Angebote des Behindertensportbundes

Rehasport für Long-Covid-Patienten

06:14 Minuten
Im Haus Herrmannsbad der Sachsenklinik nehmen in der Klinik für Psychosomatik Long-Covid-Kranke mit anderen Patientinnen am Trainung der motorischen Fähigkeiten bei Sporttherapeutin Isabel Wagner (rechts) teil.
Der Deutsche Behindertensportverband will nun auch Kurse für Long-Covid-Patienten anbieten (hier Betroffene im Haus Herrmannsbad der Sachsenklinik in Bad Lausick). © dpa / picture alliance / Waltraud Grubitzsch
Von Thomas Wheeler · 27.02.2022
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Rehasport ist oft das Mittel der Wahl nach Krankheiten, Unfällen oder Krebs. Immer häufiger leiden Menschen aber auch nach Covid-Erkrankungen an Spätfolgen wie Müdigkeit oder Kurzatmigkeit. Daher gibt es nun Rehasport für Long-Covid-Betroffene.
Welche Menschen nach einer überstandenen Infektion unter Long Covid leiden und warum, können Wissenschaftler weltweit immer noch nicht eindeutig erklären. Besonders häufig betroffen sind Patienten mit einem schweren Covid-19-Verlauf. Es kann aber auch Personen mit leichten Verläufen treffen.
Unbeantwortet ist bisher die Frage, ob auch Menschen Long Covid bekommen können, die keine Symptome hatten. Unklar ist ebenfalls, was bei den Spätfolgen einer Infektion genau im Körper passiert. Klar ist bislang nur, dass zum Teil schwerwiegende gesundheitliche Probleme auch nach einer Erkrankung auftreten können. Gerhard Janetzky, seit November letzten Jahres Vize-Präsident für Finanzen und Wirtschaft im Deutschen Behindertensportverband:

Long Covid bedeutet, dass vier Wochen nach einer Krankheit immer noch Schäden vorhanden sind. Schäden im Bereich der Kurzatmigkeit, aber auch massive Lungenschäden, respiratorische Schäden, aber auch im Bereich der Motivation, Antriebslosigkeit, Müdigkeit. Das heißt, die Diagnose des Arztes müsste sein Long Covid, und dagegen wird dann, ähnlich wie bei den anderen Rehasportarten, auch hier ein Rezept ausgestellt für einen Verein, der dann Rehasport betreibt.

Treten auch drei Monate nach der Krankheit noch Symptome auf, spricht man vom sogenannten Post-Covid-19-Syndrom. Weltweit gehen Studien bisher davon aus, dass etwa zehn Prozent der Genesenen von Long Covid betroffen sein könnten. Das wären bei den gegenwärtigen Zahlen in Deutschland mehr als eine Million Menschen – darunter auch Leistungssportler mit oder ohne Handicap. Es könnten aber noch deutlich mehr werden.

Neue Erkenntnisse zu Impfschäden als Ursache

Denn inzwischen haben US-Wissenschaftler herausgefunden, dass Long-Covid-ähnliche Beeinträchtigungen unter Umständen auch durch Impfschäden verursacht werden können. Ende Januar wurden diese Erkenntnisse im Wissenschaftsjournal „Science“ veröffentlicht.    
Die Spätsymptome sind sehr unspezifisch, auch in Bezug auf bleibende Schäden. Was wiederum auch eine komplexe Herausforderung für Übungsleiter bedeutet, die Kurse für Long-Covid-Betroffene leiten wollen. Vorher müssen sie entsprechend geschult werden.
"Das ist neben der Grundschulung eines Übungsleiters, die ja in Deutschland sehr zertifiziert ist. Sie müssen alle zwei Jahre ja einen Übungsleiternachweis führen, da gibt es bestimmte Module, die man dazu bucht. Eines dieser Module wird sein, und ist es zum Teil auch schon, das Thema Long Covid. Das findet zurzeit zum großen Teil über Webinare statt."
Aber nicht nur der Umgang mit Long Covid beschäftigt den deutschen Behindertensportverband (DBS) derzeit. Die Coronakrise hat auch im DBS Probleme offengelegt, die bisher nur schleppend oder gar nicht in Angriff genommen worden sind. 
„Wir stellen fest, dass wir in der Digitalisierung nicht so weit fortgeschritten sind, wie wir das vielleicht geglaubt haben. Wir haben doch eine ganze Reihe von Themen, über die man für die Zukunft nachdenken muss. Das ist der Spagat des Ehrenamtes. Das ist auch die Bedeutung, die der Sport in der Politik hat. Also, wenn ich kritisch mal angucke die letzten zwei Jahre, dann hat der organisierte Sport vielleicht nicht stark genug am Tisch des Bundesministeriums des Innern oder des Gesundheitsministeriums gesessen.“ 

Behindertensport leidet unter Mitgliederschwund

Von 23 Millionen Vereinsmitgliedern haben im letzten Jahr ungefähr eine Million ihre Vereine verlassen. Darunter leidet auch der Behindertensport. Zehn bis 15 Prozent der Mitglieder sind ausgetreten.
Neuzugänge gibt es kaum. Unter dem Motto „Kommt zurück in die Vereine“ laufen seit einem halben Jahr Anzeigen- und Social Media-Kampagnen, die vom DOSB, dem Bundesinnenministerium und den Landessportbünden unterstützt werden. Ziel ist es, Menschen für einen möglichen Wiedereintritt zu gewinnen. Das funktioniert wahrscheinlich am besten über den persönlichen Kontakt.

Die Mitgliederzahl ist ja eine Mischung aus Zugängen und Abgängen. Und was fehlt, sind jetzt die Zugänge. Wir haben ja fast in allen Verbänden und Vereinen eine Situation, dass wir sehr viel junge Leute haben und sehr viel ältere Leute haben. Aber in der Mitte ist dann immer eine Ausdünnung.

Das trifft auch auf den Deutschen Behindertensportverband zu. 2021 waren 511.000 Frauen, Männer und Kinder im DBS organisiert. 2020 zählte der größte Behindertensportverband der Welt allerdings noch knapp 600.000 Mitglieder.
Gerhard Janetzky sieht die Ursachen für den Rückgang vor allem in den sich stetig verändernden Zugangsregelungen für Sporthallen und Sportstudios. Um sich zu schützen, aber auch weil viele Menschen verängstigt und verunsichert waren, sind sie längere Zeit gar nicht zum Rehasport gegangen.

Neue Aufgaben durch die Coronakrise

Der Mitgliederschwund im Deutschen Behindertensportverband setzte jedoch weit vor der Coronakrise ein. Noch 2013 waren es 651.000 sportlich Aktive und Funktionsträger. Klar ist: Wer einmal ausgetreten ist, lässt sich nur schwer zurückholen. Das gilt auch für Übungsleiter, von denen sich in den letzten zwei Jahren einige ein neues Betätigungsfeld gesucht haben.
„Da ist das ganze System am Knirschen dann in dem Bereich. Und das muss sich erst wieder zurecht rütteln. Das wird auch aus meiner Sicht frühestens im Jahr 2023 passieren. Auch das Jahr 2022 wird einen weiteren Mitgliederschwund sehen. Solange wir diese Pandemie haben, werden wir nicht einen ohne Restriktionen stattfindenden Übungsbetrieb haben.“
Die Coronakrise und deren Folgen stellen den Behindertensportverband und das Gesundheitssystem vor völlig neue Aufgaben. Deren Umfang und Ausgestaltung lassen sich längst noch nicht absehen.

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