt entspannt. Gestern hatte sie ihre letzte Prüfung: "Es war eigentlich ganz gut. Ich war sehr aufgeregt. Aber alle waren sehr nett und haben geholfen, dass wir uns selbst nicht so viel Stress machen. Es war schon schwerer als die andere Prüfung. Ich habe erst einmal zwei Jahre gelernt und dann die Abschlussprüfung als Fachlageristin gemacht. Und jetzt habe ich Fachkraft für Lagerlogistik gemacht."
Olaf Helmich nickt zufrieden. Natürlich wird der Konzern sie übernehmen. Karolina hat auch schon zugestimmt. Der Ausbildungsleiter lässt den Blick durch den Saal schweifen. Einmal, zweimal. Ein Blick auf die Uhr. In zwei Minuten beginnt die Veranstaltung. Von seinen zukünftigen Azubis noch keine Spur.
"Die sind noch nicht da."
"Die sind noch nicht da, ja, ach du Schande, das gibt's doch nicht. Aber die hatten zugesagt?"
"Ja!"
Beruhigend plätschert Pianomusik aus einer kleinen Box hinter dem Redenpult. Mittlerweile sind fast alle Plätze besetzt. Vorpommerns Staatssekretär begrüßt die Gäste und die zukünftigen Azubis. Er spricht von einer grenzüberschreitenden Wirtschaftsregion mit Stettin als Motor, von Zusammenarbeit und Zukunftsplanungen.

"Man sollte offen auf andere zugehen"

Vor wenigen Tagen erst meldete die Arbeitsagentur, dass in Mecklenburg-Vorpommern noch rund 5.900 Ausbildungsplätze unbesetzt seien, gleichzeitig aber noch 3.600 Bewerberinnen und Bewerber eine Stelle suchten. Im besten Fall werden also mehr als 2.000 Plätze unbesetzt bleiben.
Olaf Helmich schüttelt den Kopf. Noch immer ist keiner seiner Azubis in Sicht. Jetzt tritt Karolina ans Rednerpult und berichtet kurz von ihren Erfahrungen: "Man sollte offen auf die anderen Leute zugehen, Fragen stellen, dadurch hat man es einfach im Leben."
Einfach auf die Leute zugehen, Fragen stellen. Das ist ihr Tipp für die zukünftigen Auszubildenden. Am Ende des Saales geht die Tür auf. Hubert und Damian kommen mit ihren Eltern herein. Olaf Helmich lächelt erleichtert. Seine Azubis sind da, pünktlich zur Vertragsunterzeichnung.
Mehr zum Thema