Studio 9 - Der Tag mit Christiane Peitz

Kunst kann entschleunigen

Guillermo Galindo hat für sein documenta-Kunstwerk "War Map" die Plane eines Flüchtlingszeltes bedruckt.
Documenta-Kunst: Plane eines Flüchtlingszeltes, Landkarte, Partitur und Handlungsanweisung für Musiker - Guillermo Galindos "War Map" hat viele Facetten und regt zum Nachdenken an © documenta 14 / Mathias Voelzke
Moderation: Anke Schaefer · 07.06.2017
Die documenta gibt sich politisch, aber nicht allen gefällt das. Unser Studiogast, die Kultur-Journalistin Christiane Peitz, hat sogar eine tiefe Abneigung gegen allzu deutliche, politische Botschaften. Was sie dagegen tut? Davonlaufen.
Die documenta öffnet ihre Pforten nun auch in Kassel. Wir haben deswegen Christiane Peitz in unsere Mittagssendung eingeladen - sie ist Leiterin des Kulturressorts beim Berliner "Tagesspiegel".
Was kann eine Schau wie die documenta noch leisten? Die Antwort von Peitz: Entschleunigung. Die Menschen seien heutzutage in ihrer Wahrnehmung der Welt chronisch überfordert - "mit dem, was uns minütlich alles beballert".

Lange auf etwas schauen

Kunst und Film könnten hier dafür sorgen, "dass man lange auf etwas schaut, bis es auf einen sozusagen zurück guckt und dann etwas macht mit einem". Fragen der Wahrnehmung und der zeitlichen Dimension seien sehr viel wichtiger als früher, so Peitz.
Der politischen Kunst steht Peitz eher fragend gegenüber. Kunst sei schon seit den 60ern politisch, sagt sie.
"Man muss inzwischen schon sehr genau schauen, was genau macht Kunst, die sich Politik auf die Fahnen schreibt. Statement-Kunst, Botschaften-Kunst, Goodwill-Kunst, gut gemeinte Kunst - da laufe ich inzwischen sehr schnell davon."
Christiane Peitz zu Gast bei Studio 9
Christiane Peitz, Leiterin des Kulturressorts beim "Tagesspiegel"© Deutschlandradio - Andreas Buron
Zum 80. Geburtstag des Regisseurs Claus Peymann meint Peitz, dieser habe Theatergeschichte geschrieben. Inzwischen stehe Peymann allerdings nicht mehr im Mittelpunkt der Theaterwelt, ergänzt die Leiterin des Kulturressorts beim Berliner "Tagesspiegel".
"Peymann hat eine satte genügsame Nachkriegsgesellschaft sowohl in Deutschland als auch in Österreich aufgemischt, verstört."
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