Gesundheitssport

Fit bis ins hohe Alter

06:26 Minuten
Mitglieder des Selbsthilfe-Vereins fuer Parkinsonkranke, evanda, trainieren in Frankfurt am Main bei einer Gymnastikstunde ihre Beweglichkeit mithilfe von Stretch-Uebungen.
Sportvereine wie der Athletik-Club Berlin bieten auch Gesundheitssport an - die Nachfrage unter den älteren Menschen ist groß. © dpa / picture alliance / Frank Rumpenhorst
Von Caroline Kuban |
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Herzsport, Ausdauertraining, Lungensport: Sportvereine bieten Kurse an, die speziell auf ältere Menschen zugeschnitten sind – auch der Athletik-Club Berlin. Die Nachfrage nach den Angeboten des Vereins im Berliner Bezirk Hellersdorf boomt.
An einem sonnigen Morgen in Berlin-Hellersdorf: Zwölf Sportlerinnen und Sportler zwischen 70 und 88 Jahren laufen quer durch die Turnhalle, prellen dabei regelmäßig einen Ball auf den Boden. Eine von ihnen ist Gisela Neumann, mit 88 Jahren die älteste unter den Teilnehmern.
„Ich hatte Herzprobleme, hohen Blutdruck, Fahrstuhl, hatte auch Luftprobleme, dann bekam ich einen Herzschrittmacher, den habe ich jetzt seit 2016.“

Seit 13 Jahren kommt sie regelmäßig zum Athletik-Club Berlin, nimmt einmal die Woche am Herzsporttraining teil:

Das ist ein guter Ausgleich. Vor allen Dingen: Jeder kann selbst entscheiden, was er macht. Es wird auch drauf geachtet, also untereinander, man übernimmt sich auch manchmal. Mich müssen sie öfters mal so ein bisschen zurücknehmen, weil ich denke immer, ich kann noch mehr.

Gisela Neumann, die älteste Teilnehmerin

Ihr ganzes Leben lang habe sie Sport getrieben, erzählt Gisela Neumann. Auch in der Zeit, als sie ihre fünf Kinder großzog.
Geräteturnen und Leichtathletik waren ihre Disziplinen in Burg bei Magdeburg, ihrer Heimat. Der Liebe wegen zog sie nach Berlin, als die Kinder groß waren.

Für Sport ist es auch im hohen Alter nicht zu spät

Für ihre Familie will sie auch im hohen Alter noch lange fit bleiben, das ist ihr größter Antrieb, erzählt die 88-Jährige.
Auch im höheren Alter könne man noch mit dem Sport beginnen, ist Gisela Neumann überzeugt:

„Man kann langsam anfangen, und man wird gut betreut, wenigstens zwei-, dreimal die Woche spazieren gehen und dann suchen, dass man was findet. Es gibt so viele Angebote. Hier gibt es ja auch noch Rückenschule. Man muss dranbleiben, wenn man im Alter halbwegs ein normales Leben führen will.“

Gesundheitssport mit hoher Nachfrage

Seit 2012 gibt es die Abteilung Gesundheitssport im Athletik-Club Berlin.
Sandra Kramer gehört zu den Gründungsmitgliedern. Seit 22 Jahren ist sie dem Verein treu. Erst als aktive Leichtathletin, dann als Trainerin und schließlich als Leiterin der Abteilung Gesundheitssport. Dazu gehören Orthopädie-Kurse, Wirbelsäulengymnastik, Lungensport und Herzsport, erzählt Sandra Kramer:

