Dann sehe ich durch Zufall einen Bericht in der Zeitung. Ich denke, was ist das denn? Die schreiben exakt das, was dich bedrückt. Das war diese Elanlosigkeit, da ist kein Mumm und kein Durchhaltevermögen. Ich denke, die schreiben über dich. Das war sofort: Mensch, super, das ist es!
Sport und Long Covid
Mit Sportangeboten können Long-Covid-Patienten langsam wieder an ihren alten Fitnesslevel anknüpfen. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
"Ich konnte gar nichts mehr"
06:31 Minuten
Nach Studien leidet jeder zehnte Corona-Infizierte an Langzeitfolgen. Inzwischen gibt es Sportangebote, die bei der Genesung helfen sollen. So macht der 75-jährige Peter Richter einen Long-Covid-Kurs bei Bayer 04 Leverkusen.
Peter Richter hatte einen sehr milden Verlauf nach seiner Coronainfektion vor circa fünf Monaten. Kaum Symptome, kein Schnupfen, keine Kopfschmerzen. Erst als er wieder spazieren gehen wollte, merkte er: „Dass ich doch sehr, sehr starke Defizite in puncto Kondition, Kraft, Elan hatte. Das konnte ich vorerst überhaupt nicht zuordnen.“
Für Peter Richter begann ein Ärztemarathon: „Dann bin ich zu meinem Arzt, erst Hausarzt, Internist, Chiropraktiker, dann zum Osteopathen, zum Gefäßchirurgen. Fünfmal war ich in der Röhre, keiner konnte was finden.“
Zeitungsartikel beschreibt Zustand
Vor seiner Coronaerkrankung war der 75-jährige Leverkusener fit, ist viel spazieren gegangen, hat Tennis gespielt und kannte den Zustand, dass ihm alles wehtut, bis zu diesem Zeitpunkt nicht.
Der Zeitungsartikel handelte vom Long-Covid-Kurs in der Rehaabteilung bei Bayer 04 Leverkusen. Der Kurs richtet sich an Long-Covid-Betroffene mit Fatigue, Muskel- und Gelenkschmerzen oder auch mit Koordinationsschwierigkeiten.
Schon einfachste Übungen als Herausforderung
Seit vier Monaten ist Peter Richter mittlerweile dabei. Seine anfängliche Skepsis ist inzwischen verflogen: „Anfangs hatten wir Federballschläger und Luftballons. Ich dachte: Was ist das denn für ein Käse. Aber das geht um die Balance und darum, die ganze Koordination wiederzukriegen. Das muss man mal probieren. Das sieht alles so einfach aus, aber wenn man dann mal in dem Prozess drin ist, merkt man, wie unsicher man ist. Banalste Geschichten: Einen Ball zu schmeißen, früher mit rechts, mit links mit allem ohne Probleme gemacht. Das ist aber ein Problem mittlerweile. Jetzt kommt es langsam wieder.“
Das verdankt Peter Richter Übungsleiter Hans-Peter Gierden. Der ehemalige Berufssoldat ist seit 15 Jahren im Rehasport tätig und leitet die Long-Covid-Gruppe in Leverkusen. Seine Philosophie: Leichte Übungen, mit Spaß motivieren und erreichen, dass jeder Teilnehmende immer etwas besser wird.
Viele Pausen und Belastungsüberprüfung
Damit es für die Teilnehmenden nicht zu anstrengend wird, hat er einen eigenen Gradmesser für die Belastung entwickelt:
„Also ich frage nach jeder Stunde und anhand von der Borg-Skala. Dann sage ich immer: Eins ist: Ihr liegt zu Hause auf der Couch. Sechs ist: Ich muss euch ein Taxi rufen oder ich muss euch selber nach Hause bringen. Dementsprechend wird immer geprüft, wie intensiv war die Stunde für den Teilnehmer. Wenn wir uns im Mittelfeld bewegen, weiß ich, okay, das ist das richtige Level. Ich sage auch jedem Teilnehmer: Wenn du dich nicht fühlst, du gehst nur so weit, wie es dir gut geht; du kannst gern eine Pause machen, gar keine Frage, wir sind hier nicht beim Leistungssport.“
Peter Richter wäre es am liebsten, wenn er noch mehr trainieren könnte, auch wenn es manchmal anstrengend ist. Damit die Fortschritte schneller kommen, sagt er: „Das ist nicht nach einer Stunde besser. Um Gottes Willen, man meint immer, das ist klar, das ist dieser Aha-Effekt: Mensch, prima, jetzt bist du in dieser Runde. Man fühlt sich bestärkt, weil man Gleichgeschädigte um sich herum hat, die unter gleichen Schwierigkeiten leben müssen, und man lernt voneinander.“
„Anstrengend, aber gut anstrengend“
Eine Long-Covid-Betroffene ist heute zum ersten Mal dabei: „Ich hatte eine Reha von der Deutschen Rentenversicherung aufgrund meines Long-Covid-Syndroms. Habe dann eine Verordnung vom Arzt bekommen, dass man direkt einen weiteren Fortschritt hat und nicht wieder zurückfällt.“
Je länger die Stunde dauert, desto mehr sieht man den Teilnehmenden die Anstrengung an. Nicht immer liegt es an der Übung selbst, die Summe machts. Denn auch verworfenen Bällen hinterherzulaufen, kostet unbewusst Kraft.
Die Art und Weise, wie hier trainiert wird, die ist ja sehr effizient. Nicht zu viel, ganz langsam, sukzessiv. Mittlerweile gibt es ja auch richtige, schöne Studien, die das Gleiche sagen. Das war aber vor drei, vier Monaten nicht der Fall. Da gab es das alles nicht.
Peter Richter hat fest vor, seine auf ein Jahr ausgelegte Therapie bis zum Ende durchzuziehen. Denn langfristig sieht er, wie gut ihm die Sporteinheiten tun: „Ich kann mittlerweile auch wieder auf einem geraden Strich gehen, konnte ich vorher nicht. Ich kann auch wieder auf einem Bein stehen, konnte ich alles nicht. Muss irgendwo herkommen, dass es jetzt wieder einigermaßen funktioniert. Das schnelle Gehen ist nach wie vor sehr beschwerlich. Wenn ich jetzt normal spazieren gehe, das geht jetzt schon wieder einen Kilometer. Natürlich tut mir das hier und da noch weh, aber ich konnte gar nichts mehr.“