Gestörtes Vertrauensverhältnis
Rumoren in der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung": Zwei Alleingänge ihres Direktors Manfred Kittel erzürnen Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung. Damit gerät das Projekt einer Dauerausstellung über Flucht und Vertreibung in Gefahr.
In der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" droht ein neuer Eklat. Ihr wissenschaftlicher Beirat fühlt sich vom Direktor der Stiftung, Manfred Kittel, brüskiert und übergangen. "Eine große Mehrheit sieht ein Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben", erklärte ein Beiratsmitglied gegenüber dem Deutschlandradio. Stein des Anstoßes sind zwei Ausstellungen im Deutschen Historischen Museum, die Kittel in der vergangenen Woche eröffnet hatte – ohne den Beirat zu informieren und zu konsultieren.
Auch inhaltlich gab es Kritik. So sei bei einer angekauften Ausstellung aus Griechenland ein Teil den Vertreibungen der Deutschen aus Polen gewidmet gewesen – jedoch ohne den erklärenden Kontext, wie es zu den Vertreibungen gekommen sei. Im letzten Moment wurde dieser Teil schließlich aus der Ausstellung herausgenommen.
Mangelnde Kommunikation
Für Irritationen sorgte auch der Umstand, dass Kittel - quasi nebenbei - eine Vorabschau der geplanten Dauerausstellung präsentierte – auch davon erfuhr der Beirat, der immerhin das Konzept der Ausstellung erarbeitet, erst kurz vor Eröffnung. Die Wogen sind dermaßen hochgekocht, dass einzelne Beiratsmitglieder schon von Rücktritten sprechen, sollte das Problem Kittel nicht gelöst werden. Im Stiftungsrat ist man alarmiert.
Hiltrud Lotze: "Der wissenschaftliche Beraterkreis ist ein wirklich unverzichtbares und unschätzbares Gremium, denn der ist ja international besetzt, und vor allen Dingen sind zwei Wissenschaftler aus Polen mit dabei, und einer aus Ungarn, und ich denke es muss alles dafür getan werden, dass vermieden wird, dass entweder der Beraterkreis komplett oder durch Einzelpersonen sich auflöst, das wär ein ganz schlechtes Signal."
Das sagte die SPD-Abgeordnete Hiltrud Lotze, die für den Bundestag im Stiftungsrat sitzt. Ähnlich äußerte sich ihr Kollege von der CDU, Klaus Brähmig:
"Also, ich hoffe dass man die Irritationen, die offensichtlich jetzt eingetreten sind zwischen dem wissenschaftlichen Beraterkreis und der Stiftungsleitung, dass die so schnell wie möglich ausgeräumt werden, denn das ist jetzt eine Sache, die wir überhaupt nicht gebrauchen können."
Bund der Vertriebenen zurückhaltend
Der Bund der Vertriebenen, der mit sechs Sitzen im Stiftungsrat vertreten ist, äußerte sich bislang zurückhaltend. Er sei überzeugt, dass sich diese einmalige Irritation im Beirat aus dem Weg räumen lasse, sagte Bernd Fabritius, der erst vor kurzem die Nachfolge von Erika Steinbach als Präsident angetreten hat, heute. Von einer Krise in der Stiftung wollte er nicht reden.
"Mir ist bekannt, dass es zwischen dem wissenschaftlichen Beraterkreis und Herrn Kittel jüngst Differenzen zu einem Einzelprojekt gegeben hat, dazu wird es in Kürze ein klärendes Gespräch geben. Ich denke, dass es immer dort, wo gearbeitet wird, es zu inhaltlichen Differenzen kommen kann, die man dann auch klären kann."
Kittel ist letztlich eine Personalie von Frau Steinbach gewesen. Wie weit die Unterstützung ihres Nachfolgers reicht, muss sich zeigen. Für Donnerstag hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters eine Krisensitzung im Bundeskanzleramt einberufen. Angeblich soll hinter den Kulissen schon nach neuen Verwendungen für Manfred Kittel gesucht werden.
Geplante Dauerausstellung wird kritisch beäugt
Die Angelegenheit ist heikel, denn die Stiftung und ihre geplante Dauerausstellung über Flucht und Vertreibung wird im Ausland noch immer kritisch beäugt. Zu eng ist die Verbindung des Projekts mit dem Bund der Vertriebenen und ihrer langjährigen Präsidentin Erika Steinbach, zu groß die Angst in Polen, die Deutschen könnten ihre Vertreibungsgeschichte vor ihrer Kriegsschuld zu sehr in den Vordergrund rücken.
Der Historikerverband hält mittlerweile durch den Konflikt das Projekt einer Dauerausstellung über Flucht und Vertreibung für gefährdet: Eine solche Ausstellung sei auf internationale wissenschaftliche Expertise angewiesen, wie sie durch den Beirat gewährleistet sei, hieß es.