„Es gibt ein paar Auflagen, um Herzsport durchführen zu können. Es muss immer ein Arzt anwesend sein - und natürlich ein ausgebildeter Übungsleiter. Es gibt dann auch immer ein Eingangsgespräch, der Arzt macht Befindlichkeitsabfrage, ist auch dafür zuständig, den Trainingsprozess zu überwachen. Wir haben jetzt zwei Ärzte, sind aber immer noch auf der Suche. Das stellt sich wirklich schwierig dar, noch jemanden für das Ehrenamt hier zu motivieren.“
Senioren beim Gesundheitssport des AC Berlin
250 Senioren nehmen an den Gesundheitskursen des Athletik-Clubs Berlin teil.© Caroline Kuban
250 Teilnehmer hat der AC Berlin zurzeit in den Gesundheitskursen. Die Nachfrage ist enorm. Sechs bis acht Gruppen könnten sie noch aufbauen, meint Sandra Kramer.
Falk Scherf arbeitet seit zwölf Jahren als selbstständiger Trainer im Rehasport. Seit zwei Jahren auch als Übungsleiter beim AC Berlin.

Herzsporttraining folgt immer gleichen Ablauf

Sein Herzsporttraining folgt einer regelmäßigen Grundstruktur:
„Es gibt einen Erwärmungsteil, dort werden die Teilnehmer auf die Stunde vorbereitet. Wir machen am Ende auch eine Pulsmessung. Das ist der erste Belastungspuls, der gemessen wird, sodass dann jeder auch einschätzen kann, wie er sich an dem Tag belasten kann.“

Dann folgt der Hauptteil des Trainings. Dafür wird die Gruppe geteilt.
Die Hälfte der Teilnehmer bleibt in der Halle und trainiert ihre sportmotorischen Fertigkeiten, erklärt Falk Scherf:

Da haben wir viel Koordination dabei, Gleichgewichtsübungen, Kräftigungsübungen. Wir arbeiten also viel mit kleinen Geräten, Terraband ist vielleicht bekannt, Bälle, Seile, Stäbe - alles, was es in der Gymnastik so gibt.

Falk Scherf, Trainer im Rehasport

Die andere Hälfte der Teilnehmer trainiert Ausdauer im Geräteraum nebenan. Dafür stehen zwei Laufbänder bereit und sechs Ergometer.

Die Bedeutung der Gemeinschaft

Klaus Künzel auf dem Laufband sagt:

„Es ist natürlich die Gemeinschaft. Alleine zu Hause guckt man aus dem Fenster oder in den Fernseher. Das ist doch ein bisschen was anderes. Jetzt fehlt mir bloß die Luft.“

Roswitha Berlinghoff ist 70 und kommt bereits seit fünf Jahren einmal die Woche zum Training her. Außerdem geht sie zum Yoga und zur Rückenschule:
„Ich hatte jetzt eine Augenoperation und konnte sechs Wochen nichts machen. Da merkt man schon einen gravierenden Unterschied, wenn man etwas macht. Aber im Alter hält man das nicht so lange, man muss es immer wieder weitermachen.“

Sport in der Gruppe motiviert

Nach dem Ausdauertraining lassen die Teilnehmer ihre Werte in den sogenannten Diagnosebogen eintragen.
Sandra Kramer vom AC Berlin:

„Das ist der Part vom Arzt, wenn er da ist bei der Belastung, wird Sauerstoffsättigung und Puls gemessen, direkt nach der Belastung noch mal der Blutdruck. Das wird dann hier im Diagnosebogen festgehalten, sodass der Arzt dann auch Werte herauslesen kann.“

Heute in Vertretung durch Falk Scherf.

„Das Tolle ist, dass sich hier Menschen zusammenfinden, die kommen ja erst durch Krankheit her, und viele bleiben ja da, ob jetzt weiter auf ärztliche Verordnung oder auf eigene Kosten als Mitglieder des Vereins. Die sehen auch, dass es eben auch Gleichgeartete gibt, denen es auch schwerfällt, also dieser Motivationsfaktor in so einer Gruppe."

Die älteste Teilnehmerin denkt nicht ans Aufhören

Genau wie die 88-jährige Gisela Neumann. Ans Aufhören denkt sie noch lange nicht:

„Der Sport hat mir so viel gegeben, dass ich mehr Lebenskraft habe, noch viel von meiner Familie zu haben. Wer weiß, wie es mir sonst gehen würde. Ohne Sport kann ich nicht leben.“ 

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