Showroom der Bundeswehr

Militärischer Werbefeldzug im zivilen Raum

Friedrichstraße am 19.11.2014
Bundesministerin der Verteidigung, Ursula von der Leyen, eröffnet den ersten Showroom der Bundeswehr © Imago / Christian Thiel
Von Ernst-Ludwig von Aster · 23.12.2014
Mitten in Berlin hat die Bundeswehr einen Showroom eröffnet - eine "zentral erreichbare Anlaufstelle" für "unkomplizierten Kontakt". Hier präsentiert sich die Truppe der Öffentlichkeit, wirbt um Verständnis und sucht Nachwuchs.
Reisende und Weihnachtsbummler drängen über den Bürgersteig am Bahnhof Friedrichstraße. "Hauptsache gesund", wirbt ein Apotheken-Aufsteller für Aufbaupräparate, ein Schuhgeschäft lockt mit Sonderangeboten. Dazwischen preist die Bundeswehr ihre Dienste an.
Passant: "Ich habe so etwas noch nie gesehen, ich wusste nicht mal das es den gibt, das ist also der erste Bundeswehrladen vermutlich ..."
Ungläubig bleibt ein Passant steht. Blick konsterniert ins Schaufenster: Auf einem Flachbildschirm pflügt eine Fregatte durchs Meer, auf dem anderen zieht ein Kampfflugzeug seine Bahn am Himmel. "Wir. Dienen. Deutschland." Werben Lettern in kräftigem Blau unter dem Schriftzug "Bundeswehr". Neben einem eisernen Kreuz.
Passant: "Etwas ungewöhnlich, es war mir gar nicht klar, dass die Bundeswehr so etwas braucht. Ansonsten muss ich sagen, dass meine eigenen Erinnerungen an die Bundeswehr, an den Wehrdienst nicht so die großartigsten in meinem Leben sind."
Er schüttelt den Kopf und geht weiter.
"Mal den Weg in die Bevölkerung suchen"
Hinter der Scheibe warten Hauptmann Jürgen Klau und seine Kameraden. Mit einer Kameradin. Stehtresen, Loungebänke, Sitzwürfel, viel Metall, viel blauer Stoff – die Inneneinrichtung sachlich, kühl. An der Wand Fotos von Auslandseinsätzen. Im Vordergrund lachende Kinder in Afghanistan, mit Fladenbrot in der Hand. Dahinter zwei Bundeswehrsoldaten in Tropenuniform.
Jürgen Klau: "Showroom ist der Name, zum einen haben wir hier einen Multimedia-TV wo wir hier auch unsere Bundeswehrfilme präsentieren."
Jürgen Klau – seit mehr als 30 Jahre bei der Bundeswehr. Panzertruppe, Heeresflieger, Flugsicherungsdienst. Niederbayern, Kosovo, Afghanistan. Jetzt hat er im Showroom das Kommando.
"Wo wir für uns gesagt haben, es wäre eine schöne Möglichkeit, einfach mal die die Bundeswehr so zu präsentieren, außerhalb der Kasernen, alte Zöpfe abzuschneiden und mal den Weg in die Bevölkerung zu suchen."
Tochter und Vater informieren sich
Raus aus der Kaserne. Ran an potentielle Rekruten. Das ist der Einsatzbefehl. Informieren, aufklären, beraten, wenn es geht begeistern.
Ein Paar kommt herein. Er: Anfang 40, Cargo-Jacke, die Haare streng nach hinten geregelt. Sie: sehr jung, langes dunkles Haar, Steppjacke, schüchterner Blick
Frau: "Wie das mit dem Studieren ist bei der Bundeswehr, was man kann und so weiter?"
Tochter und Vater auf Erkundungstour, extra angereist aus Brandenburg.
Vater: "Es ist eine Vorinformation für sie, sie möchte in zwei Jahren das Abitur machen und möchte jetzt halt wissen, welche Schwerpunktfächer man für bestimmte Dinge benötigt."
Die 17-jährige Tochter nickt.
"Eher so Medizin, oder Luft- und Raumfahrttechnik. Und Psychologie habe ich auch gerade gesehen, interessiert mich schon ein bisschen."
Ein Soldat nimmt sich ihrer an. Hauptmann Klau nickt zufrieden im Hintergrund. Flagge zeigen in der Shopping-Meile. Die Strategie geht auf. Im Schnitt 50 Interessenten suchen pro Tag Kontakt zur Showroom- Truppe.
Bestechung mit einem Burger-Menü
Vor dem Laden stehen schon die nächsten Neugierigen. Ein Mann Mitte 50 mustert skeptisch den Werbeslogan.
"Ich wollte mal fragen, wie die das da meinen, Das sind doch drei Sätze, wenn ich das richtig verstehe. Wir. Dienen. Deutschland. Und da macht man noch einen Punkt. Warum macht man da einen Punkt?"
Seine junge Begleiterin lächelt Zwischen den beiden tritt ein Grundschüler genervt von einem Fuß auf den anderen. Einen schweren Schultanzen auf dem Rücken.
"Aber Sie kommen jetzt nicht mit uns da rein, ne?"
Der Mittfünziger blinzelt verschwörerisch. Zeigt auf ein verstecktes Aufnahmegerät. Er arbeitet für ein Satiremagazin. Ist heute im Under-Cover-Einsatz. Kind trifft Soldaten, das ist die Idee.
"Komm, wollen wir reingehen?"
Kind: "Nee."
"Er macht nicht mit."
"Finni, bitte. Es gibt ein großes Mac Donald Menü."
Kind: "Nee."
Normale Soldaten, keine Öffentlichkeitsarbeiter
Der Kleine will nicht. Da können die Satiriker noch so viel Burger bieten. Mission impossible. Bleibt nur der Rückzug. Drinnen läuft alles nach Dienstplan. Normale Soldaten beraten hier. Keine Öffentlichkeitsarbeiter, darauf legt Klau wert:
"Wir haben hier Soldaten des Wachbataillons des Heeres, in Kürze kommt noch ein Leutnant der Luftwaffe, wir haben hier einen Oberbootsmann der Marine."
Der sitzt im passend blauen Pullover, mit kleinen Brilli im Ohr, an einem Metalltresen, der auch als Bar dienen könnte. Und wartet geduldig. Die Marine braucht noch dringender Nachwuchs.
"Das hat auch Frau von der Leyen angesprochen, das wir im Endeffekt jedes zweite Schiff nicht bedienen können, weil eben in den wichtigen Positionen Personal fehlt."
Die Schülerin hört´s. Greift zur passenden Broschüre. Ihr Vater schüttelt den Kopf.
Vater: "Offizier der Marine, ich glaube das wird es eher nicht."
"Warum nicht?"
Trotzig blickt die Tochter. Der Vater rudert zurück.
"Ist ja deine Entscheidung ..."
"Mich stört es nicht".
"Wichtig war das eigentlich für uns ja Thema Studium."
Die 17-jährige schüttelt unmerklich den Kopf. Die Berater mustern nun interessiert den Vater:
"Ich bin ungedient, ungezogen. Pazifist. Ich glaube 42 ist zu alt."
Der Marine-Mann horcht auf:
"Mit welcher Verwendung?"
"Ich bin Kommunikationselektroniker, IT erfahren."
"IT-Erfahrung, siehst, nehmen wir."
Der Oberbootsmann winkt den 42-jährige zum Info-Tresen. "Siehste", sagt die Tochter leise. Und lächelt.
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